Integration der Kinder in DK?

Fragen und Tipps: Bürokratie, dänisches Recht, usw.
Ursel
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Beitrag von Ursel »

Hej Norbert!

Zum Thema wohl nichts mehr,denn da ist wohl zumindest von mri aus alles gesagt, nur dazu, wie ich auf Einzeöfälle komme.
Von Dir weiß ich nur Deine Geschichte, soweit Du sie hier schreibst - Du beziehst Dich auf keine anderen, deutest nicht an, daß es Dir bekannte andere gab.
Und dann ist das eben 1 Ort -.

Ich gehe aus von mir: ich wohne hier, kenne 20 km von hier die nächsten Deutschen, etliche in Aarhus, eine Familie bei Lemvig, einige auf Själland, eine andere hoch im Norden ... und habe früher von einigen die problematik mit dem Nachpöbeln (aber eben icht Mobben, was es ja bei Dir grewesen zu sein scheint!) aus allen Richtngen erfahren, als ich noch IDA-Kontakt war.
Deshalb habe ich auf´s ganze Land geschaut (selbst,wenn ich nicht jeden einzelnen Ort, jede einzelne Schule kenne) und deinen Fall aufgrund deiner individuellen Schildeurng mindestens auch als Einzelfall angesprochen.
Sollten Deine Kameraden ähnliche Erfahrungen gemacht haben, ist das allerdings ein Thema - an Eurer Schule, in Eurem Ort, in Eurer Gegend oder damals etwa über´s ganze Land verteilt und in dieser Zeit - ein großes Problem gewesen, das es aufzuarbeiten galt und gilt.


Aber wie gesagt: Ich bin von dem ausgegangen, was Du schreibst - und was ich kenne.

Alles Gute - Ursel, DK
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men at se med nye øjne."

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norbi1984
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Beitrag von norbi1984 »

Hallo Ursel!

Schöner Vormittags-Plausch ;-)!
Ja, ich habe keine anderen Personen erwähnt, weil es nicht nötig sein darf, das ich das Wort anderer in meine lege, damit sie Gewicht bekommen.
Ich habe es so erlebt, das auch meine gleichaltrigen Dänen mit dem Jantegesetz zu kämpfen hatten; die meisten unbewusst. Sich dem bewusst zu werden ist ja auch höchst schmerzlich, wenn man keinen Ausweg sieht, was ja für die Jantekinder zutrifft. Vor allem wegen der unbewussten Abläufe spricht es ja auch keiner an. Das Jantegesetz setzt alle Spieler einander gegenüber Schach, und wer soll sich da als erster Matt setzen? Mein vielleicht bester Freund (heute noch?) sagte zu mir "er möchte dem so gern entkommen, aber er kann nicht, er kennt doch nichts anderes". Ich denke das trifft die ländliche, gedankliche, Enge sehr gut. Fängt man erst an mit denken ist man dort verloren.
Grüße!
Ursel
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Beitrag von Ursel »

Hej Norbert!

ja, ich sollte mich eigentlich dem Haushalt widmen :roll:

Mir scheint aber trotz ungleicher verteilung, wie D usie ansprichst, daß das Jantelov inzwischen auch bei den Dänen unter Beschuß gerät.
Natürlich steckt es in allen drin - im einen mehr, im anderen weniger, aber alle sind damit großgeworden, trotzdem bewegt sich da einiges.

Und ländlich - nun ja, ichweiß immer noch nicht, von welcher Gegend Du sprichst, aber ich lebe auch auf dem Lande; die wenigsten hier sind jedoch wirklich Landwirte.
Sich gegen seine Umgebung auflehnen oder auch "nur" anders sein ist schwierig in DK, auch heute noch.
Und als Ausländer ist man natürlich immer anders - aber auch da gibt es wieder Unterschiede.
Wenn man dann auch noch Eigenheiten mit sich bringt, die auch i nDtld. schon anders" wären, dann wird schwierig :D -- und so habe ich z.B. unser Deutsch- = Anderssein nicht versucht zu übertünchen oder runterzuspielen, sondern eher versucht, dies und die übrigen "anderen" Eigenheiten anzunehmen und zu stärken, zu ihnen zu stehen und mit denen, die Kritik üben, im Dialog zu stehen.
Selbstbewußtsein ist da ein Zauberwort, das einem dann später auch viel nutzen kann.
Mit einer Tochter , von der man in der 0. Kl. sagte: "Sie ist eine Individualistin und Perfektionistin", in einem Ton, der durchblicken ließ, dies war nicht so positiv wie ich zumindest die Individualistin auffaßte :D , weiß ich wohl, was es in diesem Land heißt, "anders" und "ich-selbst" zu sein. :D

Keine Frage natürlich,daß trotzdem Mobbing und andere abwertende Strömungen aufgezeigt und bekämpft werden müssen - sie sind durch nichts zu rechtfertigen.

