..."dumme Dänen" !?....

Sonstiges. Dänemarkbezogene Themen, die in keine andere Kategorie passen.
Vejlby Klit
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Beitrag von Vejlby Klit »

andruschka hat geschrieben:ich glaube nicht das es etwas mit unfreundlichkeit zu tun hat, ich war Ende Mai in Hune bei Spar, dort arbeiten am WE überwiegend junge Menschen die noch Studieren. Sie sprechen sicher Deutsch und verstehen erst recht, wenn auch nicht alles oder besonders gut.
Den Spar-Markt in Hune kenne ich mittlerweile sehr gut. Lecker rundstykker.... :D In den sind wir nämlich ausgewichen, als es uns bei Spar in Saltum zu blöd wurde.... :x
Rollo

Geschichte

Beitrag von Rollo »

Moin,

es ist echt schade, daß es hier so viele deutsche Dänemark-Fans gibt, denen oft die wichtigsten geschichtlichen Apsekte des Deutsch-Dänischen Zusammenlebens unbekannt sind.
Ich kann aus eigener Erfahrung berichten, daß die Gründe für die - sagen wir es mal gnädig - häufige negative Betrachtungsweise gegenüber Deutschland weniger vom Kriege als einfach durch negative und einseitige Berichterstattung in den Medien und einem sehr einseitigen Geschichtsverständnis herrühren.
Hier im Forum gibt es z.B. einen Artikel über Frøslev, das ehemalige Lager in der Nazi-Zeit. Über die Berichte zur Kriegszeit möchte ich gar keinen Kommentar abgeben, aber über die Nachkriegszeit, als das Lager nun unter dem Namen Faarhus lief und die Dänen zumeist Deutsche internierten, stimmt das, was da zitiert ist, überhaupt nicht - es ist einfach blind aus der Homepage "frøslevejren" kopiert. Es heißt "deutsche und deutschstämmige Spitzel" seien dort interniert gewesen - es war aber die gesamte männliche deutsche Bevölkerung Nordschleswigs. Zumeist Menschen, die weder in der Partei waren noch im Krieg (obwohl Dänemark offiziell den Kriegseinsatz auch für die "echten" Dänen befürwortet hat!).
Es wird viel über Widerstandskämpfer berichtet - selten aber über die Ausweisungen nach 45 oder die unterlassene Hilfeleistung gegenüber den Flüchtlingen, die über die Ostsee gekommen waren und in Dänemark verhungert sind. Journalisten von DR, die dieses Thema angepackt hatten, konnten sich vor Beschimpfungen kaum retten.
Ich kenne vieles aus eigener Erfahrung: meine Familie hat ihre Wurzeln in Nord- und Südschleswig, es gab viele, die nach dem Kriege interniert waren, aber auch Widerstandskämpfer.
Ich habe lange in Århus und Kopenhagen gearbeitet (für eine dänische Tochterfirma eines deutschen Unternehmens) und habe mitbekommen, wie die Nationalitäten unterschiedlich freundlich behandelt wurden.
Man sollte nicht mehr alles so hochhängen - aber wenn jemand heute noch Haß erfährt, ist es legitim, auch den provokanten Titel "dumme Dänen" zu verwenden - in Dänemark wird über Deutsche oft noch ganz anders berichtet...
Und "Speckdänen" gibt es natürlich noch zuhauf, nur unterscheidet sich der moderne Typ dadurch, daß seine Motivation nicht mehr im Stillen seines Hungers durch Care-Pakete aus Dänemark besteht, er findet es einfach schick, dänisch zu wählen oder seine Kinder auf Dänische Schulen und Kindergärten zu schicken. Oft Menschen, die aus Baden-Württemberg oder Bayern eingewandert sind und sich ad hoc als Neu-Dänen fühlen.
Insofern gilt diese Beschimpfung niemals einem Dänen, sondern nur den deutschen Möchtegerndänen.
Das würde einem Dänen in Nordschleswig nie einfallen - bis in die 80er Jahre kursierten da Listen "Kauft nicht bei den Deutschen!", d.h. der deutschen Minderheit. Meine Schwester konnte sich mit ihrem dänischen Freund nicht auf Deutsch unterhalten, ohne angefeindet zu werden. Selbst in der Familie durfte das Thema "Vertreibung" nie angesprochen werden, ohne böse Blicke zu ernten. Etc.
So lange, wie die politische korrektheit o.ä. es gebieten, den Nachbarn mit Samthandschuhen anzufassen, wird sich keine selbstkritische Haltung einfinden. Die bemitleidenswerten deutschen Touristen in Dänemark gibt es natürlich zahlreich, aber die finden sich seitens jeder Nation in jedem Land, ohne daß es jedes Mal gleich in einen Nationalitätenkonflikt ausarten würde (ich behaupte mal, daß Dänen auf Malle wie Deutsche sind - oder die Biertouristen, die ihre Charge gleich vor Ort vernichten...).
Ich werde auch weiter in Dänemark urlauben, Familie und Freunde besuchen, die Sprache sprechen und vieles an Dänemark mögen - nur den Nationalismus werde ich auch weiter anprangern, wo er zu finden ist.
mepan1970

