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Verfasst: 05.10.2009, 23:47
von fejo.dk - Henrik
Ralf G hat geschrieben:Und eine eigene Meinung hat noch nichts mit EU-Feindlichkeit zu tun...
Willkommen im Forum Ralf - du sagst es!
fuglesang hat geschrieben:Ich bin immer wieder erschrocken darüber, wie die 47% derjenigen die in Dänemark FÜR den Euro gestimmt haben regelrecht totgeschwiegen werden.
Nun bist du ja nicht zum ersten mal über etwas in DK erschrocken. Wie äussert sich diese Totschweigerei, hast du Beispiele?
Wir können ja nicht halbwegs den Euro einführen und die Mehrheit möchte ihn nun mal nicht. Das es etwa 50/50 steht weiss wohl fast jeder Däne sowie er weiss, dass es erst eine neue Abstimmung geben wird, wenn die Umfragen eine sehr komfortable Mehrheit für den Euro zeigen. Bei zwei Abstimmungen knapp daneben. Kein Politiker möchte es ein drittes mal probieren ohne ganz sicher zu sein und bis zu 70/30 oder so in den Umfragen ist es noch ein weites Stück.
Verfasst: 06.10.2009, 08:02
von reimund1012
Hallo @ Ferienhausvermittler,
ich sehe das genauso.
Ihr Dänen habt gelernt das Mehrheit nun einmal eine Mehrheit ist, und darum akzeptiert Ihr solche Entscheidungen eben leichter.
Selbst wenn Ihr gerade zu den "Verlierern" gehört.
Wie ich Euch Dänen um Euer klares Verhältniswahlrecht beneide !
Ich denke mal, weil Euch dadurch jahrzehntelang ein zwei Parteiensystem mit ständig wechselnden Juniorpartnern erspart blieb, seid Ihr halt gewohnt mit Entscheidungen zu leben die wirklich auf demokratischen Wege zustande gekommen sind.
Die deutsche "Demokratie" ist dagegen eher eine Art per Wahlen abgesegnete Politikerdiktatur.
Der deutsche Mischmasch aus Verhältniswahl und Direktmandat, sowie die 5 Prozentklausel begünstigen ja die großen Parteien einseitig, und können so den Wählerwillen schnell ad absurdum führen.
Sobald die Mehrheitsverhältnisse einmal festliegen und die Koalitionsverträge unterschrieben sind, könnte man die parlamentarische Arbeit eigentlich komplett einstellen.
Was etliche Abgeordnete ja auch so praktizieren und sich anstelle der Parlamentsarbeit lieber ihren Nebentätigkeiten als Gastdozenten, Aufsichtratsmitglieder oder Berater widmen.
Wer schon mal während einer "unwichtigen Debatte" im Bundestag war, der hat sich wahrscheinlich derbe über die dort ziemlich einsam agierenden Redner erschrocken.
In Dänemark müssen sich für jeden Gesetzentwurf erst einmal Mehrheiten finden lassen, in Deutschland wird zwar offiziell darüber diskutiert, aber da ja grundsätzlich im Sinne der Fraktion und nicht nach eigenem Gewissen abgestimmt wird, könnte man sich das eigentlich ganz sparen.
Es gab Zeiten, in denen der Bundesrat korrigierend eingreifen konnte, aber dadurch das die Mehrheiten in den Landesparlamenten genauso zusammengelogen werden hat der auch nur noch Alibi-Funktion.
DAS ist der wahre Grund für die deutsche Politikverdrossenheit, und nicht die austauschbaren Kasperköpfe die sich da als Sprecher ihrer Fraktionen mehr oder weniger erfolgreich verkaufen.
Und das ist auch der Grund warum kein Politiker in Deutschland auch nur im Traum daran denken würde, über die EU-Verfassung oder die Euro-Einführung eine Volksabstimmung durchzuführen.
Das wäre nämlich ECHTE Demokratie na die man das Volk lieber erst gar nicht "gewöhnen" möchte, und die Gefahr dass das "Stimmvieh" ganz anders abstimmt als man es sich wünscht wäre viel zu groß.
Was die Euro-Einführung angeht, so waren zwar ALLE Parteien dafür, aber Volk wollte nun einmal mehrheitlich die D-Mark behalten.
Selbst die EU-Anhänger.
