Ich gebe Euch beiden recht: Relevanz so zu verstehen, wie sie es in dem Report offensichtlich tun, ist nur eine erste Eingrenzung der Herausforderung.
Aber es ist bei Pisa usw. wie bei jeder Untersuchung: Man wählt ein Ambitionsniveau - in diesem Fall ein Übergeordnetes aber dafür Breites. Man macht daher Tendenzaussagen. Das Technologische Institut formuliert seine Politikempfehlungen auch durchgängig vorsichtig nach dem Motto, Politiker sollte dies und das näher untersuchen/überlegen.
Eingangs wird hervorgehoben, dass die innerstaatlichen Unterschiede von Schule zu Schule und Schülergruppe zu Schülergruppe durchweg viel grösser sind als im internationalen Vergleich. Hierauf sollte der primäre Fokus sein, wie sie S. 5 schreiben. Die Frage ist aber, ob einige der Konklusionen, die sie aus dem internationalen Vergleich ziehen, nicht auch relevante Empfehlungen für die Hantierung der nationalen Herausforderungen sind. Für mich heisst die Antwort eindeutig ja, auch aufgrund meines Wissens um die innerdeutsche ergänzende Untersuchung.
Was den IT-Teil angeht, gebe ich dir auch recht, Lars. Hier überzeugt die Metode mit direkten Schülerbefragungen nicht. Aber wegen solcher mieser methodischer Kompromisse in Nebenfragen den Kern der Untersuchung anzuzweifeln, ist doch wohl verfehlt!
Was das häufige Anwenden von Tests angeht: Auch hier ist Pisa und das Technische Institut vorsichtiger, als dies in der dänischen Debatte oft dargestellt wird. Es kommt sehr auf die Ausformung der Tests und das institutionelle Umfeld an. Setzt man auf Freiheit bei Verantwortung, was durchaus empfohlen wird, sollten regelmässige standardisierte Tests eine selbstverständliche Ergänzung sein (und zwar eher um den Lehrer zu beurteilen als die Schüler). Daneben sollten Tests dem Schüler helfen zu wissen, wo er sich befindet, und woran er arbeiten sollte. In meiner Interpretation: Für diesen zweiten Testtyp macht es weniger Sinn, Ergebnisse namentlich auszuhängen. Ob man Noten gibt, ist eine Frage, wieviel Konkurrenzgeist in der Schule man will. Konkurrenz kann antreibend wirken, aber auch deprimierend. Konkurrenz spricht meines Wissens Jungen mehr an als Mädchen.
Gruss Michael
Dänische oder deutsche Schule?
- Lars J. Helbo
- Mitglied
- Beiträge: 7370
- Registriert: 23.06.2002, 22:08
- Wohnort: Sall
- Kontaktdaten:
Eine erste Eingrenzung wäre die Zielgruppe einigermaßen sinnvoll zu definieren und zu beschreiben. Davon kann aber bisher keine Rede sein. Man spricht von "zweisprachige Kinder". Keiner weis aber so richtig, was damit gemeint ist. Je nachdem worum es geht kann es zweisprachige Kinder, fremdsprachige Kinder oder Kinder aus sozial belastete Wohngegenden sein.
So lange man absolut keine Ahnung hat, um welche dieser drei sehr verschiedene Gruppen es geht, dann kann man doch keine sinnvolle Aussagen machen, ob für diese Kinder Muttersprachenunterricht eine gute Maßnahme ist. Es könnte doch sein, daß es für die eine Gruppe gut wäre aber für die andere nicht. Wie will man das untersuchen, wenn man zwischen den Gruppen nicht unterscheidet?
Was der IT-Teil von Pisa angeht, dann geht es hier nicht um "methodischer Kompromisse". Es geht um wissenschaftliche Unredlichkeit. Es werden in der Konklusion Behauptungen aufgestellt, wofür es in der Untersuchung nicht die geringste Grundlage gibt. (Es geht ja nicht nur um die Methode, die falsch gewählt und stümperhaft ausgeführt ist, es geht auch um eine sehr merkwürdige statistische Auswertung, die ich eigentlich als Betrug bezeichnen würde). Wer als Wissenschaftler so etwas tut, hat seine Glaubwürdigkeit ein für alle mal verspielt.
