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Verfasst: 09.01.2004, 13:58
von Ursel
Hej Ulrike!
Mit der Adoption - das war ich --- es gibt da so einige punkte in der behandlung von Kindern, die mich immer wieder zweifeln, wie kinderfreundlicher DK nun wirklich ist.
(wobei ich entscheidende Vorteile für meine Kinder hier in DK sehe, ein großer Grund für mich, hier statt in Dtld zu leben)
Das war aber genau der Punkt, Ulrike: daß es überall Vor- und Nachteile gibt, also auch in Dtld. Vorteile!
Scheint bei manchen inzwischen im Zuge der vielen (nötigen) Sparmaßnahmen auch in Vergessenheit zu geraten.
In einem anderen Forum schwärmte neulich jemand dolle von den skandinavischen Kinderbaufsichtungsstätten - jaja, aber gratis sind die eben auch nicht.
Louises deutsche Patin rief vorhin an und kam auch darauf zu sprechen,daß sie es langsam leid sei, daß ALLE wirklich nur noch jammern und niemand mehr etwas Positives an Dtld. sehen kann.
Zumindest was das Gesundheitswesen angeht hoffe ich wirklich, daß weder ich noch meine Familie hier mal ernsthaft krank werden - in vielen Dingen ist es hier noch Entwicklungsland, vieles ist viel teurer und die Leistungen weit unter denen der deutschen (und ich habe sogar in meiner Zeit noch leider mal im deutschen Kankenhaus liegen oder Kinder dort behandeln lassen müssen.)
Wir haben aus der Nähe sowohl hier in DK als auch in Dtld. Adoptionsverfahren erlebt - mir sind auch grobe Fehler des deutschen Systems (Wohlgemerkt, ich rede nicht von Einzelpersonen, sondern der Gesetzgebung) bekannt, aber ich halte es im Vergleich für humaner.
Und das liegt u.a.auch daran, daß hier der Staat - wie im Sozialismus geplant - weitgehend die Verantwortung für das Wohl übernimmt. Das zeigt sich übrigens auch darin, daß Eltern/Kinder nach Volljährigkeit nicht mehr gegenseitig unterhaltspflichtig sind.
Hat alles seine zwei Seiten --- vor allem muß es dann eben öffentlich finanziert werden.
Auch sonst verlassen sich eben viele in vielem auf den Staat - und der hat dadurch auch ein großes "Mitspracherecht".
Wenn ich mich recht erinnere, wurde dies auch in der Diskussion um den Film "Good-bye Lenin" erörtert - lest mal nach, sehr interessante Beiträge (eben nicht nur zum Film).
Erst neulich hat der jetzige Staatschef Fogh Rasmussen wieder betont, daß die dänischen Bürger mehr Eigenverantwortung übernehmen müßten und Eigenintiative entwickeln (damit ist bereits Uffe Ellemann Jensen als sein Vorgänger vor etlichen Jahren in den Wahlkampf gezogen).
Arbeit ist gerade in DK ein wichtiges Standbein, wenn auch kein Garant, so doch eine Hilfe auch für soziale Kontakte.
Aber 1 Tag, nachdem in den dt. Nachrichten gemeldet wurde, die Arbeitslosigkeit in Dtld. habe den höchsten Stand seit 6 Jahren, kam in den dänischen Nachrichten,die Arbeitslosigkeit habe hier in DK den höchsten Stand seit 5 Jahren. Umso wichtiger also, sich gut umzuschauen.
Andy, Deine Vorbereitung klingt ja optimal --- näer kommt man an die Realität vermutlich eben nicht ran --- ein letzter Rest Risiko wird immer bleiben, und auf eine Art ist das eben auch gut so.
Birgit, mein Mann war in einem Behördenverlauf hier in Dk mal drauf und dran, nach Dtld. (zurück-)zuziehen - damals habe ich ihn gebremst, weil für michdie Vorteile immer noch überwogen.
Wir sind aber generell eigentlich eher der Typ, der vor Ort was verändert und erreichen möchte statt das Handtuch zu werfen.
(Was sich auch in Plänen zur Gründung einer Friskole äußerte, als es schulisch hier schwierig war. Ist leider nichts geworden, aber im Verlauf habe ich sehr viel gelernt und bei manchen Dingen gestaunt, wie Dänen da mit Demokratie und Schule und Bildung umgehen. Sehr beeindruckend.)
