Hendrik77 hat geschrieben:
Hier nochmal was anderes zum Thema nationale Lösung.
http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag/video/2658156/Brief-Beschwerer ab Minute 2:50.
Venlig hilsen
Hendrik77
Den Kopf in den Sand stecken und die Problembewältigung zurückverlager werden wir nicht können.
Die Flüchtlinge sind da und es werden wohl noch mehr kommen.
Das Problem bzw. die Aufgabe "Flüchtlinge" wird gelöst werden müssen. Und dazu werden viele Maßnahmen gehören müssen und zwar
sowohl in den Staaten, aus denen die Flüchtlinge kommen als auch in den Staaten, in die die Flüchtlinge ziehen. Gelingen wird diese Aufgabenbewältigung aber nur in gemeinsam abgestimmter Aktion möglichst aller europäischen Zielländer Zielländer.
Eine restriktive Abschottungspolitik inclusive eventueller Grenzschließung wird auf Dauer nicht funktionieren und wenn dann auch nur mit Hilfe der angrenzenden Staaten. Was wollten die Staaten, die ihre Grenzen "dicht" machen wohl für Maßnahmen ergreifen, wenn Grenznachbarn die Flüchtlinge durchwinken und die Flüchtlinge an einer bereits "dicht" gemachten Grenze Einlass begehren? Zaun, Mauer, Waffengewalt?
Mal abgesehen davon, dass es Grenzen, die über das Meer erreicht werden können nur sehr schwer abzuschotten sind.
Und auch darüber kann man ruhig mal nachdenken, auch wenn es unbequem ist.
Schuldzuweisungen an heutige Politik sind leicht getan, die Ursprünge der Misere liegen allerdings weiter zurück und ganz ohne Folgen für die Gegenwart und Zukunft wird es wohl für alle nicht bleiben:
Die größte Chance der Massenwanderung wäre wohl, dass sich Europa ehrlich machte. Sie ist Folge einer jahrzehntelangen Verschleppung und Verschiebung von Konflikten, die der Alten Welt gnadenlos auf die Füße fallen.
In Afrika und im Mittleren Osten sowie auf dem Balkan haben wir sie durch Waffenlieferungen, falsche Interventionen, aber auch durch Wegsehen und Kopfeinziehen eskalieren lassen. Die ökonomische und kulturelle Weltgesellschaft entpuppt sich nicht als Einbahnstraße und hält die Verlierer genauso wenig wie Touristen und Geschäftsreisende an Staaten- grenzen auf.
Wir haben uns mit Diktatoren arrangiert, die uns die Flüchtlinge vom Hals halten sollten, und wir haben die Erderwärmung geschehen lassen, die in vielen Küsten- und Hitzeregionen unerträglich geworden ist und weitere Millionen Menschen aufbrechen lassen wird. Das Leben auf der ethnisch und (a)religiös homogenen Wohlstandsinsel ist passé, die Welt steht in Flammen.
Zur Ehrlichkeit käme dann Bescheidenheit: Niemand verspreche jetzt Patentlösungen, alles ist chaotische Nothilfe, die nach improvisierter Normalisierung und Formalisierung ruft. Dazu gehören die sofortige Legalisierung der in Deutschland gelandeten Flüchtlinge, mehr mobile Hilfen durch Technisches Hilfswerk, Bundeswehr und Freiwillige (eine Prozedur, die wir in weit entfernten Katastrophengebieten binnen drei Tagen auf die Beine stellen) und die Provisorien winterfest zu machen.
...
Der Status quo ist nicht zu retten. Die Idee der „schwarzen Null" in der Haushaltspolitik, im Blick auf Generationengerechtigkeit vielleicht nachvollziehbar, ist bereits Makulatur, die Korrektur der sozialen Spaltung durch Mindestlöhne wird unter Stress geraten. In den ersten Jahren werden Flüchtlinge mehr kosten, als sie mittel- und langfristig für sich, die Volkswirtschaften wie für die Sozial- und Rentenkassen erarbeiten.
Deshalb muss das neoliberale Dogma niedriger Einkommens-, Unternehmens- und Erbschaftsteuern fallen. Einwanderungspolitik benötigt Ressourcen, die nicht von den ohnehin Benachteiligten abgezogen werden dürfen. Masseneinwanderung ist die neue Wirklichkeit. Sie wird heftig und gelegentlich zum Verzweifeln sein. Aber es bleibt dabei: Dies gibt Europa, dessen politische Union schon in Scherben zu liegen scheint, die Chance zum Austritt aus seiner Müdigkeit und Zerrissenheit.
Prof. Dr. Claus Leggewie, Professor ür Politikwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität Gießen ist zugleich Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen und Mitherausgeber der „Blätter für deutsche und internationale Politik“.
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http://www.huffingtonpost.de/claus-leggewie/wohlstandsinsel-europa-fluechtlinge_b_9048134.html