Pressefreiheit in Dänemark

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katti

Pressefreiheit in Dänemark

Beitrag von katti »

Hej!
Ich habe letztens in der Zeitung hier gelesen, dass zwei Journalisten vor Gericht gestellt werden sollen, weil sie vertrauliche Informationen zur Sicherheit des Staates an die Öffentlichkeit gebracht haben sollen. Es handelt sich um Michael Bjerre und Jasper Larsen und es geht da um den Irakkrieg.
Ist das richtig und wie reagiert die Öffentlichkeit darauf und gibt es eine Diskussion über die Pressefreiheit, die doch gerade noch wegen der "Mohammed- Geschichte" so verteidigt wurde?
Ich hoffe, ihr könnt mir da weiterhelfen.
hej hej katti
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

Ja, es stimmt.

Die reaktion ist wohl eher Richtung Erstaunen. Ich zumindest kann mir nicht erklären, warum die Staatsanwaltschaft sich auf dieses Abenteuer eingelassen hat. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß es mit etwas anderes als ein klares Freispruch enden kann.
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katti

Beitrag von katti »

Hej Lars, vielen Dank für deine Antwort.
du schreibst, die Reaktionen gehen eher in Richtung Erstaunen. Das klingt für mich stumm und ruhig. Ist das auch so? Entfacht die Sache nicht wiederum eine laute Diskussion über Pressefreiheit?
katja
Østersø
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Beitrag von Østersø »

In einem Parkhaus in Tübingen habe ich kürzlich einen Spruch an der Wand gesehen:

"Meinungsfreiheit ist keine verbale Anarchie!"

Ich denke, über diesen Satz lohnt es sich, länger nachzudenken!

Liebe Grüsse
Uwe
Bornholm - den skønste ø i Østersøen!
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

katti hat geschrieben:Das klingt für mich stumm und ruhig. Ist das auch so? Entfacht die Sache nicht wiederum eine laute Diskussion über Pressefreiheit?
katja
Eigentlich nicht. Ich finde es wurde relativ wenig darüber diskutiert, und ich erkläre mir das damit, daß alle, die sich damit beschäftigen von dem kommenden Freispruch überzeugt sind.

Dazu muß man vielleicht auch wissen, daß es vor einige Jahren einen zum Teil ähnlichen Fall gab. Damals hatten zwei Journalisten bei BT rascistische Äußerungen widergegeben. Damals wurden erst diejenige, die die Äußerungen gemacht hatten verurteilt, und danach wurden die Journalisten für die Wiedergabe angeklagt.

Der Fall jetzt hat zwar mit Staatsgeheimnissen zu tun, sonst ist er aber ähnlich gelagert. Auch hier wurde der ehemalige Mitarbeiter des Geheimdienstes, der die Informationen herausgelassen hat, verurteilt. Jetzt sind die Journalisten für die Wiedergabe angeklagt.

In dem fall mit den beiden Journalisten bei BT, ging es damals so, daß sie in allen Gerichtsinstanzen in DK verurteilt wurden. Danach ging der Fall vor den Europäschen Gerichtshof für Menschenrechte und hier gab es ein ganz klarer Freispruch. Für die Dänischen Richter war das ein ziemlicher Abfuhr und daraus werden sie vermutlich eniges gelernt haben.
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sv

Beitrag von sv »

Lars J. Helbo hat geschrieben:In dem fall mit den beiden Journalisten bei BT, ging es damals so, daß sie in allen Gerichtsinstanzen in DK verurteilt wurden. Danach ging der Fall vor den Europäschen Gerichtshof für Menschenrechte und hier gab es ein ganz klarer Freispruch. Für die Dänischen Richter war das ein ziemlicher Abfuhr und daraus werden sie vermutlich eniges gelernt haben.
Hmmm, dann hätten die Muslime also die europäische Flagge und nicht die Dänische verbrennen sollen, wenn Europa an der dänischen Einstellung zur Meinungsfreiheit Schuld ist ...