So, die Küche ruft auch mal ein bißchen -- Ursel im grauen kalten DK
Verfasst: 09.01.2004, 14:13
von Corinna
Hallo,
tolle Beiträge wieder u.a. von Michael und Ursel. Ich kenne übrigens einige der Rückwanderer, die Michael angesprochen hat. Ich habe sie besonders auf der deutsch/dänischen Schule in Kopenhagen getroffen. Das Argument, was ich am meisten gehört habe, ist das es ihnen zu teuer ist. Viele sind von deutschen Firmen nach Dänemark verschickt,manche würden dann nach 3 Jahren ( mit geringerem Steuersatz aufgrund der Verschickung)gerne länger dort bleiben, doch hätte sich ihr Lebensstandard aufgrund der dann hohen Normalsteuern stark verschlechtert.
Kurz unsere Geschichte:
Wir sind damals auch ganz jung nach DK gekommen, haben anfänglich studiert, beide gearbeitet, gut integriert, alles klappte toll. Dann kamen Kinder hinzu und damit verschlechterten sich unsere finanziellen Möglichkeiten und familiären Wünsche stark. Zeit für die Kinder zu haben war ein Luxus, den man sich mit viel Konseuenz ersparen konnte. Hart war aber auch, ständig verteidigen zu müssen, dass man mit seinem Baby länger als 6 Monate zuhause bleiben möchte und auch dann nur Teilzeit arbeiten gehen. Nach dem 2. Kind war auch unser Entschluss gefasst, dass wir gerne nach Deutschland zurückgehen wollten.Vieles sprach dafür, manches dagegen, doch eine Arbeitsstelle war die Voraussetzung. Mein Mann hat fleissig Bewerbungen geschrieben, doch dann kam der 11. September und aus mehreren Jobversprechungen wurde dann doch ein Nein, da die wirtschaftlichen Probleme begannen. Nach 1½ Jahren hörten wir langsam auf, denn um jeden Preis, wollten wir Dänemark auch nicht verlassen. Wir richteten das kleine Haus auch für 3 Kinder praktisch ein.
Doch es geht nicht immer nach Wunsch und wenn man es sich noch so sehr vornimmt (leider Anniki!) Arbeit ist eines der wichtigsten Voraussetzungen, vor allem, wenn man Kinder hat. 5 Monate nach der Geburt von Nr 3 bekam mein Mann Bescheid, dass seine Firma schliesst und alle Mitarbeiter entlassen sind. Nochmals wurde das Deutschland Thema aktuell. Mein Mann hat sofort fleissig Bewerbungen geschrieben, nach Deutschland und ganz Dänemark. Doch da er gerne in seinem Beruf bleiben wollte, liess sich auch hier nicht nach Wunsch verfahren. Kurz und gut sind wir jetzt von Kopenhagen in eine kleine Stadt nach Jütland gezogen. Wir sind froh, dass er gute Arbeit bekommen hat, da es für uns die Lebensgrundlage ist. Aber auch dieser Umzug ist ein absoluter Neuanfang für uns alle. Die Mentalität der Seeländer und Jütländer ist auch verschieden, wie wir schnell bemerkten. Integriert fühlen wir uns, aber trotzdem fängt man mit allem von vorne an, was nicht immer leicht ist. Man muss sich "als doch eben etwas Ausländer" wieder von Neuem erklären.
Ich habe mich inzwischen damit versöhnt, den Rest meines Lebens hier zu verbringen. Inzwischen fällt es mir nicht schwer, durch die neutrale Brille zu schauen, doch leicht war es nicht immer. Es dauerten Jahre und wir sind gestärkt worden. So ¨schmücken wir wie die Dänen mit Flaggen die Torte, doch an unseren Tannenbaum würden wir auch keine dänischen Flaggen hängen. Durch den Umzug nach Jütland ist es jetzt noch leichter bzw. näher, den Einkauf in D zu erledigen und es ist ohne Brücke preiswerter, mal eben nach den älter werdenden Eltern zu schauen. Auch das wurde ein Faktor für uns, den wir anfangs nie bedacht haben.
Ich teile ebenfalls die Meinung, dass ein Umzug nach Dänemark mit ganzem Herzen erfolgen muss. Ich persönlich fände ständiges Hin- und Her für eine Familie unzumutbar. Wie alles für Euch werden wird, könnt ihr erst nach einigen Jahren hier beurteilen. Ansprüche und Verhältnisse ändern sich auch mit dem Alter und den Bedingungen.