Und entschudlige,wenn ich das noch schreibe: Denken in einer eher gedankenlosen Gesellschaft ist ihm anstößig - das hat mit Deutschsein nichts zu tun.

So, nun ruft aber wirklich der Haushalt :D - Gruß Ursel, DK
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

Ich denke man müßte vielleicht die Sache etwas anders sehen. Ist ja gut und schön, dass manche gute Erfahrungen haben und andere schlechte. Als Rat für neue Auswanderer bringt das aber herzlich wenig. Erstens sind es alles Einzelerfahrungen, die nicht statistisch belegbar sind und zweitens bringt mir der beste Statistik ja auch nix, wenn ich gerade der Ausnahme bin.

Viel wichtiger ist meines Erachtens, dass die Schulen hier sehr bewusst über die soziale Probleme sind. Wenn wir zum Elterngespräch kommen, wird oft genau so viel über soziale Themen (Freundshaften, Mobbing etc.) in der Klasse wie über fachliche Themen gesprochen.

Das heißt nicht, dass es keine Mobbing gibt. Es heißt aber, dass wenn es so etwas gibt, dann kann man sich als Eltern immer an Schule oder Lehrer wenden und man kann dabei sicher sein, ernst genommen zu werden.

Ob die Schule dann immer schaft, das Problem zu lösen, ist natürlich eine andere Sache. Ich finde aber, dass man als Eltern immer sicher sein kann, dass die Schule sich bemühen wird.

Und falls es dann doch alles nichts bringt, dann hat man ja hier auch noch die freie Schulwahl. D.h. man kann immer, zu jeder Zeit und ohne irgendeine Begründung sein Kind in eine andere Schule schicken.
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Simba
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Beitrag von Simba »

Genau das habe ich auch versucht auszudrücken. Wenn wirklich mal was vorkommen sollte, dann ist es an den Eltern, zu handeln. Erster Ansprechpartner ist immer die Schule.
In Dänemark gibt es sicher auch Hilfen für solche Fälle, ich kenne jetzt nur aus Deutschland entsprechende Hilfen. Und die können auch im schlimmsten Fall einen Schulwechsel bewirken, obwohl das immer der letzte Schritt sein sollte. Denn oft werden Probleme einfach mitgeschleppt, aber nicht gelöst und in der nächsten Schule treten diese dann wieder auf.

LG Simba
Hina
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Beitrag von Hina »

Hallo Norbert,

ich habe Dich durchaus sehr gut verstanden und Du bist mit Sicherheit kein Einzelfall - auch nicht in Dänemark. Aber es ist genauso wenig System.

Ich gebe Dir auch absolut recht, dass es wenig bringt, wenn man sich darauf verlässt, dass alles gut und glatt läuft. Dann ist es wunderbar, so wie es bei meiner Tochter war. Die Meinung, die ich geschrieben habe, kommt nicht von mir, ich habe sie vorher gefragt. Aber es ist durchaus auch wirklich wichtig, wenn auch Eltern gemeinsam mit ihren Kindern darüber sprechen und Strategien entwickeln, wenn eben "der Krieg doch mal vor der eigenen Haustür" stattfindet.

Ich weiß durchaus, was das bedeutet, denn ich bin auch nur zur Hälfte deutsch. Trotzdem habe ich bis heute ohne Schaden diesbezüglich überlebt, weil ich meine Familie hinter mir wusste und auch gelernt habe, die "Piesacker" entsprechend ihres Dummheitsgrades einzustufen. Auf so ein Niveau habe ich mich schon als Kind nicht herabgelassen. Klingt absolut arrogant, ist es auch, gehört aber durchaus zur "Überlebensstategie". Gegen Dummheit nutzen selten Argumente. Es geht den Leuten ja auch nicht um Aufklärung, sondern sie wollen stänkern. Und es ist im Grunde schon fast egal, ob sie einen auf der Liste haben, weil man Einwanderer ist oder eine schiefe Nase hat. Wer es zur eigenen Selbstbestätigung braucht, andere niederzumachen, dem fehlt es eben tatsächlich anderswo.