Beitrag von mepan1970 »

Hallo,

ich denke Freundlichkeit oder auch Unfreundlichkeit gibt es bei jedem Menschen.
Ich denke mir, das ist in jeder Nationalität zu finden.

Man sollte sich anderen gegeüber immer so verhalten, wie man selbst behandelt werden will, dann hat man ( vielleicht mit wenigen Ausnahmen) eigendlich auch kein Problem mit anderen Menschen.

Ich selbst habe viele Freunde in Dänemark gewonnen. Darunter sind einheimische Dänen wie auch seit 10-20 Jahre eingewanderte Deutsche.
Mancher Däne davon spricht kein Deutsch und ich nur-leider- wenig dänisch, trotzdem ist immer eine Verständigung möglich.

Ist man im Supermarkt unfreundlich zu mir, übergehe ich dies und gehe danach einfach woanders einkaufen.
Ist ein Hausvermieter unfreundlich buche ich dort einfach nicht mehr.

Es gibt immer Möglichkeiten dem ungeliebten aus dem Wege zu gehen.

Das liegt aber nicht am Dänen oder am Deutschen sondern am Menschen selbst. :roll:
hilsener
mepan1970
Dyreborg
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Beitrag von Dyreborg »

Hej,

laut einer aktuellen Umfrage, die im „Nordschleswiger“ veröffentlicht wurde, stehen 50 Prozent der Dänen den Deutschen, vor allem wegen der Besetzung im Zweiten Weltkrieg, nach wie vor skeptisch gegenüber. Das heißt im Umkehrschluss: Ebenfalls 50 Prozent teilen diese Skepsis nicht. Wir Deutschen müssen nun mal mit einer gewissen Skepsis leben, beileibe nicht nur in Dänemark. Vielleicht können wir ja selbst ein wenig dazu beitragen, dass diese Skepsis immer weniger wird. Oft hilft es in Dänemark doch schon, nicht wie selbstverständlich eine Frage auf Deutsch zu stellen, sondern es mit Dänisch zu versuchen. Und wenn ich in den Gästebüchern mancher Ferienhäuser die Kommentare deutscher Urlauber lese, dann frage ich mich manchmal, warum die Leute nicht zuhause bleiben, wenn sie alles und jedes kritisieren, das nicht 100prozentig ihren Vorstellungen entspricht. Schön wäre es, wenn der Jugendaustausch zwischen Deutschland und Dänemark ausgebaut würde. Ich finde es nämlich schade, wenn sich unter Jugendlichen Vorurteile finden, die mit persönlichen Erlebnissen nun wirklich nicht mehr erklärt werden können. Dafür würde es sich lohnen, öffentliche Gelder auszugeben.