Ich würde ebenfalls gerne wissen, wohin nach Dänmerk ihr gerne ziehen möchtet? Zwischen Seeland und Jütland gibt es auch viele Unterschiede. In einem Dorf in Jütland gibt es tolle, preiswerte Häuser, doch wird man schnell von 2 Autos abhängig und die sind in DK leider fast mit Gold aufzuwiegen.
Macht Ihr Eure Umzüge allein vom Arbeitsort abhängig ?
Bitte versteht mich nicht falsch, ich bin keiner, der meint, dass eine Frau ganz zuhause bleiben sollte und daher hier Probleme bekommt. Ich habe selber fast immer mit Kindern Teilzeit mitgearbeitet und finde, dass ein Stück Wahlmöglichkeit vorhanden sein sollte.
Euch viel Glück und viel Grüsse von Corinna
Verfasst: 09.01.2004, 14:33
von annikki
Liebe Ulrike !
Also, ich weiss nicht, wie es bei den IT-Leuten die Arbeitslosigkeit aussieht, aber ich weiss, dass viele sehr gute IT-Kräfte mit lanjähriger superguter Erfahrung hier arbeitslos sind.... ich mag's dir irgendwie gar nicht schreiben, aber so isses! Und wenn man dann als Bewerber endlich in die engere Wahl kommen möchte, dann kann man ja mal seine Gehaltsvorstellungen als erstes runterschrauben.....hmmm, hab ich zwar nicht selbst erlebt, aber man hört viel ( ich unterrichte hier an einer technischen Fachhochschule, hab also reichlich Berührungspunkte).
Und kurz zu Michael: Das, was ich nicht mag, das ess oder trinke ich nicht, und ich glaub nicht, dass mich die Dänen deswegen mehr oder weniger mögen...
Ich passe mich an, wo es okay ist, ansonsten bring ich meine Meinung an und begründe sie und erkläre wie ich denke, wenn ich was nicht verstehe, frage ich, warum sie es anders sehen und lass es mir erklären.
Der umgangston ist hier ausgesprochen freundlich, das macht es leicht.
Und ich liebe stundenlange Diskussionen über ale möglichen Themen, liebe Wortspiele, auch und besonders auf dänisch, und den Dänen gefällt es, wenn ich treffsicher auf dänisch kontern kann. Aber immer mit einem Lachen im Auge, nie irgendwie anmachend. Die Dänen lachen gerne, und sie können auch noch lachen, wenn man ihnen denen den Spiegel vorhält. Ich lach auch gern über mich selbst und meine Fehler, die ich natürlich auch habe und auch mache.
Liegt vielleicht auch daran, dass ich überwiegend mit Studenten aus Dänemark und aus anderen Ländern zusammenarbeite, das ist ein duftes Arbeitsklima.Da seh ich dann nicht nur die deutsche und dänische Seite, sondern auch die finnische, norwegische, schwedische, russische, türkische, holländische, österreichische usw, das ist jetzt eine zufällige Reihenfolge

)
Und, Ulrike, schwedisch und norwegisch sind genauso "einfach" zu erlernen wie dänisch, wenn nicht sogar einfacher, die Norweger schreiben so wie sie reden, das ist von den Dänen ja absolut nicht zu behaupten

)
Liebe Grüße aus DK Birgit
@Ursel: ich stürz mich gleich auf deine mail!
Verfasst: 09.01.2004, 14:35
von Corinna
Hallo,
erst Ulrike: manche Fragen hast Du schon beantwortet, doch ich habe soeben erst Deinen Artikel gelesen.
Wir wollten damals auch lieber nach Norddeutschland als in den Süden. Ich kann Deine Gefühle sehr gut teilen, dass die dänische Mentalität der Norddeutschen näher ist.
Wenn Ihr die Arbeitssuche als Vorraussetzung nehmt und dein Mann vielleicht sogar in DK in seinem Beruf Arbeit finden kann und die Finanzen dann stimmen, kann ich Eure Überlegungen verstehen.
Ich dachte, dass die Kinderfeindlichkeit der treibende Grund sei. Worin in D empfindest Du die Feindlichkeit besonders?
Nein, Deutschland ist eben nicht nur schlecht. Hier in DK müssen auch Medikamente für Kinder bezahlt werden, die in D frei sind und viele Medikamente gibt es nicht. Es gibt auch Dänen, die über laute Kinder meckern.