Schwieriger ist es immer, wenn man eine geballte Ladung von allen abbekommt, wenn es zu Gruppenmobbing führt, was bei mir nie der Fall war. Dann sind tatsächlich Eltern und Pädagogen gefragt zu handeln. Und darauf sollten dann auch alle vorbereitet sein.

Viele Grüße
Hina
Ursel
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Beitrag von Ursel »

Hej Hina!

Jetzt unterschreibe ich mal ganz schnell bei Dir - so meinte ich das auch.

Wie ich schrieb,s ind mir ja auch außer meinen Kindern Fälle von Naziparolen bekannt, und ich habe sogar hier i mForum dies immer offen gesagt und woltlte eben auch "nur" darauf vorbereiten,daß sowas kommen KANN.
Aber eben nicht MUSS.
und schon gar nicht immer mit derselben Intention wie noch vor einigen Jahren - dann nämlich,wenn "dumm", "blöd", .. ersetzt wird durch: "Du Nazischwein" (ioder Schlimmeres :shock: ), "Du hast ja rote Haare" oder "Deine Nase ist zu krumm", dann ist die deutsche Vergangenheit ja "nur" noch ein Synonym für "dumm" oder "blöd".


Alsich auf den Einzelfall einging dann nur, weil Norbert da sWort als erstes aufu nsere Erfahrungen anwandte - das hatte für mich eben Umdreheffekt.

Letztendlich halte ich aber auch den ständigen Dialog mit den Kindern, den notwendigen mit der Schule und eine Erziehung zu einem gesunden Selbstbewußtsein für den besten Schutz!

Gruß Ursel, DK
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lukalotte
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Beitrag von lukalotte »

Hej!
Danke für die rege Diskussion zu dem aufgeworfenen Thema!!!

Lieber Norbert! Ich finde es stark, dass Du Deine Schwierigkeiten, die Du hattest, offen benennst. Das kann und tut nicht jeder...
Leider bin ich außerordentlich ratlos, wenn Ihr den Begriff "Janteloven" verwendet ... :oops:

Im Wörterbuch finde ich unter diesem Begriff "mißgünstige Kleinstadt-Mentalität (Begriff aus dem Roman von A.Sandemose ...)". Was steckt denn nun dahinter? Seid Ihr so lieb und gebt mir Nachhilfe? Es scheint doch etwas mehr Bedeutung dahinter zu stecken ...

Mange tak!
Lukalotte
Ursel
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Beitrag von Ursel »

Hej Lotte!
Dazu empfehle ich jetzt mal wieder die Suchfunktion.
Denn das Jantelov ist ein derart komplexes Thema, daß es gut ist, viele Meinungen und Aspekte zu beleuchten, so wie das im Forum shcon mehrmals geschehen ist.

Schlagwort Jantelov - viel Spaß beim Lesen - und frag danach gern wieder.
Erklären, so meine Erfahrung- kann man es eh nicht, e sist sehr subtil und man merkt es erst, wenn man hier lebt :D

Gruß Ursel, DK
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Andrea
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Beitrag von Andrea »

Hallo Lukalotte,

ich denke am einfachsten kannst du dir vorstellen wie es deinem Kind in DK ergeht, wenn du dir anschaust wie ausländische Kinder in D leben und zurechtkommen. Genau da liegt vielleicht auch der Angelpunkt deiner Sorge: du und deine Familie werden Ausländer sein. Auch integrierte Ausländer bleiben Ausländer, du verlässt dein Land....
Meine kids sind nun schon fast erwachsen ( 20, 17 ) und reflektieren nun ihre Eindrücke aus den verschiedenen Ländern und Umzügen. Ja, in jedem Land sind sie irgendwie mit der Nazivergangegnheit unseres Landes konfroniert worden, von Beschimpfungen und kleinen Auseinandersetzungen höre ich jetzt, z.T. nach 6 Jahren erstmals, weil sie es jetzt eben aufarbeiten.
Unsere Jüngerer hat gerade zur 12. Klasse wieder gewechselt, (D-USA) und ist davon nicht sehr begeistert....aber er beisst die Zähne zusammen und hat sich aber entschlossen in Europa zu studieren, auf keinen Fall hier....
Deshalb kann ich Norbert nur zustimmen, erst spät bekommt man z.T. mit wie die kids es erlebt haben und es gibt viele positive Aspekte des Umziehens und Länder wechseln- aber es ist für alle eine grosse Kraftanstrengung.....