Da wäre eine Volksabstimmung einer völligen Blamage gleichgekommen, und Helmut Kohl hätte vorzeitig seinen Hut nehmen können.
Gruß
Reimund
Verfasst: 06.10.2009, 17:00
von Jørg
und in S-H wird aus einer Minderheit der Stimmen eine Mehrheit an Sitzen, dank Überhangmandaten und unzureichenden Ausgleichsmandaten
Willkommen in der deutschen Demokratie!
Hilsen Jørg
Verfasst: 06.10.2009, 17:13
von cimberia
@Jörg - du sprichst von einer Minderheit ! Ergo gibt es auch eine Mehrheit - WO?
Apropos Überhangmandat - Das ist kein Privileg von CDU/CSU oder FDP!
Allen Parteien stehen diese Tür offen, nur die wenigsten konnten diese Chance für sich nutzen. Nur für Kiel und Lübeck konnte die SPD ein Direktmandat für sich verbuchen. Die CDU/FDP aber für den Rest von S.H..
Verfasst: 06.10.2009, 17:22
von Berndt
Ralf G schrieb:
Eine sehr spannende Diskussion, aber allen Zahlenspielen zum Trotz hoffe ich "das die Dänen ihre Kronen noch möglichst lange behalten und damit auch ein Stück ihrer Identität", es muss ja nicht alles im EU-Einheitsbrei untergehen.
Als das dänische Grundgesetz (Danmarks Riges Grundlov) in 1849 unterschrieben wurde, hießen die Münzen: Reichstaler - Mark - Schilling (rigsdaler - mark - skilling).
In 1873 wurde eine Neuregelung des Münzwesens vorgenommen, wobei die gangbare Hauptmünze (wie mehrere hundert Jahre davor) erneut
Krone benannt wurde. (1 Krone = 100 øre, und 1 alter Reichstaler = 2 neue Kronen).
Von einem Verlust von Identität konnte man damals wegen der Münzreform kaum sprechen. Und das gilt nach meiner Meinung heute noch in der Euro-Diskussion.
Deshalb finde ich diesen Teil der Argumentation sinnlos.
Verfasst: 06.10.2009, 18:23
von Jan_K
vielleicht sollte man den euro dann in DK einfach in neuen reichstaler umbenennen

Verfasst: 06.10.2009, 18:46
von udo66
Jørg hat geschrieben:und in S-H wird aus einer Minderheit der Stimmen eine Mehrheit an Sitzen, dank Überhangmandaten und unzureichenden Ausgleichsmandaten
Willkommen in der deutschen Demokratie!
Hilsen Jørg
Schleswig HOlstein ist ja nicht die dt. Demokratie.
Gut ist es doch, dass die kleinen braunen Parteien in De KEINE Chance mehr haben

Verfasst: 06.10.2009, 20:01
von vmax
@reimund1012
ja, so ist es bzw. wäre wohl so gelaufen, 1A Danke
mfg vmax
Verfasst: 06.10.2009, 22:25
von Fuglesang
Reimund schreibt: "Das wäre nämlich ECHTE Demokratie na die man das Volk lieber erst gar nicht "gewöhnen" möchte, und die Gefahr dass das "Stimmvieh" ganz anders abstimmt als man es sich wünscht wäre viel zu groß."
Ist hier in Dänemark nicht anders. Hier sind nur weniger Leute unter Kontrolle zu halten.
Echte Demokratie hört sich bombastisch gut an, findet hier aber nur scheinbar statt, da zu echter Demokratie auch echte Aufklärung gehört.
Hier in Dänemark konnte man es sich leisten das Volk abstimmen zu lassen, da es immer nur ein entweder oder gab, das auch locker wieder niedergemetzelt werden konnte.
Hätten die Politiker damals den Euro gewollt, hätten wir ihn jetzt. Auch wenn das Volk dagegen gestimmt hätte.
Im Falle einer mehrheitlichen Abstimmung für den Euro, (voraussgesetzt die gleichen Stimmverhältnisse 53/47 nur umgekeht, hätten wir schon Wochen später eine zweite Abstimmung mit der dazugehörigen Propaganda gehabt und der Euro wäre heute nicht nur verkappt die Leitwährung, sondern auch in den dänischen Köpfen und Geldbeuteln.....
Verfasst: 06.10.2009, 23:26
von fejo.dk - Henrik
@Fuglesang: Kannst du deine persönliche Auffassung von Dänemark mit konkreten Beispielen untermauern?