Ursel möchte ich gerne bestätigen, was das Krankensystem hier betrifft. Mit der Zeit kann man allerdings lernen, sich durch dieses System zu boxen.
Ursel schrieb noch, dass Eltern/Kinder nach dem 18 Jahren nicht mehr unterhaltspflichtig sind. Das gilt für Dänen. Wir als Deutsche leben zwar in Dänemark, sind aber unseren Eltern in D immer noch verpflichtet. D.h. müssen sie in ein Altersheim und können nicht zahlen, zieht man auch uns über die Botschaft heran, obwohl wir die hohen dänischen Steuern bezahlt haben!
Was die Kinder betrifft, so werden viele Studenten hier trotz der Unterstützung des Staates von ihren Eltern unterstützt, weil das Geld sonst nicht reichen würde. Besonders in Grosstädten ist Wohnort nicht mehr erschwinglich!
Grüsse von Corinna
Verfasst: 09.01.2004, 14:51
von annikki
Hallo Corinna 1
Habe gerade deinen Beitrag gelesen. Gut dass du darauf aufmerksam machst, dass die Seeländer anders sind als die Jütländer, und die "fynboer" ja eigentlich auch!
Hmm, hatte immer gedacht, dass Albertslund zwischen Roskilde und Kopenhagen liegt, naja...
Auch wir haben hier in unserem kleinen Ort 2 Autos, sonst könnten wir nicht zur Arbeit kommen..... und das kostet! mein Peugeot ist jetzt 10 Jahre alt und der muss noch halten, und der Ford Sierra meines Mannes hat fast 20 jahre drauf..... Die Autopreise sind hier sehr hoch, das liegt an den Abgaben, ein neues liegt absolut nicht drin, nicht bei diesen Preisen und nicht bei diesen Steuern!
Viele liebe Grüße Birgit
Verfasst: 09.01.2004, 14:57
von Corinna
Hallo Birgit,
Albertslund liegt auch bei Kopenhagen, aber wir sind inzwischen nach Bjerringbro gezogen.......das ist nur noch nicht berichtigt worden.
Grüsse von Corinna
Verfasst: 09.01.2004, 15:09
von annikki
Hallo Corinna !
Okay, aber jetzt habt ihr meine Geograhie-Schwäche eh aufgedeckt, auch nach sooo vielen Jahren hier in DK bin ich oftmals unsicher, wo eine bestimmte Stadt liegt, wenn ich noch nicht da war...
Ach ja, da können wir auch gleich nochmal hervorheben dass es hier ganz normal ist, nach 6 Monaten Babyurlaub wieder Vollzeit zu arbeiten! Hab ich aber nicht gemacht, sooo schnell sollten die Kleinen also nicht in eine Institution oder zu ner Tagesmutter. Klar kommen da schon mal Fragen und man erntet auch verwunderte Blicke, aber Kinder kriegen, um sie gleich von morgens bis abends beaufsichtigen zu lassen ? Ne, das war nicht mein Ding! Da muss man sich halt durchsetzen und seine eigene Meinung vertreten.
Kærlig hilsen Birgit
Verfasst: 09.01.2004, 16:26
von MichaelD
Um das noch gradzubiegen: Ich esse auch nicht die Schweineschwarten, Ketchupbrote, Fertigsahnetorten, Schweineleberpasteten, giftgelben Dressings usw. Aber ich bin dabei, serviere Gästen was offenbar absolut notwendig ist, achte (innerhalb gewisser Grenzen) die Konformitätsbedürfnisse meiner Kinder - und lächle wohlwollend.
Ich sehe das nicht als Selbstaufgabe oder Integration um jeden Preis. Da wäre ich auch dagegen - man muss festhalten, was einem wirklich wichtig ist. Aber ich weiss doch auch, dass man in DK nirgends hinkommt, wenn man durch Reden, Körpersprache, Verhalten oder regelmässige Abwesenheit Dünkels verdächtigt wird. Auch was die Ausländerpolitik angeht, ist die Stimmung heute die, dass man schnell als elitär oder aber irrelevant betrachtet wird, wenn man den grassierenden Pseudoerkenntnissen widerspricht oder kollektive Grundüberzeugungen vom besten aller Staaten in Frage stellt.
Verfasst: 09.01.2004, 16:50
von Ursel
Hej Michael!
Das war gut formuliert!
