Zu dem vermeintlich von drei Wölfen angegriffenem Setter fällt auf, dass diese Geschichte wieder einmal von der Märkischen Allgemeinen Zeitung kommt. Und immer wieder kommt der selbe Amtsdirektor zu Wort, dessen "
liebstes Hobby" laut der MAZ vom 30.08.2016 "
die Jagd" sei.
MAZ, 30.08.2016: Amtsdirektor und Landwirt: Vom Schreibtisch auf den Mähdrescher http://www.maz-online.de/Lokales/Potsdam-Mittelmark/Vom-Schreibtisch-auf-den-Maehdrescher
Bereits im Juli soll laut MAZ einem Hund auf einem eingezäunten Gelände eine Pfote durch einen Wolf abgebissen worden sein. Die MAZ bediente sich dabei ähnlicher Ungenauigkeiten wie der Weser-Kurier bei der angeblichen Wolfsattacke auf das Pferd bei Bremen: Lautete die Überschrift zunächst "Wolf greift eingezäunten Hund an - Tier muss eingeschläfert werden", wurde daraus "Hündin Angie nach mutmaßlichem Wolfsangriff eingeschläfert". In der Bildunterschrift verbleibt indes die Aussage "Die lebenslustige Terrier-Hündin hat den Wolfsangriff nicht überlebt". Im Text des Artikels ist man sich dann doch nicht mehr so sicher; hier reduzieren sich die Fakten auf Behauptungen von Einwohnern.
Wohl ein Wolf hat einen Familienhund auf einem umzäunten Privatgrundstück angegriffen. Zumindest die Einwohner von Steinberg sind sich da sicher. [...] Der Wolfsangriff ist indes nicht belegt.
MAZ, 02.07.2018: Hündin Angie nach mutmaßlichem Wolfsangriff eingeschläfert http://www.maz-online.de/Lokales/Brandenburg-Havel/Wolf-greift-eingezaeunten-Hund-an-Tier-muss-eingeschlaefert-werden
In der Tat liefert der Artikel mehr Fragen als Antworten. Wie ein Wolf durch den abgebildeten Stabgitterzaun hindurch einem Hund eine Pfote abbeissen soll, bleibt genauso ungeklärt wie die Frage, warum in der Tierklinik keine DNA-Probe entnommen wurde und warum der Hund wegen des Verlusts einer Pfote sofort eingeschläfert wurde - gibt es doch viele Hunde mit Handicap wie dem Verlust einer Gliedmaße, die ein glückliches Hundeleben ohne Einschränkungen führen. Zudem hat den Vorfall niemand gesehen, nicht einmal die Besitzerin. Als "Beweis" dienten lediglich allgemeine Fotofallenaufnahmen von Wölfen aus der Gegend, die zufällig irgendwann abgelichtet wurden.
Aber sogleich wird der obengenannte Amtsdirektor zitiert, dessen "liebstes Hobby" ja bekanntermaßen "die Jagd" ist: "Der Wolf schränkt unser Leben ein." Es brauche "Entscheidungen, die den Wolf kurz halten". Die Situation im Ort gleiche einem "Belagerungszustand". Der Amtsdirektor warnt zudem vor "gefährlichen Mischungen zwischen Wolf und Hund" (ebenda).
Der Verein "Wolfsschutz Deutschland" hat die Situation nach eigenen Angaben vor Ort nachrecherchiert:
Ein vereinbarter Termin mit einem Wolfsberater zur Erfassung des „Wolfsangriffs“ auf die Terrierhündin endete bedrohlich. Eine aufgelaufene Dorfcrew verhinderte dies, die Hundehalterin erschien nicht, die Reste der Hundepfote blieben „verschollen“. Belegbilder aus Fotofallen im dörflichen Umfeld bleiben privat unter Verschluss.
Wolfsschutz Deutschland, 20.02.2018: Total unglaubwürdig! Faktencheck Artikel in der MAZ: Hündin nach Wolfsangriff eingeschläfert
https://wolfsschutz-deutschland.de/2018 ... chlaefert/
Die MAZ hat den Artikel am 02.07.2018 aktualisiert und schrieb daraufhin: "In einer früheren Version dieses Textes könnte beim Leser der Eindruck entstanden sein, der Wolfsangriff sei belegt. Dem ist nicht so. Die Redaktion hat den Artikel deshalb am 2. Juli 2018 aktualisiert" (a.a. O.).
Am 10.04.2018 berichtete die MAZ erneut von einem vermeintlichen Angriff von einem Wolf auf den Jack-Russel-Terrier eines Jägers in einem Stadtwald, der offensichtlich unangeleint war, obwohl dies nach Aussagen des Jägers grundsätzlich verboten sei. Er will gehört haben, wie der Hund aufgeschrien habe und gesehen haben, wie der Terrier vom Wolf verfolgt worden sei. Kurz danach soll die Hündin verletzt vor ihm gestanden haben. Die Fotofallenaufnahme eines Wolfes sei für ihn der eindeutige Beweis, "dass den Angriff tatsächlich ein Wolf verübt hat."