Hilsen Dyreborg
Ursel
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Beitrag von Ursel »

Hej mepan und dyreborg!
Letzterem möchte ich gern zustimmen - es gibt eben aufgrund der deutschen Geschichte eine verständliche Skepsis oder Abwehr, wie sowieso allem Fremdem - also nicht nur Deutschem - ja auch nochmal gegenüber.
Konkrete Abneigung, die aus keinem selbst erlebten Horror aus dem Krieg herstammt, kann man wohl wirklich nur so ausmerzen, wie Du es Dir wünschst. durch persönliche Begegnungen und Jugendaustausch, denn genau da bin ich ja auch oft erschüttert: Daß junge Leute die Deutschen immer nochso sehr mit der Vergangenheit verbandeln (und ihnen damit quasi und unbewiußt ja sogar absprechen, aus der Geschichte gelernt zu haben - aberdies ist ein 2. schritt).

Mepan 1970 - das Argument nach dem Motto "Wie man inden Wald reinruft, so schallt es wieder raus" wird hier oft von Urlaubern und Umsiedlungswilligen erwähnt - aber keiner der hier anwesenden Schreibenden haut den Dänen ihre Unfreundlichkeit, Vorurteile etc. auf den Kopf, keiner geht umher und beleidigt sie, keiner ist unfreundlich oder über Gebühr kurz angebunden - im Gegenteil bemühen sich zumindest alle Umsiedler, die ich kennengelernt habe, ja eher verzweifelt um Kontakt mit den Einhemischen,der über den Smalltalk hinausgeht.
Und da wirst Du oft scheitern, wenn Du glaubst, es reiche mit Dänischkenntinssen und einem freundlichen Ton/Gesicht.
Lies Dich diesbezüglich ruhig mal im Forum schlau - da sind viele Erfahrungen von deutschen Umsiedlern!

Gruß aus dem heute bewölkten, aber warmen DK - Ursel, in der Regel kontakfreudig und freundlich :)
MaReNi
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Beiträge: 42
Registriert: 30.05.2005, 18:01

Beitrag von MaReNi »

Hallo,
ich kann Ursel da nur beipflichten. Wir haben selbst einige Jahre in Dänemark gelebt und daher kann ich aus eigener Erfahrung sagen das man es als Umsiedler bei einigen Dänen recht schwer hat. Wenn sie Dich nicht akzeptieren wollen, dann werden sie das auch nie zun. Allerdings war die Mehrzahl der Dänen mit denen ich Kontakt hatte, egal ob Nachbarschaftlicher oder Öffentlicher/Offizieller Art, eher hilfsbereit und freundlich. Meine Kollegen dort und die Mitglieder des Chores in dem ich gesungen habe waren eher "Kriegs- Nachkriegsgeneration" aber haben mich niemals eine Abneigung aufgrund meiner Herkunft spüren lassen. Sicher hatte ich da auch viel Glück!
Womit wir eher zu kämpfen hatten ware andere Umsiedler die vielleicht ein paar Jahre länger dort wohnten. Die taten immer so als wollte man ihnen ihr gerade erobertes Königreich entreißen.

Gruß Nicole
Rollo

Krieg als Grund

Beitrag von Rollo »