Ich weis nicht, ob die andere Teile der Untersuchung besser oder schlechter sind. Ich bin nicht qualifiziert das in Detail zu beurteilen. Wenn aber der Teil, den ich fachlich beurteilen kann, derart haarsträubend schlecht ist, wie soll ich dann Vertrauen an die Teile, die ich nicht beurteilen kann, haben?
Davon abgesehen muß ich auch gar nicht die andere Teile bewerten. Wissenschaftliche Unredlichkeit muß nur einmal nachgewiesen werden.
Es kann meinetwegen gerne sein, daß mit Pisa etwas ganz anderes gedacht war. Das kann ich unmöglich wissen. Wenn es primär darum ging, die Schulen innerhalb eines Landes zu vergleichen, dann verstehe ich allerdings nicht, warum man eine Internationale Untersuchung durchführt?
So lange man absolut keine Ahnung hat, um welche dieser drei sehr verschiedene Gruppen es geht, dann kann man doch keine sinnvolle Aussagen machen, ob für diese Kinder Muttersprachenunterricht eine gute Maßnahme ist. Es könnte doch sein, daß es für die eine Gruppe gut wäre aber für die andere nicht. Wie will man das untersuchen, wenn man zwischen den Gruppen nicht unterscheidet?
Was der IT-Teil von Pisa angeht, dann geht es hier nicht um "methodischer Kompromisse". Es geht um wissenschaftliche Unredlichkeit. Es werden in der Konklusion Behauptungen aufgestellt, wofür es in der Untersuchung nicht die geringste Grundlage gibt. (Es geht ja nicht nur um die Methode, die falsch gewählt und stümperhaft ausgeführt ist, es geht auch um eine sehr merkwürdige statistische Auswertung, die ich eigentlich als Betrug bezeichnen würde). Wer als Wissenschaftler so etwas tut, hat seine Glaubwürdigkeit ein für alle mal verspielt.
Ich weis nicht, ob die andere Teile der Untersuchung besser oder schlechter sind. Ich bin nicht qualifiziert das in Detail zu beurteilen. Wenn aber der Teil, den ich fachlich beurteilen kann, derart haarsträubend schlecht ist, wie soll ich dann Vertrauen an die Teile, die ich nicht beurteilen kann, haben?
Davon abgesehen muß ich auch gar nicht die andere Teile bewerten. Wissenschaftliche Unredlichkeit muß nur einmal nachgewiesen werden.
Es kann meinetwegen gerne sein, daß mit Pisa etwas ganz anderes gedacht war. Das kann ich unmöglich wissen. Wenn es primär darum ging, die Schulen innerhalb eines Landes zu vergleichen, dann verstehe ich allerdings nicht, warum man eine Internationale Untersuchung durchführt?
[url=http://www.helbo.org]www.helbo.org[/url] - [url=http://www.sallnet.dk]www.sallnet.dk[/url] - [url=http://www.salldata.dk]www.salldata.dk[/url] - [url=http://friskole.netau.net]www.frijsendal.dk[/url]
Liv uden Bevægelse kan være godt nok for gulerødder og kålhoveder, som ikke er bedre vant. - N.F.S.Grundtvig
Liv uden Bevægelse kan være godt nok for gulerødder og kålhoveder, som ikke er bedre vant. - N.F.S.Grundtvig
Um mal auf die eigentliche Frage zu antworten...
Ich bin selbst auf dänische Schulen (Jes-Kruse-Skolen Kiel/Egernførde, Duborg-Skolen Flensborg) im Landesteil Schleswig gegangen, obwohl ich nicht in einem dänischen (sondern türkischen!) Kindergarten war. Mein Dänisch war also bescheiden, als ich eingeschult wurde. Eltern sollten sich im klaren darüber sein, daß das ein Nachteil ist, und sich überlegen, wie man darauf reagieren kann. Mein Vater, der aus einer deutsch-nordischen Familie stammt, hat drei Mal in meiner Schulzeit Aufenthalte von 1-3 Monaten an dänischen Schulen (2xRoskilde, 1xAalborg) für mich organisiert, so daß ich schnell besser dänische Sprache und Kultur kennenlernen konnte. Seit fast sechs Jahren lebe ich nun in Dänemark.