Hilsner aus dem "besten aller Staaten" - Ursel
Verfasst: 09.01.2004, 16:57
von annikki
Hej Michael !
Ganz deutliche Worte deinerseits, die es genau auf den Punkt bringen.
Schöne Grüße aus Jütland von Birgit
Verfasst: 09.01.2004, 19:19
von tigres
Hallo Ursel!
Was verstehst du unter "deutscher Identität"? Vielleicht kann ich mich dann nach D oder DK einordnen, kommt darauf an wieviele Punkte noch auf mich zutreffen.
Gruss Dieter
Verfasst: 09.01.2004, 20:01
von Ursel
Hej Dieter!
ich fürchte, das mußt Du für Dich selber finden - manche haben sie vielleicht auch gar nicht - jemand, der wie Andy dann in recht jungen jahren auswandert, hat sicher weniger davon als ich, die ich immerhin Mitte Ende 30 war.
ich verstehe darunter das, was mich all die Jahre vorher geprägt hat, meine Kindheit und Jugend, die Dinge, die ich im Elternhaus, KIGA, Schule und berufsleben sowie im Umgang mit anderen Mitmenschen - eben auch überwiegend Deutschen - gelernt habe - gemeinsame Verhaltensmuster und das sog. Allgemeinwissen unterscheidet sich dann eben doch in einigem von dem, was hier als solches gilt.
Da ist die (platte? Erinnerung an die ersten deutsche Hits, die ich kannte - hier hatte mein Mann eben andere, die ich nicht.
ich höre gern einen Oldiesender (natürlich mit vielen gemeinsamen englischen Hits von früher), aber kommen die dänischen Hits - dann muß ich ja passen.
Ebenso bei vielen Filmen - mir sagen eben - bitte nicht grienen, ist nur ein Beispiel, aber es läuft so schön parallel - Heinz-Erhardt-Filme mehr als Dirch-Passer-Filme.
Grimms Märchen sind mir aller Kenntnis der dänischen Märchen näher als Andersens; die dänische Gescihchte habe ich nicht in der Schule gelernt, sondern deutsche kleinere Schamützel; Otfried Preußler kannte ich eher und besser als Ole Lund Kirkegaard; Goethe bedeutete mehr als Sören Kierkegaard etc.
Nicht, daß das nun täglich in mein Leben wirkt, aber es hat mich eben geprägt, so wie Dänen durch ihre Dinge ihre dänische Identität haben.
Und gerade jetzt, wo meine Kinder in die Schule gehen, merke ich (und bin auch teils traurig, teils gespannt, teils froh je nachdem), daß das, was ich deutsche Kultur nenne, eben weitgehend von mir kommen muß - auch z.B. die Bewältigung des schweren Themas 3. Reich-Hitler-Judenverfolgung --- wird man hier wirklich etwas über den 20. Juli, später über den Mauerbau und -fall lernen (schon jetzt zeigt die Diskussion um den Film "Goodbye Lenin" und ein gespräch, das ich mit einer 30j. Dänin darüber führte,die beim Mauerfall in Dtld. lebte, welche Unterschiede es da gibt.)
Deutsche Identität - die wird bei jedem anders geprägt --- je nachdem, was er eben in seiner Kindheit und Jugend und dem späteren deutschen Leben erfahren hat - aber je mehr man damit gelebt und sein Leben darauf weiterentwickelt hat, umso mehr bleibt sie sicher auch bei einem Umzug in ein anderes Land.
Und aus z.B. historischen Zusammenhängen ergibt sich eben auch eine verschiedene politische haltung - wenn ich Individualität als Vorteil ansehe, weil meine Kinder (und andere) dann hoffentlich nicht so blind einem Volksverführer hinterherlaufen, so wird Individualität hier sehr mißtrauisch beäugt und mit Egoismus verwechselt, weil man eben ein gesammeltes, einiges Volk braucht, um sich gegen einen starken Nachbarn ggf. wieder auflehnen zu können.
Wie gesagt sehe ich den Ursprung des jantelov auch in dieser Geschichte, nicht nur im Sozialismus der früheren Jahre.
Deutsche Identität, dazu gehört das Essen, mit dem ich groß geworden bin - dazu gehören die Kirchenlieder, die ich (nicht nur ) zu Weihnachten gesungen habe, dazu gehören Kinderreime, Kinderspiele, die eher naturheilkundliche Behandlung von Allerweltskrankheiten (Tees etc.) etc.