Ich glaube, es gibt den Krieg zwar in den Köpfen, aber nur als Klischee ohne Hintergrundwissen und Details.
Generell kann man zwischen Ländern wie Dänemark und England auf der einen Seite und Frankreich z.B. auf der anderen Seite große Unterscheide erkennen.
Dänemark z.B. hat verhältnismäßig wenig gelitten im Krieg, Frankreich sehr viel stärker und Polen z.B. enorm. Nur sind merkwürdigerweise die Ressentiments in Dänemark oft sehr ausgeprägt, wohingegen in Frankreich ganz entspannt über die Geschichte und auch die eigene Schuld und Kollaboration geredet werden kann.
In Frankreich haben wir zwar auch einen ausgeprägten Nationalismus, aber daneben eben auch eine offene Diskussion in Zusammenhang mit einem sehr guten Bildungssystem.
In Dänemark wird man auch als Däne bei kritischen Fragen schnell zum Querulanten, eine offene Diskussion findet nicht statt (jetzt neuerdings in Ansätzen) - die eigene Geschichte wird glorifiziert, die paar - bezahlt - geretteten Juden werden stets erwähnt, aber daß Juden mit dem Vermerk "in Dänemark unerwünscht" aus Dänemark wieder nach Deutschland zurückgeschickt wurden, wird nirgendwo erwähnt.
Die Ursache für die oft nicht begründbare Antipathie gegen Deustchland bei den Jungen liegt in der unzureichenden Aufklärung über Geschichte, in der jeder Gorm bis zur Erschöpfung um die Ohren gehauen bekommt, aber die jüngste Geschichte nur aus Stereotypen besteht. Das dänische Bildungssystem funktioniert in dieser Hinsicht nicht sonderlich.
Generell spielt noch das Bewußtsein von 1864 eine Rolle, zu der Zeit "verlor" man die Kontrolle über Schleswig und wurde endgültig zu einem periphären Kleinstaat, während der Nachbar, der "daran schuld" war, nach langer Zeit und seitdem fast kontinuierlich politisch an Macht und Einfluß gewann.
Erlebnisse wie 1992 bei der EM helfen über diesen Knacks des Ego hinweg, auch wenn da schnell ein paar deutsche Flaggen verbrannt werden...
AnjaAue

Re: Krieg als Grund

Beitrag von AnjaAue »

Rollo hat geschrieben:I
Dänemark z.B. hat verhältnismäßig wenig gelitten im Krieg, Frankreich sehr viel stärker und Polen z.B. enorm. Nur sind merkwürdigerweise die Ressentiments in Dänemark oft sehr ausgeprägt, wohingegen in Frankreich ganz entspannt über die Geschichte und auch die eigene Schuld und Kollaboration geredet werden kann.
In Frankreich haben wir zwar auch einen ausgeprägten Nationalismus, aber daneben eben auch eine offene Diskussion in Zusammenhang mit einem sehr guten Bildungssystem.
In Frankreich keine Ressentiments... Das habe ich anderes erlebt.
Ich bin im Schüleraustausch das erste Mal in Frankreich (Normandie) gewesen. Wir haben es nach einem Wochende in der französischen Famile vorgezogen im Internat zu bleiben. Wir bekamen das aufgewärmte Essen vom Vortag und nicht das 5-Gänge-Menü wie der Rest der Familie. Die Krönung war als Abschluß den Besuch eines Museums über den zweiten Weltkrieg, wo der französische Anteil am zweiten Weltkrieg sehr glorifiziert wurde. Es war nicht möglich, eine Diskussion mit dieser Familie zu führen. Zwei Jahre später in Strassburg wurde ich auch nicht gerade freundlich behandelt. Anschließend habe ich über 10 Jahre das Land gemieden und war 2002 mit englischen Freunden in Paris. Nachdem der Kellner durch einen dummen Zufall gesehen hat, dass ich einen deutschen Pass habe, habe ich leider nicht mehr, auch nach mehrmaligen Nachfragen, mein Essen nicht bekommen. Seit dem meide ich das Land wie die Pest...
Ich habe über dieses Thema mit Holländer, Engländer etc. Diskussionen geführt und diese Diskussionen waren für beide Seiten hilfreich.
In Dänemark hatte ich eigentlich noch nie das Problem.
Letztes Jahr war ich in Polen zur Kur. Dort tauschte das Problemmassiv auf, da in meiner Wassergymnastik-Gruppe eine Frau war, die sehr stark unter deutscher Bestzung gelitten hat. Nach sehr vielen langen Gesprächen auf englisch, sind wir als Freunde am Ende der Kur nach Hause gefahren.
Ich denke, dass es gerade bei diesem Thema sehr auf die Personen egal welcher Nationalität ankommt und wie diese mit diesen Thema umgehen.
Martin Hofer

Beitrag von Martin Hofer »

Hej!