Zu den einzelnen Punkten, die hier angesprochen worden sind:
1. Dänische Schule haben KEINEN geringeren Leistungsdruck. Das ist eine skrøne, die sich schon ewig hält. Wenn überhaupt ist der Druck - auf jeden Fall aber die Stundenzahl - HÖHER als an vielen deutschen Schulen, denn man muß zwei Sprachen auf Muttersprachenniveau können. Besonders wenn man kein Dänisch kann, ist man höherem Druck ausgesetzt. Ein Nachteil muß das aber nicht sein.
2. Dänische Absolventen sind so gut oder schlecht wie andere auch. Mag sein, daß es irgendwo Vorurteile über sie gibt, Vorurteile gibt es immer und überall.
3. Wieso sollte man grammatikalische Probleme haben, weil man auf eine dänische Schule geht / ging? Man muß den selben Stoff durcharbeiten, wie an jeder deutschen Regelschule.
4. Lars nennt einen wichtigen Punkt: Wenn, dann müßt Ihr mitziehen. Dänisch lernen, in dänischen Vereinen aktiv sein, Flensborg Avis abonnieren etc.. Die dänischen Schulen im Landesteil Schleswig sind die Schulen einer Minderheit, nicht Sprachschulen für weltoffene Eltern.
5. Dieter beschreibt die Deutsche Nachschule Tingleff, eine besonderer Fall, nicht vergleichbar mit den dänischen Schulen im Landesteil Schleswig.
6. Zu Ursel: Die dänischen Schulen in Südschleswig sind nicht vergleichbar mit dem dänischen System in Dänemark. Es wird im Unterschied zu deutschen Schulen erst nach der 6. Klasse getrennt (ähnlich wie in NI früher). Allerdings wird immer mehr in Gesamtschulen unterrichtet. So ähnelt das südschleswigsch-dänische System immer mehr dem dänischen in Dänemark. Es bestehen aber immer noch erhebliche Unterschiede, z.B. 13 Jahre bis zum Abitur. Nicht zuletzt wird das gymnasiale Oberstufensystem, das gerade mit viel Tamtam in SH eingeführt wird, gerade in DK abgeschaft: Stattdessen führt man in DK mit viel Tamtam ein, was man gerade in SH abschafft...
7. Ich bin uneins mit Dir, Michael: Ich halte es für einen großen Vorteil, auf einer Schule der Minderheit zu sein. Die deutschen Schulen in Nordschleswig geben zweisprachige Abschlüsse, wie die dänischen in Südschleswig. Auch lernt man natürlich viel über beide Länder. Die jeweiligen Mehrheitsschulen sind (natürlich) viel einseitiger. Hätte ich Kinder im Grenzland, würde ich ihnen keine Wahl lassen: Minderheitenschule.
Ich bin selbst auf dänische Schulen (Jes-Kruse-Skolen Kiel/Egernførde, Duborg-Skolen Flensborg) im Landesteil Schleswig gegangen, obwohl ich nicht in einem dänischen (sondern türkischen!) Kindergarten war. Mein Dänisch war also bescheiden, als ich eingeschult wurde. Eltern sollten sich im klaren darüber sein, daß das ein Nachteil ist, und sich überlegen, wie man darauf reagieren kann. Mein Vater, der aus einer deutsch-nordischen Familie stammt, hat drei Mal in meiner Schulzeit Aufenthalte von 1-3 Monaten an dänischen Schulen (2xRoskilde, 1xAalborg) für mich organisiert, so daß ich schnell besser dänische Sprache und Kultur kennenlernen konnte. Seit fast sechs Jahren lebe ich nun in Dänemark.
Zu den einzelnen Punkten, die hier angesprochen worden sind:
1. Dänische Schule haben KEINEN geringeren Leistungsdruck. Das ist eine skrøne, die sich schon ewig hält. Wenn überhaupt ist der Druck - auf jeden Fall aber die Stundenzahl - HÖHER als an vielen deutschen Schulen, denn man muß zwei Sprachen auf Muttersprachenniveau können. Besonders wenn man kein Dänisch kann, ist man höherem Druck ausgesetzt. Ein Nachteil muß das aber nicht sein.