Gruss Andrea
norbi1984
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Beitrag von norbi1984 »

Hallo Lukalotte!

Ich schreibe hier mal 3 Links zu Seiten, wo das Jantegesetz mehr oder weniger beschrieben wird:

http://de.wikipedia.org/wiki/Janteloven
http://hanjo-sverige.de/jantelagen.html
http://www.fiket.de/2006/05/07/wort-der-woche-jantelagen/

Das Buch von Aksel Sandemose kann ich sehr empfehlen! Es ist eine Erzählung aus seiner Kindheit in Nykøbing Mors, 30-40 km von dort wo ich aufgewchsen bin. Er nennt Nykøbing Mors in seinem Buch "Jante", und das Jantegesetz (Janteloven auf dänisch) ist eben das Gesetz was in Jante regiert. Er ist 1899 geboren, und seine Erzählung findet also in den Jahren 1900 bis 1920 statt. Natürlich haben sich seit seiner Erzählung viele Sachen geändert, aber erschreckender Weise sind diese "vielen Sachen" Dinge wie die Brotpreise, der Wochenlohn, und die Rate der Analphabeten!
Das Buch ist für mich "entscheidend" geworden, weil es die Bestätigung ist, das ich nicht der "Dumme" war, sondern das mich die Gesellschaft zu den "Dummen" gemacht hat.

Was? Wie? Warum?

Was: das Jantegesetz bestehend aus den 10 bei Wikipedia genannten Punkten...

1. Du sollst nicht glauben, dass du etwas bist.
2. Du sollst nicht glauben, dass du genauso viel bist wie wir.
3. Du sollst nicht glauben, dass du klüger bist als wir.
4. Du sollst dir nicht einbilden, dass du besser bist als wir.
5. Du sollst nicht glauben, dass du mehr weißt als wir.
6. Du sollst nicht glauben, dass du mehr bist als wir.
7. Du sollst nicht glauben, dass du zu etwas taugst.
8. Du sollst nicht über uns lachen.
9. Du sollst nicht glauben, dass sich irgendjemand um dich kümmert.
10. Du sollst nicht glauben, dass du uns etwas beibringen kannst.

...macht die Leute "ebenbürtig". Macht sie gleichwertig, indem es Unterschiede abwertet, nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ, damit keiner auf die dumme Idee kommt anders sein zu wollen.
Es dient unterschiedlichen Zwecken in den nordischen Ländern; aber generell scheint es 2 Zwecke zu erfüllen: 1) Es hält die "verarmte" ländliche Bevölkerung in Schach (hindert sie am Aufstand gegen ihr elendes Schicksal) und(/indem) 2) es lässt diese "verarmte" Bevölkerung sich mit ihrem Schicksal "zufrieden" fühlen lassen, indem keiner besser ist als der andere.