In den meisten Ländern hat sich ein sehr seltsamer Umgang mit der eigenen Geschichte eingebürgert: Allen Widersprüchlichkeiten zum Trotz feiert man ganz selektiv nur jene Episoden und Elemente, die ins nationale Selbstbild passen, und verdrängt den Rest weitgehend.

So hat Frankreich gestern mit dem 14. Juli den Sturm auf die Bastille gefeiert, den die Franzosen als den Beginn ihrer Republik ansehen. Weder die Umstände dieser Revolution noch der nachfolgende Rückfall in eine aggresive Monarchie stören dabei; statt dessen betrachtet man sogar Napoleon unverdrossen als Nationalhelden. ...

Und das läuft eigentlich überall so -- nur eben in Deutschland nicht mehr (hier ist es manchmal sogar genau umgekehrt).

Die Aufarbeitung der Kollaboration und der Vichy-Verbrechen ist in Frankreich noch sehr jung und zögerlich; in Dänemark scheint es ähnlich zu sein. Bis sich das nennenswert auswirken kann, muss sicher noch mehr Zeit vergehen und vielleicht alle direkt Beteiligten verstorben sein ...

-- Martin
Rollo

Beitrag von Rollo »

Das mit Deinen Erfahrungen in Frankreich tut mir leid - ich habe nur im Laufe der Jahre gerade Frankreich anders erfahren: ich habe Freunde in Südfrankreich, im Limousin, und gerade hier (Oradour sur Glane) haben heftige Kämpfe stattgefunden. Dann habe ich in der Normandie studiert und auch hier Freunde gewonnen und über den Krieg diskutieren können. Wenn Sticheleien kamen, habe ich meine Freunde stets nur "mes collabos" genannt, wir haben gelacht und jede Schärfe war aus dem Gespräch.
Vielleicht sind meine Erfahrungen bzgl. Dänemarks auch besonderer Natur, weil es im Grenzland mehr Reibereien gibt und auch den engen Kontakt, in meinem Fall auch die Schikanen gegen meine Familie und oft auch die Häme innerhalb derselben.
Ich wollte letztendlich fast auf das selbe hinaus wie Du: es sind am Ende die Individuen, die entscheiden, wie offen sie Konflikte ausleben und wie "nachtragend" sie sind, aber im Falle Dänemarks (und wir sind ja im Dänemark-Forum) bietet der Vergleich zu Ländern, die unsagbar viel stärker gelitten haben, Anlaß zu der Frage, ob die Begründung, es sei der Krieg, der schuld an Vorurteilen sei, es den Dänen nicht zu leicht macht, ihr - manchmal - negatives Verhalten zu erklären. Was hier oft gesagt wird, stimmt nämlich: zumeist sind die Menschen entgegenkommend und offen - die unschönen Dinge sind oft unterschwellig zu finden.
Viele Deutsche finden Dänemark einfach nur "hyggelig" und dringen nicht tiefer in die Dänische Psyche vor, weil das ihr Weltbild zerstören könnte.
Letzlich fahre ich weiterhin nach Dänemark, um Urlaub zu machen, und besuche Freunde und Familie - aber gerade, wenn man ein enges Verhältnis zu einem Land besitzt, kann man eben beides tun: die guten Dinge mögen und die Fehler anprangern.
AnjaAue

Beitrag von AnjaAue »