Und ich habe wirklich viel davon auf dänisch gelernt, ich war die einzige Mutter, die alle Strophen der dänischen Kinderlieder in der Müttergruppe konnte - aber daß ich mich um Sprache, Traditionen, Bräuche, Sitten, Verhaltensweisen hier bemühe und mir vieles aneigne, löscht eben das andere nicht aus.
Mich bereichert das.
So wie Birgit ja schrieb: da sind dann 2 nsichten, 2 versionen, 2 Möglichkeiten, ... ich mag die eine nicht durch die andere ersetzen, und kann es auch nicht!
Da las ich übrigens heute einen kleinen Artikel in Kristligt Dagblad, daß die dän. Regierung nun die Heimsendung muslimischer oder anderer Einwandererkinder per Strafe verhindern will (und seit dem 1. Januar gesetzlich auch kann!), die zu "genopdragelse" ins alte Heimatland geschickt werden.
Die entsprechenden Länder müßten, so schloß der Verfasser, dann ja wohl auch den dänischen Eltern im Ausland die Kinderbezüge kürzen u.m., wenn die ihre Kinder zu den Großeltern entsandten oder auf dänische Sommerhochschulen (sommerhojskoler), wo sie mit dän. Sprache, Geschichte und Kultur samt dänischen "indoktrinierenden" Liedern aus dem dänischen Höjskolesangbog "genopdraget" würden.
Da wird also die dänische Identiät gepflegt und versucht zu erhalten, etwas, an was die dänischen Eltern im Ausland, die ich auf den dänischen Listen treffe, ebenso arbeiten wie ich für die deutsche.
So, ich hoffe, das klingt jetzt nicht zu wirr - nd wie gesagt, was (noch9 deutsch an irist, kann ich nicht beurteilen. ich habe immer gesagt, daß die Grade der npassung und der "Probleme" unterschiedlich sind, auch die Sicht der Dinge - daß viele der hier ebenfalls länger lebenden Dänen sie auch erfahren haben, in irgendeiner Form zeigt doch zumindest, daß es diese Unterschiede und daraus folgende Problematik gibt.
Dies allein versuchen wir ja aufzuzeigen.
Einen schönen Freitag abend an alle, hier oder in Dtld. --- Ursel, derenm Kinder gerade einen amerikanischen Film auf dem deutschen KIKA sehen - auch sowas: So herrlich Originalstimmen und Originaltexte sind und Filme mit Untertexten ---- meine Kinder sind noch uz klein, um denUntertiteln zu folgen (obwohl meine große eine ausgezeichnete leserin ist,. mußten wir ihr die harry-Potter-Untertitel vorlesen, damit sie sich auf die Bilder konzentrieren konnte - andere kinder ihres Alters k önnen die Texte noch nicht einmal schnell genug lesen).
Fernsehen ist nicht gut für Kinder - naja, ich weiß nicht, ob die dänischen Kinder dadurch nichtin ihrem Repertoire nur eingeschränkt werden, leider auch nicht immer auf qualitativ Hochstehendes...
Tja,so hat eben alles seine zwei Seiten, smil.
Verfasst: 09.01.2004, 20:47
von Kiko
Spannende Diskusion!
Ich lebe noch nicht so lange in DK, genau gesagt "erst" seit Mai 2003, aber vieles kann ich doch wiedererkennen.
Ich habe es eigentlich nie als "Auswandern" angesehen, dass ich jetzt in DK lebe. Es war einfach die logische Konsequenz aus meiner Arbeitslosigkeit in Deutschland und der Unzufriedenheit meines dänschen Mannes mit den deutschen Arbeitsbedingungen und seinen Sprachproblemen. Für mich war dieser Schritt auch nicht grösser, als zum Beispiel nach Bayern zu ziehen. Ganz im Gegenteil... Bin aber auch "sehr norddeutsch", wenn man das so bezeichnen kann, und alles was südlich der Elbe liegt ist "Dunkeldeutschland"

Im Gegensatzt zu einigen anderen halte ich Sprache für einen wichtigen Schlüssel. Und das heisst nicht, das man die Sprache sehr gut beherschen muss, bevor man nach DK komm. Aber ich finde es muss der Wille zur Bereitschaft zu erkennen sein. Das öffnet meiner Erfahrung nach viele Türen.