Wie?
Das Jantegesetz "verbindet" die "mittelmäßigen" in dem es alle fern von einander hält. Was ich oben bereits mal geschrieben habe trifft es immer noch: Es stellt alle Spieler Schach, und man setzt sich erst selbst Matt. Wenn einer fällt ist man selber Schuld.
Das Jantegesetz lebt von Verboten, geschrieben oder ungeschrieben.
Jeder kennt jeden. Und vor allem: Jeder ist Polizist! Jeder spioniert jeden aus, nur um etwas in "der Hand" zu haben falls dieser etwas über einen selbst wissen könnte. Und so wird die ernsthafteste Verteidigung gegen Anschuldigungen diese: "Du glaubst wohl nicht, das ich was über DICH weiß?" - ohne das jemals gesagt wird, was es ist. Und es kann ja alles sein. Es muß ja auch nicht stimmen, es will es ja keiner genauer wissen; denn was ist, wenn was über einen selbst bekannt wird, bei den angestellten Untersuchungen!?
In den 10 Geboten, ist das interessante eigentlich das "Du" und das "wir", und wie es angewandt wird.
Konkrete Beispiele: 8. "Du sollst nicht über uns lachen." -> Wenn gelacht wird, dann nur wenn nur einem das Malör passiert ist. Wenn man sich also sicher ist, man ist in der Überzahl und das "Opfer" kann sich nicht wehren.
3. "Du sollst nicht glauben, dass du klüger bist als wir." Als "klüger" stellt sich derjenige hin, der sich wagt etwas anderes zu behaupten als der Rest der Gruppe; völlig unabhängig davon wer nun Recht hat. Wenn er alleine etwas anderes behauptet als der Rest der Gruppe, "behauptet" er ja gleichzeitig, das der Rest der Gruppe "dumm" ist. Da alle über alle Bescheid wissen, muß er befürchten das die anderen etwas davon preis geben, um ihn zu erniedrigen; also sagt er nichts, auch wenn es zum gemeinsamen Nachteil der Gruppe wird.
4, 5, 6 und 10 bedeutet ungefähr das gleiche, sind Nuancen des Gleichen.
2 und 6 bedeuten, das die gesamte Gesellschaft in sämtlichen Erzählungen "untertreibt", statt wie es hier üblich ist zu übertreiben.
Das ist ganz charakteristisch für die gesamte Westküste, und vielleicht das am meisten auffalende und das erste was man vom Jantegesetz spürt, ohne zu wissen das es bereits das Jantegesetz ist. Zum neuen schnellen Auto sagt man eben: "Joah, geht schon vorwärts..." statt wie hier: "Voll krass die Karre, ist der Oberhammer, so schnell kannste gar ni gucken".
Oder zur Feier wo alle gekotzt haben und 3 von 10 mit Krankenwagen zum Auspumpen gefahren wurden: "naja, stimmt schon, n bissl hamm wer schon getrunken..." usw.. Vielleicht ist es vorstellbar wo das hinführt; obwohl ich denke man kann es gar nicht von "außen" nachvollziehen; da gehört wohl sehr viel Philosophie und sehr viele Gedanken über das Leben und unsere Interaktion dazu.
Zu 1, 2, 4 und 6: Das ist wohl das, was man als Ausländer nie abschütteln kann, egal wie sehr man sich dem Jantegesetz unterwirft. Man kann es sein lassen seine Meinung zu sagen, man kann es sein lassen von sich zu erzählen, man kann sich das Lachen verkneifen; aber man kann nie den Status des "nicht-von-hier"-Seins loswerden. Man ist eben der von wo anders. Man ist nicht der Sohn oder die Tochter des Nachbarn, oder des alten Briefträgers mit der kleinen dicken Frau! Und hat damit bereits gegen 4 von 10 Punkten verstoßen!
Die Argumentation ist die Gleiche wie zu 3.: In dem "nicht-von-hier"-Sein, liegt gleichzeitig der Vorwurf "es sei wohl nicht gut genug von hier zu sein?", obwohl man ja nichts dafür kann wo man geboren wird, welche Hautfarbe man hat usw..; und außerdem ist man doch dorthin gezogen weil man es sich schön vorstellt!; aber das zählt nicht. Also nochmal deutlicher: In das "Deutsch-Sein" legen die Jantemenschen einen gegen sie gerichteten Vorwurf für den man gar nix kann.

Warum?
Ich nehme jetzt direkt Bezug auf Dänemark, es trifft aber ähnlich auf die restlichen skandinavischen Länder zu.
Dänemark war früher kein kleines Land, und hatte nach außen gerichtete Interessen. Eroberung, Macht, Reichtum. Seit den Schweden-Kriegen im 17. Jahrhundert nahm die dänische Machtsphäre mehr oder weniger Sprunghaft ab, und man sah sich gezwungen die nun nicht mehr realisierbaren äußeren Interessen nach innen zu wenden. So wurde z.B. die Heide im westlichen Jütland erstmals für die Landwirtschaft umgepflügt. Weil fruchtbarer Boden in den Kriegen verloren war, mußte nun der übrig gebliebene schlechte Boden für Nahrung sorgen.
Die Verhältnisse waren kümmerlich, das Land verarmt, man war weg vom Tisch der Entscheidungen in Europa. Interessen nach innen wenden, heißt sich auf das zu konzentrieren was man hat; heißt aber auch sich mit dem zu begnügen. Das Jantegesetz übernimmt einen nicht unwesentlichen Teil dieses begnügens, indem es versucht die Armut zu legalisieren und das Aufstreben abzuwerten und als Sünde hinzustellen.
Diese Epoche ist eine ganz entscheidende in der dänischen Kunst, Kultur und Landschaft, und natürlich daraus auch der Kost. So kam z.B. die Kartoffel nach Dänemark, mit deutschen Bauern, die der dänische König zur Kultivierung der Heide in Jütland "eingeladen" hatte. Also ein "Wild-West" Projekt wie in der neuen Welt, um dieses Land für das Königreich Dänemark brauchbar zu machen.
In Norwegen und Schweden ist es ähnlich, nur das das Abkehren von äußeren Interessen zu anderen Zeiten kam. Das weite Land, und rauhe Klima, hat natürlich zu allen Zeiten die Bauernbevölkerung in Armut leben lassen, und damit die Wurzeln des Jantegesetzes tief in den Boden gerammt.