Unsere Politiker wollten damals wie heute den Euro, aber noch lieber wollen sie ihren Job behalten. Das Nichteinhalten eines Versprechen hat schon zu einem Regierungswechsel beigetragen und das könnte sehr wohl wieder passieren, würde man trotz Abstimmung den Euro einführen. Wäre undenkbar in DK.
Nicht zu vergessen ist aber, dass es zig Sachen gibt die wichtiger für Dänemarks Zukunft sind als ob wir den Euro haben oder nicht. Spielt für uns wirklich keine große Rolle, wie oben schon erklärt.
Verfasst: 07.10.2009, 23:53
von vmax
@Fuglesang: Höre ich da so etwas wie "Bananenrepublik Dänemark" heraus oder habe ich da was falsch interpretiert?

das kennen wir sonst nur von DE
Mit freundlichen Grüßen vmax
Verfasst: 08.10.2009, 01:03
von monique
Mal ganz am Rande bemerkt: Daenemarks Staatsminister und damit Regierungschef ist Lars Løkke Rasmussen, und das bereits seit dem 5. April diesen Jahres, da an diesem Tage der ALTE Staatsminister Anders Fogh Rasmussen sein Amt als Generalsekretaer der NATO angetreten hat. Aber nichts fuer ungut, Udo66....
Um meinen Senf in Sachen EU/Euro dazu zu geben...da kann ich mich nur wiederholen. Wenn andere gluecklich mit der EU und dem Euro sind, bitteschoen. Aber mir persoenlich kann der Euro sowas von gestohlen bleiben! Das heisst aber eben nicht gleichzeitig, dass ich gegen die EU an sich bin, wenn auch - wie viele schon geschrieben haben - die heutige Situation (auch die VOR der Finanzkrise) eigentlich nicht mehr viel mit dem Grundgedanken der EU zu tun hat.
Løkke hat nach Amtsantritt erklaert, er wolle eine neue Volksabstimmung auf jeden Fall noch vor Ende seiner Amtszeit anleiern. Gleichzeitig hat er versprochen, dass diese Abstimmung dann definitiv die letzte sein soll (fragt sich nur, ob er sich dran haelt, auch evtl. Nachfolger). Daher kann man - oder besser ich - nur hoffen, dass die Daenen auch dann wieder clever genug sind, und NEIN stimmen. Und vor allem, dass dann endlich Ruhe ist. Fuer mich steht jedenfalls fest: Kommt der Euro in Daenemark, gucke ich mir die Sache eine gewisse Zeit an. Wenn ich dasselbe erlebe wie in Deutschland und Italien (und davon gehe ich stark aus), dann packe ich meine 7 Sachen und bin weg. Im Auswandern hab ich ja nun langsam eine gewisse Erfahrung.....
Verfasst: 08.10.2009, 09:04
von reimund1012
Hallo @ Monique.
wenn der Euro ein Grund zum Auswandern ist, dann schaue Dich doch schon mal nach einer neuen Heimat um.
Sch...egal wie die Dänen abstimmen werden, die Krone ist von Anfang an an den Euro fixiert.
Das heistt der Wert derr Krone hängt auf Gedeih und Verderb vom Eurokurs ab, was nichts anderes bedeutet das Dänemark faktisch ebenfalls zur Euro-Zone gehört.
Nur hat man dort halt Scheine und Münzen auf denen Kronen und Øre drauf steht.
Auf Dauer kostet das die dänische Wirtschaft und den dänischen Bürgern nur unnötig viel Geld, füllt die Kassen der Banken und kompliziert den Handel mit Ländern auuserhalb Europas nur unnötig.
Und Preissteigerungen sind währungsunabhängig, denn die Preise bestimmt einzig und allein Angebot und Nachfrage, egal ob es sich da um ein Brötchen in Deutschland, einen Espresso in Italien oder den Hot Dog in Dänemark handelt.
Natürlich haben etliche Branchen versucht bei der Euro-Einführung schamlos abzukassieren indem sie nur das Währungssymbol ausgetauscht haben.
Aber genau diese Branchen sind es die anschliessend auch über die größten Umsatzeinbussen klagten, nämlich Dienstleister wie Friseure und die Gastronomie.