Rollo hat geschrieben: Ich wollte letztendlich fast auf das selbe hinaus wie Du: es sind am Ende die Individuen, die entscheiden, wie offen sie Konflikte ausleben und wie "nachtragend" sie sind, aber im Falle Dänemarks (und wir sind ja im Dänemark-Forum) bietet der Vergleich zu Ländern, die unsagbar viel stärker gelitten haben, Anlaß zu der Frage, ob die Begründung, es sei der Krieg, der schuld an Vorurteilen sei, es den Dänen nicht zu leicht macht, ihr - manchmal - negatives Verhalten zu erklären. Was hier oft gesagt wird, stimmt nämlich: zumeist sind die Menschen entgegenkommend und offen - die unschönen Dinge sind oft unterschwellig zu finden.
Vielleicht liegt es auch daran, dass Dänemark ein kleines Land mit einer kleinen Bevölkerung ist. In vielen Gesprächen mit meinen dänischen Freunden, kamen in letzter Zeit Überfremdungsängste zu Tage. Vielleicht erklärt dieses Gefühl auch manche Unfreundlichkeiten gegenüber Deutschen. Sie stellen den größten Teil der dänischen Touristen.
Ich habe außerdem gelernt, dass man ein Land mit all seinen Vor- und Nachteilen erst kennen lernt, wenn man dort lebt und arbeitet. Urlaub ist halt was anderes...
Rollo

Beitrag von Rollo »

Das mit den Überfremdungsängsten darf man aber auch nur in Dänemark sagen - stell Dir mal die Diskussion in Deutschland vor...
Je höher der Bildungsgrad,um so differenzierter kann man seinen eigenen, oft nicht unbegründeten Ängsten begegnen.
Ich bin von Kindesbeinen an in Dänemark "mit" aufgewachsen, eben weil ein teil der Familie auch über ganz Dänemark verstreut lebt (teils Dänen, teils "alte" Nordschleswiger). Deswegen kenne ich auch Sitten und Denkweise des Landes - trotzdem bekam vieles eine andere Nuance, als ich eine Zeitlang (s.o.) in Dänemark gearbeitet habe und manches Neue, oft Unschöne entdecken durfte, das ich trotz Vorwarnungen so nicht erwartet hatte.
Die Kernaussage sollte eigentlich nur sein: Nicht zu einseitig unkritisch oder besserwisserisch sein gegenüber Dänemark und seinen Menschen - der "Deutsche" übertreibt es gern, sowohl in der einen, als auch in der anderen extremen Denkweise. (Sogar an Weltoffenheit und Toleranz wollen wir der Welt gern erklären, wie es denn richtig zu laufen habe...) Der Tenor hier im Forum lautet ja eher "heile Welt" in Dänemark, aber die Wahrheit liegt wohl in der Mitte - und das Deutsch-Dänische-Verhältnis ist dann noch ein anderes als das Verhältnis der Dänen zu Ausländern im allgemeinen oder zu seinen skandinavischen Nachbarn (da hat der Spott eher immer eine humoristische Note).
Ursel
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Registriert: 22.02.2002, 11:23

Beitrag von Ursel »

Danke, Rollo, genau das versuche ich immer wieder zu sagen - und bekomme dann von unschönen Beschimpfungen über "wieso lebst du denn noch dort?" bis zu ungläubigem Staunen oder dem "wenn man die Leute freundlich behandelt ..." (unterstellt: sei doch mal nett zu den Dänen!) als Antwort - auch hier im Forum.
Ist doch prima, wenn sich das durch ein paar Stimmen mehr (einige gibt es ja durchaus auch schon hier in dieselbe Richtung) wie Deine die landläufige Meinung über DK in die richtigen Relationen schubsen ließe!

Was hier an Aversionen in DK und anderen Ländern erlebt wurde, sind ja immer nur Beispiele - ich habe fast 20 Jahre nahe der niederländischen Grenze gelebt, war oft dort, habe niemals Dtld.s Nazivergangenheit ausbaden müssen - und bestreite es denen, die es erleben mußten, doch nun auch nicht!
Ich habe weit mehr als 10 Jahre hier gelebt, bin vorher shcon 10 Jahre hierher zu Besuch gekommen, oft mehrmals im Jahr, und habe erst seit kurzem - leider für/durch meine Kinder - erfahren, daß selbst auf dem abgeschiedenen Dorfe die anderen Kinder nicht vor Nazivergleichen zurückschrecken.
Von Urlaubern dann zu hören, daß ihnen dies noch nie passiert sei -was soll mir dies sagen???

