Hallo Tove,
also ich würde einfach mal versuchen das Problem mit der scheinbaren Gleichgültigkeit aus dänischer Sicht zu betrachten.
In den meisten europäischen arbeiten die Leute um zu leben, nur uns "Alten" (bin mit 48 auch nicht mehr der Jüngste) hat man in DE (und noch in 2-3 anderen Ländern) von Kindheit an eingebläut das man lebt um zu arbeiten.
In Dänemark, England oder auch in vielen südlichen Ländern redet man davon einen JOB zu haben, in DE legt man dagegen besonderen Wert auf einen BERUF .
Mit JOB wird in erster eine Tätigkeit assoziert mit der man möglichst viel Geld verdienen kann, und im Idealfall auch noch Spass macht .
Dabei spielt es eine eher untergeordnete Rolle WAS man macht, sondern wie man damit möglichst viel Profit erreicht.
Genausowenig interessiert es die Leute sonderlich WO man sein Geld verdient.
Wenn sich das Wechseln lohnt wird ohne schlechtes Gewissen die Firma gewechselt.
(25- oder gar 40-jährige Arbeitsjubiläen werden auch nur in Deutschland als erstrebenswert betrachtet. Anderswo wird man für soviel "Dummheit" höchstens milde belächelt)
Ein Däne arbeitet deshalb aber keineswegs schlechter oder oberflächlicher als ein Deutscher, aber wenn ein dänischer Handwerker feststellt das man z.B. mit dem Verkauf von Versicherungen mehr verdienen kann, dann hat er absolut kein Problem damit die Branche zu wechseln.
Wenn es sein muss auch mehrmals hintereinander.
Das ganze heisst dann FLEXIBILITÄT und gilt im Gegensatz zu DE als Tugend.
Unsere Generation (die Jungen sehen das heute teilweise schon erheblich entspannter) identifiziert sich dagegen mit dem erlernten BERUF.
Man ist stolz auf sein Können und versucht sich ständig zu verbessern, bildet sich weiter und strebt nach Perfektion.
Aber in der Regel ist es dann so das man den einmal eingeschlagenen Weg nicht sehr weit verlässt.
Ein Schlosser bildet sich nicht selten zum Meister, Techniker oder Ingenieur weiter, bleibt aber nach Möglichkeit seiner Branche und "seiner Firma" treu.
(Was aber heute niemanden mehr gedankt wird )
Ich kenne nur eine Handvoll Leute die heute etwas vollkommen anderes machen als zu Ihrer Lehrzeit.
Das ist zum einen nicht gerade flexibel, sondern auch ziemlich ungesund.
Um das ganze mal an meinem Beispiel zu dokumentieren:
Ich gehöre nämlich auch zu den Verrückten die sich auch nach Büroschluss geistig nicht wirklich von ihrer Arbeit trennen können.
Da ist es nichts Ungewöhnliches das ich manchmal um 3 Uhr nachts aufwache und krampfhaft überlege ob ich nicht irgendwo einen Denkfehler gemacht habe oder irgendeine wichtige Kleinigkeit übersehen habe.
In 99,9 Prozent der Fälle entpuppt sich (scheinbare) Problem dann am nächsten Tag normalerweise als überhaupt nicht existent oder als unwichtige Bagatelle.
Aber die Nacht ist dann trotzdem erst einmal vorbei, weil ich dann nicht mehr einschlafen kann.
(Jetzt wird wohl einigen klar, warum teilweise so unchristliche Zeitangaben hinter meinen Postings stehen

)
Ich denke mal das es einigen hier im Forum ähnlich geht.
Aber lieber Tove, mal ganz ehrlich:
Welche Lebenseinstellung ist effektiv die Bessere ?
Die deutsche, bei der man sich um alles und jedes ständig Gedanken über seine Arbeit (und oft darüber hinaus) macht , und sich dabei langsam aber sicher aufreibt, oder die dänische (englische, französische, spanische.........) bei man die Arbeit ordentlich macht für die man ordentlich bezahlt wird ansonsten herzlich wenig Gedanken um "ungelegte Eier" macht ?
Viele nachdenkliche Grüße
Reimund