Ein Stück dänische "Kultur" wird einem wohl immer fehlen, wenn man nicht hier aufgewachsen ist. Das viel mir letzten Sommer bei einem Shu-bi-dua (ich weiss schon wieder nicht mal sicher, wie man das schreibt...)Konzert auf. Um mich herum standen tausende von Dänen und sangen lautstark mit. Man hat dann fast das Gefühl, dass einen alle anstarren, weil man nur zuhört und versucht die Texte zu verstehen...
Das mit der Kinderbetreuung und den Institutionen ist auch so eine Sache, zu der ich noch keine richtig abgekl¨rte Haltung habe. Es wird langsam Zeit, ich erwarte im Juni mein erstes Kind und muss wohl dann irgendwann bald auch mal dazu Stellung nehmen, wann ich denn an meinen Arbeitsplatz zurückkehre. 6 Monate finde ich persönlich auch zu wenig. Mal sehen, wie wir uns entscheiden werden.
Und die langen dunklen Winter, die hier auch irgendwo angesprochen wurden, werden ganz klar von den Sommern am Strand ausgeglichen!
Hilsen Kirsten
Verfasst: 09.01.2004, 21:23
von Ursel
Hej Kirsten!
Stimmt, auswandern ist ein sehr getragenes Wrt. So richtig habe ich das auch nicht so gesehn, für mich war es auch eine logische Folge, weil wir wg. meines Arbeitswechsels sowieso umziehen mußten - Bibliotheken gibt es eben nicht so viele in 1 Stadt, smile, und ich war ja schon viel in Dtld. rumgezogen.
Wenn Duschreibst, du seist "richtig norddeutsch", dann denke ich an Dieter, der etwas zur "deutschen identität" wissen wollte.
ich enke, so eine Bemerkung fällt eben auch ort hinein --- So wie es eben zwischen Bayern, Württembergern und Badenern und Westfalen, Hamburgern, etc. Unterschiede gibt, gibt es sie natürlich auch zwischen den Nationen.
Landschaften, Polsitik, Gesellschaft - alles prägt einen doch und macht einen zu dem, was man dann auch ist.
Shubidua - ach ja, als mein Mann mich das erste Mal besucht (1980), hat er mir eine LP mit einem ihrer Live-Konzerte mitgebracht, und mit zunehmendem Sprachstudium lernte ich die Texte. Das waren noch Zeiten!
Und natürlich ist die Sprache wichtig. es steht wohl für keinen hier außer rage, daßsie der Anfang von allem ist, sonst kommt man ja nie inKontakt und in nähere Berührung mit allem Leben hier.
Aber sie wird in der Problematik oft überbewertet, weil sie eben doch relativ schnell erlernbar ist. Und wer glaubt, es damit dann gepackt zu haben, der irrt und wird noch oft erwachen.
ich sage- als Sprachenfreak (nicht, wil ich so viele Sprachen lerne oder kann, sondern weil ich auch die deutsche Sprache mit Facetten liebe, weil ich Wortspiele liebe, Reime, etc.) - daß gerade die Sprache einem dann vielleicht auch dabei die Unterschiede erst richtig deutlich macht.
Je besser ich nämlich dann die Dänen reinsprachlich verstehe, umso weniger verstehe ich sie dann letztendlich doch wieder - hihi,Wortspiel.
Ich entnehme Deiner mail Ihr lebt in Wassernähe? Du Glückliche, wir sind wohl so weit vom Wasser weg wie man in Dk nur sein kann, ächz.
Viel Glück mit Eurem Muckelchen - vielleicht kannst Du ja an den "barselsorlov" foräldreorlov dranhängen?
Als ich Louise bekam, war das gerade auch für Arbeitslose, die ich damals auch war, möglich; ich bin allerdings nicht informiert, ob das inzwischen wieder gestrichen wurde -- bei Sophia habe ich mich endgültig aus dem System verabschiedet, weil ich dieses Gerangel ums Zuhausebleiben leid war.
Wir lesen uns ja wieder -- einen guten Abend noch -- Ursel
Verfasst: 10.01.2004, 06:41
von Nordjoe
Hi anniki
genau das wollte ich mit meinem Kommentar auch gesagt haben, sind die Touri-Hochburgen noch als dänisch zu betrachten? Wenn ich mit unserem alten dänischen Ehepaar (sie sind wirklich Dänen) dann mal nebenan schaue und von denen mehr erfahre, merke ich wie fern Dänemark in Dänemark sein kann.
Nordjoe