Hoffe es kann einen geringen Einblick in die Welt der Jantemenschen verschaffen?

Beste Grüße! Norbert
Mutig
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Beitrag von Mutig »

:D

Hallo an Alle!

Meine Beiden mußten schon öfters umziehen. Beide sind sehr unterschiedlich mit den jeweiligen Situationen umgegangen.Aber leicht war es nie für meine Jungs. Sie waren tapfer und stark. Haben sich bewiesen das sie den Einstieg schaffen. Auch beim Umzug nach Dänemark weiß ich dass sie es schaffen werden. Wir stehen ja als Erwachsene hinter ihnen,das wissen sie,und das gibt ihnen Kraft. Das es auch nach hinten losgehen kann muß uns immer klar sein. Uns Erwachsene kann es ebenfalls auf dem schlechten Bein erwischen.
Ich denke egal wo man hinzieht,schwer wird es immer sein. Die Sprache ist da für Kinder wohl die geringste Schwierigkeit.

Lieben Gruß!!
Andrea
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Beitrag von Andrea »

Hej mutig,

ich weiss ja nicht in welche Länder oder Bundesländer ihr schon umgezogen seid. Aber ins Ausland ist auf jeden Fall etwas anders als 'nur' innerhalb von D umziehen, was ja auch schon vom Schulsystem her in D schwierig ist.
Ausländer zu sein ist eben anders....

Das Janteloven lebt wie Norbert schrieb in den skandinavischen Ländern, auch wenn Anders Fogh Rasm. immer wieder seine Landsleute ermahnt, davon abzurücken.


Gruss Andrea
lyngvigfyr
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Beitrag von lyngvigfyr »

Hej,
danke, Norbert, für den nicht nur ausführlichen sondern auch mit feinen Beobachtungen und selbst gemachten Erfahrungen gespickten Beitrag. Ich hatte mich vorher noch nicht mit dem Begriff "Janteloven" auseinandergesetzt, finde jetzt aber sehr viele Parallelen zu dem, was einem hier in meiner engstirnigen, dörflichen Landschaft passieren kann, wenn man "anders" ist und sei das Andere nur ein wacherer Geist, andere kulturelle Interessen oder unterdurchschnittliches Interesse an Alkohol.
Bisher hatte ich das als eine Form von Mobbing gesehen; es gibt wohl für Fachleute auch den Begriff der Xenophobie (Angst vor allem Fremden).
Ich glaube auch, dass man überall auf der Welt mit derartigen Anfeindungen rechnen muss, wenn man selbst in der Rolle des "Andersartigen" ist und dass dann auch alles hilfreich ist, was z.B. als Mittel gegen Mobbing geraten wird. Deshalb würde ich, wenn ich in einer Lage wäre (oder Gefahr laufe hineinzugeraten), die an "Jante" erinnert, im Web unter "Mobbing" suchen und mich dementsprechend wappnen.

Gruß
Kirsten
Mutig
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Beitrag von Mutig »

:)

@Andrea

Ich hatte ja auch geschrieben, dass es IMMER schwierig für Kinder ist.Ich denke auch,in wie weit man Ausländer ist,sich fühlt,oder behandelt wird,liegt auch viel daran,wie sehr man sich in die Lebensgewohnheiten,Sitten selber integriert. Ob man weiter Deutscher sein will,und so auch lebt,oder ob man sich nach den Menschen richtet die in dem Land schon immer leben.
In den letzten Abschnitten hatte ich den Eindruck bekommen,dass es ein graus ist für die Deutschen in Dänemark zu leben.

Janteloven hab ich nicht angezweifelt.

Lieben Gruß!
Antworten