Dem zuständigen Wolfsbeauftragtem dagegen sei es neu gewesen, dass sich ein Wolf dort aufhalte. Ob die Bissspuren an dem Hund tatsächlich von einem Wolf stammten,
"hätte" sich "aber nur mit einer Speichelprobe beweiskräftig feststellen lassen".
HÄTTE!
MAZ, 10.04.2018: Wolf attackiert Hund im Stadtwald http://www.maz-online.de/Lokales/Oberhavel/Wolf-verletzt-Hund-im-Stadtwald
Auch hier: Keine DNA, aber eine entsprechende Geschichte in der Zeitung. Wie es der kleine Terrier mit dem Wolf aufnehmen und sich selbst binnen kürzester Zeit mit oberflächlichen Verletzungen aus dem Angriff retten konnte, bleibt leider unbeantwortet.
Übrigens werden Hunde regelmäßig u. a. im Jagdeinsatz verletzt, vor allem durch Schwarzwild. Dies wird einkalkuliert, weshalb z. B. der Jagdhandel "Hautklammergeräte" für die Erstversorgung von Wunden anbietet, mit denen der Jäger offene Verletzungen seines Hundes selbst klammern kann. Verletzungen durch Wildschweine mit tränendrüsendrückenden Fotos sind seltsamerweise selten Gegenstand in der Presse.
Am 04.09.2018 liefert die MAZ dann die nächste Geschichte von einem angeblichen Wolfsangriff auf einen Hund. Dieses Mal hat sich der Hundebesitzer, dessen Setter von drei Wölfen angegriffen worden sein soll, an den bereits bekannten Amtsdirektor (siehe oben) gewandt. "Gegenüber der MAZ wollte sich der Bücknitzer allerdings nicht zu dem Angriff auf seine Hündin äußern." Auf beweiskräftige Hinweise mittels DNA-Ergebnissen wartet der interessierte Leser erneut vergeblich. Stattdessen wird wieder nur der Amtsdirektor zitiert, der den Vorfall als "Zeichen einer neuen Qualität von Begegnungen zwischen Wolf, Mensch sowie Haus- beziehungsweise Nutztieren" wertet. Das ist insofern seltsam, als zum einen das dortige Landeswaldgesetz eine Anleinpflicht vorsieht und zum anderen das Land Brandenburg empfiehlt, Hunde in Regionen mit Wolfsvorkommen generell anzuleinen. Aber der Amtsdirektor will den Wolf nicht:
"Indessen hat Ziesars Amtsdirektor [...] die Forderung der Gemeinde Buckautal auf Ausweisung als wolfsfreie Zone durch das Land Brandenburg bekräftigt. „Der Beschluss der Gemeindevertreter ist ein starkes Symbol dafür, dass wir den Wolf hier nicht wollen“.
MAZ, 04.09.2018: Hündin bei Wolfsnagriff verletzt http://www.maz-online.de/Lokales/Potsdam-Mittelmark/Ziesar/Huendin-bei-Wolfsangriff-in-der-Buecknitzer-Heide-verletzt [/quote]
Als Leser würden uns die Fakten und Hintergründe jedenfalls mehr interessieren als bloße Forderungen und Behauptungen der immer gleichen Vertreter bestimmter Kreise. Und so verwundert es nicht, dass die Geschichten der MAZ auch nur von wenigen anderen Medien übernommen werden. Ein Blick in die Suchmaschine des Vertrauens zeigt zügig auf, dass diese Geschichten aus der MAZ vor allem von Jagdmedien aufgegriffen werden.
25örefan hat geschrieben:Nehmen wir die beiden Meldungen doch einfach erstmal als das, was sie sind, als Meldungen.
Warum hälst Du Dich denn nicht an Deine eigene Empfehlung und versiehst stattdessen die Links mit sinnverzerrenden Zitaten, deren reißerische Aussage sich nach dem genauen Lesen nicht halten lässt?
Wenn Du Artikel verlinkst, solltest Du Dich nicht darüber empören, dass diese hier näher beleuchtet, hinterfragt und diskutiert werden.
Die Diskussion und der Austausch sind doch Sinn eines Forums, oder möchtest Du hier einfach nur unwidersprochen wahrheitsverzerrende Zitate loswerden? Nach der Absicht dahinter brauchen wir wohl nicht mehr zu fragen - die Schlussfolgerungen daraus kann sich in der Tat jeder hier selber ziehen.
