Lars J. Helbo hat geschrieben:Ja, Du hast das richtig verstanden
Du kannst jetzt Dein Haus mit 30-Jährige Krediten ohne jede Tilgung finanzieren. D.h., wenn die 30 Jahre um sind, mußt Du natürlich den Betrag zurück bezahlen. Das wird ja auch nicht schwer fallen, weil das Haus ja dann vermutlich 10 mal so viel wert ist. Allerdings kannst Du auch nach den 30 Jahren einfach einen neuen Kredit aufnehmen.
Die Zinssätze liegen im Moment bei 5% - 6%. Du kannst selber entscheiden, ob sie fest sein sollen. D.h. Du wählst zwischen 30 Jahre Festzins oder variabler Zinssatz. Beim letzteren kannst Du dann auch den Zinssatz für eine begrentzte Zeit (z.B. 3 oder 5 Jahre) festschreiben lassen. Je länger die Festschreibung gelten soll, je höher wird der Aufschlag, den der Bank sich berechnet.
Übrigens verstehe ich gar nicht, warum dieses System für ein Banker so fremd sein soll. Banken leben doch davon Krediten zu vergeben. Jede Kunde, der sein Kredit einlöst, ist doch für den Bank ein verlorener Kunde. Mit tilgungsfreier Krediten kann der Bank jahrzehnte lang den Kunden erhalten - und an den Zinsen verdienen.
Irgendwie verstehe ich die deutschen Banker nicht. Ich kenne keine andere Geschäftsleute, die so bemüht sind, ihre besten Kunden aus dem Geschäft zu vertreiben.
Danke für die Erklärung.
Warum erscheint einem deutschen Bänker dieses System komisch ?
Nun, in meiner Ausbildung, damals, Ende der Achtziger, waren die Fronten in Sachen Kredit recht klar: Der Kunde braucht Geld, ist also
Bittsteller, die Bank HAT das Geld und entscheidet, ob sie den Kredit vergibt. Kredit kommt von credere=vertrauen, sprich, wir haben noch gelernt, möglichst nur demjenigen Geld leihweise anzuvertrauen, dem wir eine Rückzahlung auch wirklich zutrauen. Wir sollten mit dem Geld der Bank umgehen wie mit eigenem Geld, um die Kreditausfälle so gering wie möglich zu halten.
Nicht aufregen

, das war wirklich noch eine ganz andere Zeit, ohne Direktbanken, ohne Internet, da hat man noch seinen festen Bankberater gehabt von der Wiege bis zur Bahre

. Einige meiner Exkollegen haben niemals den Arbeitgeber gewechselt und machen auch nach 12 Jahren (so lange bin ich schon raus aus der Branche) noch einen ähnlichen Job. Unvorstellbar für mich persönlich, aber auch ein Auslaufmodell, wie wir wissen, ist ein Job bei der Bank längst nicht mehr für immer und ewig sicher.
Vor diesem Hintergrund ist es vielleicht auch zu verstehen, dass es in vielen Kreisen hier eher etwas peinlich ist, Schulden zu haben. Für ein Haus geht es gerade noch, aber da wird schon gerne damit angegeben, wie schnell man schuldenfrei ist

. Vielleicht spielt auch das deutsche Sicherheitsdenken eine Rolle, denn schließlich gibt es, egal in welcher Variante, ein gewisses Kreditrisiko (und wenn es nur der kleine Restbetrag ist, den man weniger für das Haus bekommt bei einem Notverkauf). Es stimmt auch, dass deutsche Banken Kredite am liebsten Leuten geben, die so viele Sicherheiten haben, dass sie theoretisch gar keinen Kredit bräuchten

.
Dann stellt sich noch die Frage, was passiert, wenn ich nach 30 Jahren noch immer nichts getilgt habe.
Hier würde mein Bänker mich auslachen. Aktuell verhandle ich unsere Baufinanzierung neu und selbstverständlich schauen wir, dass wir die Niedrigzinsphase insofern ausnutzen, dass wir nach unseren Möglichkeiten genug tilgen, um mit ungefähr 60 Jahren die Hütte bezahlt zu haben. Das macht unseren Bänker glücklich und gibt uns ein bißchen Sicherheit, als Rentner wenigstens mietfrei wohnen zu können. Man muss allerdings tatsächlich bedenken, dass die Immobilienpreise nach jahrelangen Steigerungen Anfang/Mitte der Neunziger drastisch zusammengebrochen sind. Hier im Raum Stuttgart boomte auch der Bau von Wohnungen rein zur Kapitalanlage, da stehen jetzt viele Eigentümer sehr schlecht da: Wohnung nix mehr wert, Mieteinnahmen deutlich geringer, ein Verkauf deckt die Schulden nicht mal ansatzweise. Es ist also nicht wirklich sicher, dass ich als Rentner einen Verkaufserlös habe, der die Restschulden deckt. Da ich aber als Rentner in D keine weitere Baufinanzierung mehr bekomme, muss ich mindestens so viel tilgen, dass bei einem Verkauf der Rest für eine kleine Eigentumswohnung reicht, denn Rente bekomme ich später mal so gut wie gar nicht und sollte also eher nicht mieten müssen (anderes Thema, ich weiß).
Nach der dänischen Variante hätten wir eine deutlich niedrigere Rate und würden unsere jetzige Tilgung entweder flott verleben oder möglichst geschickt ansparen und in 20 Jahren überlegen, ob wir das Haus halten (halten können, denn wir haben dann ja als Rentner weniger Einnahmen), oder zu verkaufen und entweder etwas anderes, kleineres kaufen oder halt in Miete zu gehen.
Da wir eher etwas unstete Nomaden sind, kann ich mir so etwas für UNS absolut vorstellen. Der deutsche Bänker aber nicht

. Wir haben dieses Haus mit Ende 30 gekauft, da haben schon etliche Leute uns darauf aufmerksam gemacht, dass es hier mit den vielen Treppen nun wirklich nicht geeignet für alte Leute ist. So what, was weiß denn ich, wo ich in 10 oder 20 oder 30 Jahren bin ?
Je länger ich also über das dänische System der Baufinanzierung nachdenke, desto besser gefällt es mir

. Mit der aktuellen Krise in den USA kann man das meiner Meinung nach trotzdem nicht vergleichen, denn es heißt ja nirgends, dass dänische Banken die Bonität nicht prüfen. Soweit ich weiß, wurden in den USA eben ziemliche Harakirifinanzierungen gemacht, das hat mit der Frage, ob Tilgung sein muss, nichts zu tun.
Außerdem beziehe ich mich ausdrücklich auf Baufinanzierungen, was hier in D an Konsumentenkrediten läuft, regt mich regelmäßig auf

. Wenn man hier nur mal Ausschau nach einem neuen Fernseher hält, braucht man seine Brille, um den Endpreis zu entdecken, weil auf den Plakaten nur noch Raten stehen - und vor allem schlichtere Gemüter ratzfatz in unsinnige Verschuldung getrieben werden, weil eben kein wirklicher Gegenwert da ist *aufreg*.
Danke für die Erklärungen, das verbuche ich unter "pro Auswandern"

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Viele Grüße,
Sylvia
P.S.: Und gerade lese ich noch "30 Jahre Festzins" *umfall - ich bin ja doch im falschen Land

!