Hilsner
Stefan
katti

Beitrag von katti »

Hej Lars, heisst das, dass die dänischen Gerichte sehr wohl, Journalisten verurteilen, wenn sie etwas schreiben, was nicht "erwünscht" ist?
Wieso wurde dann während der Debatte um die Mohammed-Zeichnungen gesagt, dass es da keine Handlungsmöglichkeit gebe um so etwas zu verhindern? Oder hab ich da was falsch verstanden?
Auf welche Gesetze beruft sich die Staatsanwaltschaft jetzt? Ich habe auch schon auf der Seite des dänischen Journalistenverbandes geschaut, aber so viel mehr Infos, als das was ich nun schon weiß, sind dort nicht zu finden. Die Angelegenheit wird also wieder vor dem Europäischen Gerichtshof enden und erst dort einen Freispruch geben und nicht IN Dänemark?? :roll:
MvH
katja
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

katti hat geschrieben:Hej Lars, heisst das, dass die dänischen Gerichte sehr wohl, Journalisten verurteilen, wenn sie etwas schreiben, was nicht "erwünscht" ist?
Nicht erwünscht ist wohl kein guter Ausdruck. Es gibt aber bestimmungen über Rascistische bzw. Blasphemische Äußerungen. In Verbindung mit den Muhammed-Zeichnungen hat die Staatsanwaltschaft geprüft, ob eine Anklage wegen Blasphemie möglich wäre. Man hat aber festgestellt, daß eine Verurteilung in dem konkreten fall mehr als unwahrscheinlich wäre. Daher hat man auf eine Anklage-Erhebung verzichtet.
katti hat geschrieben: Wieso wurde dann während der Debatte um die Mohammed-Zeichnungen gesagt, dass es da keine Handlungsmöglichkeit gebe um so etwas zu verhindern?
Weil die Zeichnungen weder rascistisch noch blasphemish waren.
katti hat geschrieben:Auf welche Gesetze beruft sich die Staatsanwaltschaft jetzt?
Äuf die Gesetze über Staatsgeheimnisse bzw. Geheimhaltung.
katti hat geschrieben:Die Angelegenheit wird also wieder vor dem Europäischen Gerichtshof enden und erst dort einen Freispruch geben und nicht IN Dänemark?? :roll:
Nein, so weit wird es wahrscheinlich nicht kommen. Ich vermute, daß die Gerichte hier schon einiges gelernt haben, und das wir schon im ersten Instanz einen Freispruch sehen werden. Wie schon gesagt, verstehe ich gar nicht, warum die Staatsanwaltschaft mit dieser Sache angefangen hat.
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katti

Beitrag von katti »

Hej Lars, danke wieder für deine Antwort.
Ich bemerke, dass ich besonders vorsichtig formulieren möchte, auch aufgrund der vielleicht noch etwas empfindsamen Situation hier im Forum :wink: und wählte deswegen "nicht erwünscht".
Mich wundert nur, dass es hier zumindestens in den Medien so dargestellt wurde, als wäre es völlig unmöglich in Dänemark einen Journalisten anzuklagen und nun höre ich von mittlerweile zwei Fällen wo das geschah.
Dass ich das im ersteren Fall sehr positiv finde, möchte ich jetzt mal betonen :D . Kannst du mir sagen, wo ich etwas darüber nachlesen kann?
Dass die Staatsanwaltschaft bei den "Mohammed-Zeichnungen" wegen Rassismus prüfte, wusste ich nicht.

Welchen Zweck verfolgt die Staatsanwaltschaft mit Erhebung der Anklage? Geht es um Einschüchterung der Presse oder was könnte es da noch für Gründe geben? Kannst du mir darauf eine Antwort geben? Diese bewegt sich dann ja eventuell nur im Raum der Vermutungen und ich weiss nicht, ob du das willst :? .

katja
Danebod

Beitrag von Danebod »

Es war zunächst der Nachrichtenoffizier Frank Grevil, der enthüllte, dass Venstre, Konservative und Fandens Dolkeparti logen, als es um die Teilnahme am Irak-Krieg ging. Ihm wurde es zu viel, als er bemerkte, dass Anders Fogh Rasmussen Dänemark hinter's Licht führte.

Die Journaillisten Michael Bjerre und Jesper Larsen von Berlingske Tidende enthüllten vertrauliche Dokumente von Forsvarets Efterretningstjeneste.