Dabei hat man ganz gezielt auf die "Dummheit" der Verbraucher spekuliert, die nur die Preischilder sehen und die Zahlen darauf immer noch mit einem DM-Betrag assozieren.
Kurzfristig hat das funktioniert, aber dann ging der Schuss nach hinten los.
Irgendwann hat nämlich auch der Dümmste begriffen, dass eine Bratwurst für 1,80 Euro KEIN Schnäppchen ist, denn für 3,60 DM hätte der Wurstbudenbetreiber die Bratwurst solange auf dem Grill wärmen können bis sie ausgesehen hätte wie dass beste Stück an der Mumie von Ramses dem Dritten.
Die gefühlte Verdoppelung der Preise seit der Euro-Einführung hat aber trotzdem genau diese Ursache.
Das jeder Anbieter versucht seine Produkte zum maximal erzielbaren Preis zu verkaufen ist in einer Marktwirtschaft ja nur natürlich.
Das Problem ist halt das man ganz besondes bei Spontankäufen immer noch meint ein Schnäppchen zu ergattern, wo man das Produkt zu DM-Zeiten liegen lassen hätte.
Wenn meine Frau mir mal wieder stolz ein Oberhemd präsentiert, welches "nur" 30 Euro gekostet hat, dann frage ich nur:
"Hättest Du das für 60 DM auch "mal so eben" gekauft ?"
Irgendwie fehlt besonders uns altgedienten, ehemaligen DM-Nutzern immer noch das "reale Wertgefühl" für den Euro.
Und da denke ich mal haben die Dänen einen ganz entscheidenden Vorteil.
Irgendwie fährt ja jeder Däne (je nach Entfernung bis zur Grenze) mehr oder weniger häufig zum Einkaufen über die Grenze.
Und wenn man nur hin und wieder mal mit einer anderen Währung einkauft, dann wird eben immer ganz besonders genau umgerechnet.
(Halt wie die deutschen Touris in dänischen Geschäften mit ihren Taschenrechnern)
Und ich bin überzeugt das die Dänen ein ganz anderes Gefühl für die Euro-Preise haben als wir Deutschen und die anderen Europäer, die ja praktisch über Nacht "beglückt" damit wurden.
Interessanterweise klagen die Verbraucher in Ländern in denen der Euro später eingeführt wurde viel weniger über reale oder "gefühlte" Verteuerungen als die "Euro-Veteranen".
Na ja, und allen die der D-Mark nachtrauern sei gesagt das Deutschland als extrem von der Wirtschaftskrise gebeuteltes Exportland heute (auch aufgrund der enormen Staatsverschuldung) wahrscheinlich keine sonderlich "harte" Währung mehr hätte.
Gruß aus Europa nach Europa, auch wenn die Dänen immer noch gerne so tun als wären sie so eine Art baltische Schweizer.
Reimund
Verfasst: 08.10.2009, 10:34
von fejo.dk - Henrik
Na ja, das Baltikum ist ja ein Stück östlicher, aber du hast schon Recht: Wenn der Euro mal kommt, können die Unternehmen den Wechsel bei uns nicht so skrupellos ausnutzen wie in D damals, weil wir den Euro schon kennen. Fragt mir z.B. ein Hausbesitzer ob ich sein Haus vermieten möchte und was es kosten soll, rechne ich lange nicht mehr in Kronen.
Verfasst: 08.10.2009, 22:09
von vmax
Hallo,
ja die Geschichte mit der Brratwurst und dem Oberhemd kommt mir ebenfalls sehr bekannt vor. Ich schaffe mir ebenfalls die DM-Relation.
Finde das auch sehr gut, wenn ich mich allerdings öffentlich äußere und sage z.B. "in DM hätte das soviel gekostet" stoße ich immer häufiger auf Unverständnis und werde teilweise regelrecht diskriminiert.
Die junge Generation - ich sehe es bei meinen Kindern - die wachsen schon voll mit dem Euro auf und haben überhaupt keinen Bezug mehr zur DM. Wenn ich die mal fragen würde, was hätte das in DM gekostet, würde ich lediglich fragwürdige Blicke ernten.

Na gut, so ist das halt Deutschland.
Ich frage mich allerdings, die Dänen werden sich damit ganz sicherlich schwerer tun, weil sie ja eben heute noch ihrer Krone fröhnen. Aber soll mir eigentlich auch "fast" egal sein.
Freundliche Grüße vmax