2. Dänische Absolventen sind so gut oder schlecht wie andere auch. Mag sein, daß es irgendwo Vorurteile über sie gibt, Vorurteile gibt es immer und überall.
3. Wieso sollte man grammatikalische Probleme haben, weil man auf eine dänische Schule geht / ging? Man muß den selben Stoff durcharbeiten, wie an jeder deutschen Regelschule.
4. Lars nennt einen wichtigen Punkt: Wenn, dann müßt Ihr mitziehen. Dänisch lernen, in dänischen Vereinen aktiv sein, Flensborg Avis abonnieren etc.. Die dänischen Schulen im Landesteil Schleswig sind die Schulen einer Minderheit, nicht Sprachschulen für weltoffene Eltern.
5. Dieter beschreibt die Deutsche Nachschule Tingleff, eine besonderer Fall, nicht vergleichbar mit den dänischen Schulen im Landesteil Schleswig.
6. Zu Ursel: Die dänischen Schulen in Südschleswig sind nicht vergleichbar mit dem dänischen System in Dänemark. Es wird im Unterschied zu deutschen Schulen erst nach der 6. Klasse getrennt (ähnlich wie in NI früher). Allerdings wird immer mehr in Gesamtschulen unterrichtet. So ähnelt das südschleswigsch-dänische System immer mehr dem dänischen in Dänemark. Es bestehen aber immer noch erhebliche Unterschiede, z.B. 13 Jahre bis zum Abitur. Nicht zuletzt wird das gymnasiale Oberstufensystem, das gerade mit viel Tamtam in SH eingeführt wird, gerade in DK abgeschaft: Stattdessen führt man in DK mit viel Tamtam ein, was man gerade in SH abschafft...
7. Ich bin uneins mit Dir, Michael: Ich halte es für einen großen Vorteil, auf einer Schule der Minderheit zu sein. Die deutschen Schulen in Nordschleswig geben zweisprachige Abschlüsse, wie die dänischen in Südschleswig. Auch lernt man natürlich viel über beide Länder. Die jeweiligen Mehrheitsschulen sind (natürlich) viel einseitiger. Hätte ich Kinder im Grenzland, würde ich ihnen keine Wahl lassen: Minderheitenschule.
Zuletzt geändert von DavidNH am 06.01.2006, 09:22, insgesamt 2-mal geändert.
Guten Morgen, David!
Danke für die Antwort auf meine Überlegung, ob dänische Schulen in Dtld. mit dänischen Schulen in DK vergleichbar sind.
Dann nehme ich Deine Antwort und setze dennoch hinzu, daß zumindest die Volksschuljahre (die deutlich länger als in deutschen Schulen sind und allein dadurch verlagert sich ja zumindest einiges an Erfolgszwang, wie ich ihn in deutschenGrundschulen bereits spüre) an dänischen Schulen in DK weniger mit Leistungsdruck arbeiten - aber ich kann mir durchaus vorstellen, daß dies an dänischen Schulen in Dtld. etwas anders ist, da sie dem Vergleich mit deutschen Schulen ja leichter ausgesetzt sind.
Jedenfalls finde ich Deine Ausführungen generell sehr interessant, dakne dafür!
Einen guten Start ins Wochenende für alle - Ursel, DK
Danke für die Antwort auf meine Überlegung, ob dänische Schulen in Dtld. mit dänischen Schulen in DK vergleichbar sind.
Dann nehme ich Deine Antwort und setze dennoch hinzu, daß zumindest die Volksschuljahre (die deutlich länger als in deutschen Schulen sind und allein dadurch verlagert sich ja zumindest einiges an Erfolgszwang, wie ich ihn in deutschenGrundschulen bereits spüre) an dänischen Schulen in DK weniger mit Leistungsdruck arbeiten - aber ich kann mir durchaus vorstellen, daß dies an dänischen Schulen in Dtld. etwas anders ist, da sie dem Vergleich mit deutschen Schulen ja leichter ausgesetzt sind.
Jedenfalls finde ich Deine Ausführungen generell sehr interessant, dakne dafür!
Einen guten Start ins Wochenende für alle - Ursel, DK