Wer die Wahrheit sagt oder enthüllt, kommt vor Gericht, denn die Lügner können sich hinter Geheimhaltungsvorschriften verschanzen.

Frank Grevil verlor seine Arbeit und musste mit einer Gefängnisstrafe rechnen. Das kann schon mal der Preis sein für Zivilcourage und Wahrheit in einem bürgerlichen Rechtsstaat, in dem die allbekannte Tatsache, dass bürgerliche Politiker lügen, ein bewahrenswertes Staatsgeheimnis ist.

Die Journaillisten hatten übrigens nur das geschrieben, was Grevil bereits an die Öffentlichkeit gebracht hatte...
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

katti hat geschrieben: Mich wundert nur, dass es hier zumindestens in den Medien so dargestellt wurde, als wäre es völlig unmöglich in Dänemark einen Journalisten anzuklagen
Das war an der ganze Sache ja auch etwas merkwürdig. Z.B. gibt es auch einen Presseetischen Beirat. Das ist normalerweise der erste Instanz, wenn jemanden mit irgend etwas in der Presse unzufrieden ist.

Die Muslemische Organizationen haben sich aber niemals die Mühe gemacht, dieser Klagemöglichkeit in Anspruch zu nehmen.
katti hat geschrieben: Welchen Zweck verfolgt die Staatsanwaltschaft mit Erhebung der Anklage? Geht es um Einschüchterung der Presse oder was könnte es da noch für Gründe geben? Kannst du mir darauf eine Antwort geben? Diese bewegt sich dann ja eventuell nur im Raum der Vermutungen und ich weiss nicht, ob du das willst :? .
Ich habe keine Ahnung. Von Einschüchterung kann eigentlich keine Rede sein - weil eben jeder davon ausgeht, daß die Staatsanwaltschaft damit auf der Nase fällt. Also, es bleibt ein Rätsel.

Man kann natürlich Vermutungen (oder konspirationsteorien) anstellen. Die "Geheimnisse", die verraten wurden, stammten zum Teil ursprünglich aus amerikanische Geheimdienstkreisen. Vielleicht will man gerne gegenüber den Ami's demonstrieren, daß man mit den Informationen sorgfältig umgeht, und jede Möglichkeit nutzt um diese zu schützen?

Man könnte ja auch vermuten, daß die Niederlage vor Gericht gewollt ist. Damit könnte man ja z.B. gegenüber den Arabern zeigen, daß man tatsächlich nicht die Presse so kontrollieren kann, wie die es forderten.

Aber sind solche Erklärungen nicht doch ein wenig abwegig?
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Danebod

Beitrag von Danebod »

Major Frank Søholm Grevil wurde vom Københavns Byret zu einem halben Jahr Gefängnis verurteilt. Die Anklage hatte mindestens ein Jahr gefordert.

Ich finde es müßig, über die Motive hinter dem Prozeß gegen die Journaillisten zu spekulieren. Die Interessenlage dürfte gemischt sein, je nachdem, ob es sich um die Interessen der Regierung und der sie tragenden Parteien, um den Nachrichtendienst oder die Staatsanwaltschaft geht. Letztere möchte vielleicht wirklich nur einen juristischen Probeballon aufsteigen lassen.

Der jetzige Prozeß als solcher mag auf die einen tatsächlich zunächst mal einschüchternd wirken, auf andere wirkt er aufrüttelnd.

Interessant ist, dass die bürgerlichen Politiker und ihre Mediennutten, denen die Pressefreiheit doch sonst angeblich so sehr am Herzen liegt, den Ball jetzt ganz flach halten...
katti

Beitrag von katti »

Hej Danebod!
Welch angenehme Musik in meinen Ohren :D
Interessant ist, dass die bürgerlichen Politiker und ihre Mediennutten, denen die Pressefreiheit doch sonst angeblich so sehr am Herzen liegt, den Ball jetzt ganz flach halten...
Ja, das wollte ich eben gerne wissen, ob es eine ebensolche lautstarke Stellungnahme für die Pressefreiheit gibt, wie vor ein paar Monaten.

Katti
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