Wenn es nur darum geht, einen Wolf mit "Krach" zu vertreiben, braucht es keine tödliche Waffe. Dann reichten auch ein Böller, 'ne Trillerpfeife, 'ne Vuvuzela oder irgendwelche Schreckschussgeräte, mit denen die Baumschulen oder die Obstbauern die Vögel vertreiben. Also ist die gezielte Forderung nach tödlichen Schusswaffen wohl doch nicht so ohne entsprechende Hintergedanken...
Der zweite interessante Aspekt ist, dass sich die Tierhalter, die sich so gern in den Medien präsentieren, meist darüber beklagen, dass eine durchgängige Behirtung viel zu aufwändig sei. Aber wenn eine Waffe ins Spiel kommt, ist die Zeit plötzlich vorhanden, durchgehend bei der Herde zu sein, um in dem einen, kurzen besagten Moment, in dem der Wolf mal dort auftauchen
könnte, "Gewehr bei Fuß zu stehen"? Seltsam und ein Widerspruch in sich.
Wenig aufwändig dagegen ist ein funktionierender E-Zaun, der fachgerecht errichtet ist. Man muss nicht einmal bei seiner Herde sein - der erneute Stromschlag bei jedem wiederholten Versuch des Wolfes, das Knotengeflecht zu durchdringen, vergrämt den Beutegreifer ganz gezielt wieder und wieder.
Deshalb ist es ja auch sinnvoll, wenn möglichst viele Schafhalter diesen effektiven Schutz einsetzen. In Niedersachsen liegt die Quote bei den gemeldeten Nutztierschäden allerdings aktuell (2018) bei erstaunlichen
76%, in denen die Zäune
nicht einmal die Kriterien des
erforderlichen Mindestschutzes erfüllt haben.
Zum einen setzt man damit das Leben und die Unversehrtheit der eigenen Tiere auf's Spiel, und zum anderen erweist man all jenen Tierhaltern, die ihre Weidetiere verantwortungsvoll schützen, einen Bärendienst. Denn macht man es den Wölfen so leicht, an Nutztiere heranzukommen,
konditioniert man sie quasi
positiv auf diese. Einmal gelernt, wie leicht an die leckere und gefahrlos zugängliche Beute heranzukommen ist, wird der Wolf später auch bei geschützten Tieren größere Anstrengungen unternehmen.
25örefan hat geschrieben:[...]von Wölfen, die sich am Eigentum eines Hirten/ Züchters vergreifen wollen.
Vielleicht ist diese vermenschlichte Sicht genau das Problem. Der Wolf "will" sich analog zu einem menschlichen Einbrecher "am Eigentum" anderer "vergreifen", so so.
Zum einen kann der Wolf nicht zwischen "erlaubter" und "verbotener" Nahrung unterscheiden. Er differenziert zwischen leicht zugänglicher und gefahrlos zu erbeutender Nahrung und solcher, die aufgrund von zu großem Aufwand / zu großer Gefahr / zu großen Schmerzen unattraktiv ist. Und da wären wir wieder bei dem Elektrozaun, der den Impuls "zu große Schmerzen" bei jedem Versuch erneut vermittelt und eine
negative Konditionierung bewirkt.
Zum anderen schützt Du Dein Haus (hoffentlich) auch nicht allein dadurch, dass Du mit dem Gewehr am Fenster stehst und darauf wartest, dass ein Einbrecher kommt, sondern wirst diverse Bemühungen guter fachlicher Praxis umsetzen, um einem Einbrecher den Zugang zu erschweren, wie z. B. Türen und Fenster abzuschließen. Das gilt umso mehr, wenn Du bereits einmal Einbruchsopfer geworden bist - auch dann wirst Du Dein Eigentum kaum mit der Waffe schützen, sondern Alarmanlagen und Videokameras installieren und ggf. einen Wachdienst engagieren, der um Dein Haus patroulliert.
Die entsprechenden technischen Mittel für den Herdenschutz sind da, die Beratung leisten die Experten der Länder unentgeltlich, und für die Prävention gibt es bis zu 80% Zuschüsse vom Steuerzahler. Treten trotzdem Schäden auf, werden diese bis zu 100% vom Steuerzahler ersetzt - zusätzlich zu den in Deutschland jährlich 6,4 Milliarden € gezahlten Agrarsubventionen, in den letzten Jahren noch einmal 581 Millionen für die "Milchkrise" und aktuell 340 Millionen € für Dürreschäden. Auch das wäre mal eine Überlegung wert, ob es sich die 2% auf dem Agrarsektor Beschäftigten mit einem Beitrag am Bruttoinlandsprodukt von 0,6% auf Dauer leisten können, mit überzogenen Vollkasko-Forderungen ewig gegen die Breite der Gesellschaft anzuschwimmen und den Eindruck von Maßlosigkeit und Unverschämtheit zu erwecken.
25örefan hat geschrieben:Gern vermischt Ihr hier zudem 2 Dinge: die Jagd und immGegensatz dazu das bewaffnete Vertreiben von Wölfen, die sich am Eigentum eines Hirten/ Züchters vergreifen wollen.
"Das bewaffnete Vertreiben von Wölfen" ist ja mal ein kreativer Euphemismus, um das hässliche Wort "Tötung" nicht benutzen zu müssen. Hat der Euphemismus "Entnahme" ausgedient, weil inzwischen jeder weiß, dass die Umschreibung auch nichts anderes als "Tötung" bedeutet?
Deine klare Trennlinie zwischen "Jagd" durch Jäger und Töten von Wölfen durch Schäfer ist gleichermaßen künstlich von Dir konstruiert, denn wie wir Landeier auf dem platten Dorf in der Lüneburger Heide wissen, sind hier die meisten Landwirte gleichzeitig auch Jäger. Und bei all den aus diesen Kreisen verbreiteten Rotkäppchen-Geschichten und den bundesweiten illegalen Wolfstötungen dürften die Grenzen zwischen der tödlichen "Vertreibung" von Wölfen und deren gezielter allgemeiner Bejagung ähnlich verschwommen ausfallen. Vertrauen ist eben kein Selbstgänger und ist bei zu arger Strapazierung irgendwann auch verspielt.
25örefan hat geschrieben:[...] denn wie wir alle wissen, ist der Wolf ja ein derart scheues Tier, welches sich ja durch Händeklatschen und Rufen einfach vertreiben lässt.
Die Ironie ist verstanden, allein der Inhalt verwundert und hinterlässt nur eine Frage:
Wann und in welchen Fällen haben in den 20 Jahren, seit der Wolf nach Deutschland (und Dänemark) zurückgekehrt ist, einfache Maßnahmen wie "Händeklatschen und Rufen" denn
nicht funktioniert, so dass ein Mensch durch einen Wolf verletzt oder getötet worden wäre?
Da uns kein einziger Fall bekannt ist, sind wir gespannt auf Deine Antwort.