Im übrigen stimmt es, die Dänen behandeln uns meistens freundlich - aber tiefer kommen kann man nur sehr schwer und mit hartnäckigem Einsatz --- und wenn ich hier lebe, strebe ich Freundschaften auf einer anderen Basis als wie bei Urlaubsbekanntschaft an.

Schönes Wochenende aus DK - leider mit höchst unfreundlichem Wetter heute!!! - Ursel
Rollo

Beitrag von Rollo »

Moin Ursel,

die Reaktionen kenne ich - denn da wird schnell der Fehler gemacht, Kritik in einen Topf mit Antipathie zu werfen.
Es ist schwer, dem Dänemark-Fan zu vermitteln, daß nicht alles Negative ausschließlich eine Reaktion auf eine Handlung oder Bemerkungen ist, sondern viel Eigenheiten und oft auch Vorurteile, manches Mal sogar Haß dahinterstecken. Die oft ablehnende Haltung gegenüber Deutschland ist ja geographisch nicht auf Dänemark begrenzt, aber wie bereits erwähnt, findet sie nicht proprtional zu den von Deutschen verübten Schandtaten statt oder richtet sich nach der Anzahl "tribalisierender" deutscher Touristen in den jeweiligen Ländern...
Das eigentliche Problem auf Seiten deutscher Urlauber oder Neu-Arbeitnehmer besteht darin, sich dieses Archetypus nicht bewußt zu sein. Es ist also meistens nicht die fehlende deutsche Diplomatie, die Konflikte schürt, sondern die bestehende Naivität hinsichtlich der Eigenheiten, die einen Konflikt aus dem Nichts kommen zu sehen scheint, obwohl er latent schon vorhanden war.
Diese gewisse "wohlmeinende" realitätsferne Denkweise gegenüber anderen, v.a. kleineren Nationen (Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Nationalismus etc. gäbe es besonders ausgeprägt hier nur bei uns) findet sich leider auch bei fast allen meinen Freunden, die aus dem heutigen (Süd-)Schleswig kommen, also "Grenzerfahrung" mitbringen. Aber die Nuancen spürt man als Tourist oft so nicht, wenn man tiefer vordringt jedoch umso stärker.
Wer die rosarote Brille nicht absetzen möchte, um sich seines letzten Paradieses nicht zu brauben, kann dies ja ruhig tun. Es ist nur nicht einzusehen, warum es zwischen den Extremen "Friede, Freude, Eierkuchen" und Hetze keinen gesunden, realistischen Weg geben soll, der auf Dauer ein gesundes Fundament zum Miteinander bildet. Denn genauso wenig wie Haß und Anfeindungen eine Basis sein können, funktionieren Scheuklappen, wenn man sich verstehen und zusammenleben will.
Ich fahre z.B. seit 30 Jahren nach Fanø und würde mich auch durch einen "durchgeknallten" Pizzabäcker, der meint, nicht mehr an Deutsche verkaufen zu wollen, nicht abschrecken lassen. Ich kaufe meine Hot-Dogs und Gammeldags eben woanders - und der gute Mann kann seinen Laden dann nach einem Sommer schließen, weil in entsprechenden Gegenden 80 % der Kunden Touristen aus Deutschland sind...
PaulDK
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Beitrag von PaulDK »

Hej!

Haben als 'die Deutschen' in unseren Wohnort bisher nie derartige
Probleme gehabt.Gerade mit der 'Kriegsgeneration' hab ich nur die
die besten Erfahrungen gemacht. Allerdings mußten meine Kinder
in der Schule leider oft Ausgrenzungen oder Beschimpfungen erleben,
sobald sie sich als Deutsche outeten.
Habe das in den Niederlanden genau wie in Dänemark festgestellt,daß
durch den Geschichtunterricht(höchstwahrscheinlich,kenne nur den Dänischen unbd den Deutschen) gerade die junge Generation ein etwas
eigenartiges Bild von den Deutschen hat und sich so unfreundlich verhält.
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