Politischer Umbruch in Dänemark

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HolidayMax
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Beitrag von HolidayMax »

So wie ich die Situation einschätze betreibt die aktuelle dänische Regierung gar keine so schlechte Politik. In manchen Bereichen ist da durchaus eine mutige und zukunftsorientierte Politik erkennbar.

Allerdings ist eben diese Politik nicht die klassische Linie von Mitte-Links bzw. Links orientierten Parteien.
Die klassische Linkspolitik (oder Sozialpolitik) von früher ist halt eben auch auch nicht mehr zeitgemäß. Die Zeiten von Arbeitszeitverkürzungen, hohen Lohnerhöhungen etc. ist vorbei. Leider verstehen das viele Menschen nicht.
Dennoch bin ich auch der Meinung, dass es fair zugehen sollte. Da müssen schon die starken Schultern etwas mehr tragen als die Schwachen.

Die Konsequenz aus einer modernen, leistungsorientierten Politik ist halt die, das "besser situierte" Bürger dann halt (das Original) V oder K wählen und die "schlechter Situierten" oder Idealisten dann zu Parteien ausserhalb der Mitte (Ø oder DF) wechseln.
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

Ja, die Wirtschaftsprofessoren sind weitgehend begeistert und Venstre hat einige Probleme damit immer neue Forderungen zu erfinden, weil das, was sie verlangen so schnell erfüllt wird.

Klar soll es fair zugehen, aber was ist das? Bzw. ich denke es ist ziemlich relativ. Die alte Regierung hat ja die Regelung für ALG geändert. Man kann das jetzt nur noch 2 Jahre lang bekommen. Danach bekommt man Kontanthjælp. Viele können das aber nicht bekommen, weil sie zu viel Vermögen haben oder weil ihr Partner zu viel verdient. Sind diese Menschen deswegen arm?
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frosch
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Beitrag von frosch »

@Holidaymax

Fairness fände ich gut, aber wie verträgt sich das mit dem Diktat der Arbeitsbedingungen für Lehrer und Ärzte?
Und ist es fair, ausgerechnet bei den Arbeitslosen zu sparen ?

Und warum sollte es bei ständig wachsender Produktivität keine Arbeitszeitverkürzungen geben?
Ist es nicht besser, die Arbeit so zu verteilen, daß möglichst alle eine haben und die Arbeit nicht immer intensiver und erschöpfender wird?

Und da in den letzten 20 Jahren die Reichen immer reicher geworden sind, sind doch reale Lohnsteigerungen (wann hat es die zuletzt gegeben?) mehr als zeitgemäß, oder ?

@Lars:
Klingt alles plausibel, was Du schreibst.
Auf der anderen Seite habt Ihr doch recht oft Minderheitenregierungen, ohne daß die dann immer ihre eigentlichen Ziele über Bord werfen, um dran zu bleiben, oder ?

Was hätte Helle eigentlich gehindert, die Enhedslisten mit einzubinden, direkt oder indirekt - und damit eine ganz andere Politik zu machen; frag ich mal ganz unverblümt :wink:
HolidayMax
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Beitrag von HolidayMax »

Ich gebe dir recht, das gerade in den letzten 20 Jahren die Schere zwischen Arm und Reich deutlich auseinander gegangen ist. Ich persönlich finde das auch bedenklich. Nicht zuletzt ist es auch Fakt das gerade in Deutschland enorm reformiert wurde und diese Reformen in der Regel zu lasten der "Normalbürger" gegangen sind. Die Mittelschicht kann zukünftig auch nur schwer weiter belastet werden.

Ich persönlich würde zum Beispiel Kapitalerträge stärker besteuern. Hier ist die Abgeltungssteuer in meinen Augen unfair. Denn wer zum Beispiel ein Vermögen von 1.500.000€ hat kann hier ruhig 35% Steuer auf Kapitalerträge zahlen anstelle von 25%. Das wird den enstprechenden Personen nicht weh tun, bringt aber Geld in die Staatskasse.

Steuern auf Einkommen zu erhöhen, finde ich bedenklich weil das den Faktor Arbeit wieder verteuert.

Das es faire Löhne geben muss ist richtig. Auch hier gibts enormen Handlungsbedarf. Aber Arbeitszeitverkürzungen etc. ist allein schon schwierig weil hier auch auf die weltweite Wettbewerbsfähigkeit geachtet werden muss...

In meinen Augen ist der richtige Weg die Mitte...
Es muss eine Leistungsgesellschaft geben, es kann nicht alles unter der Devise der "Gleichmacherei" laufen. Aber dennoch und da bin ich bei dir, muss es auch fair zu gehen. Es ist nur schwer hier die Balance zu finden. Wer unverschuldet in eine Notsituation gerät und zum Beispiel die Arbeit verliert dem gehört eine ordentliche Unterstützung bis er in neue Arbeit kommt. Wer kein Bock hat auf Arbeit und stattdessen auf Staatskosten leben will dem gehört rigoros in den Arsch getreten und die Stütze auf ein Existenzminium reduziert.

Übrigens könnte Deutschland sich mal ein Beispiel an der dänischen Verwaltungsreform nehmen (Reduzierung auf 5 Regionen). In Deutschland könnten durch Bundesländer Fusionen z.B. die Anzahl auf etwa 8 Bundesländer reduziert werden. Was das an Einsparungen im Staatshaushalt bringt ist kaum zu ermessen. Hier fehlt halt der politische Wille...

Zurück zu Dänemark: Helle kann die Enhedslisten nicht in der Form wie du meinst einbinden, da steht Margarete Vestager von der Radikalen Venstre im Weg. Die sorgt für einen Kurs hin zur Mitte und weg von Links. Wenn die S/SF nach links schwenken lässt die RV die Koalition platzen und geht nach der Neuwahl in den blauen Block.
Ausserdem darfst du nicht vergessen das Enhedslisten eine sehr weit Links stehende Partei ist (weiter Links angesiedelt als die deutsche Linkspartei). Mit denen ist nicht zwingend eine pragmatische Politik zu machen. Und Helle selber ist vielleicht auch nicht mehr soo rot eingestellt wie noch vor 15 Jahren.
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

frosch hat geschrieben:Auf der anderen Seite habt Ihr doch recht oft Minderheitenregierungen, ohne daß die dann immer ihre eigentlichen Ziele über Bord werfen, um dran zu bleiben, oder ?
Die Regierung hat doch schon ganz große Teile der Regierungsgrundlage umgesetzt. Nur stimmt diese Regierungsgrundlage nicht mit dem Wahlprogramm der SPD überein.
frosch hat geschrieben:Was hätte Helle eigentlich gehindert, die Enhedslisten mit einzubinden, direkt oder indirekt - und damit eine ganz andere Politik zu machen; frag ich mal ganz unverblümt :wink:
Hat sie doch. EL ist "Parlamentarisk Grundlag" für die Regierung. Um in DK Regieren zu können, muss man bis 90 aufzählen können. Ohne Margrethe Vestager hätte Helle das nicht geschaft (S 44, SF, 16, EL 12 = 72)
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