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Hilfe an die Entwicklungsländer.

Verfasst: 28.03.2004, 00:15
von Berndt
Man hat sich in verschiedenen Zusammenhängen hier im Forum mit der dänischen Ausländerpolitik beschäftigt, sowohl in der deutschen als der dän. Abteilung. Wegen einer Statistik, die ich soeben gelesen habe, fällt mir ein, daß die Behauptung: die Dänen seien manchmal Flüchtlingen, Asylbewerbern und Einwanderern gegenüber ziemlich feindlich eingestellt, zum Teil von den Zahlen dieser Statistik herrühren könnte.
Wenn man von den finanziellen Vermögen der Länder ausgeht, sieht man nämlich, daß DK (und Norwegen) für Projekte in den Entwicklungsländern weit mehr leisten als andere vergleichbare Länder. Es wurde in einem anderen Thread erwähnt, daß ein Arbeitnehmer in D (netto) mehr verdient als ein ”Kollege” in DK. Eigentlich sollten die Deutschen ca. 4,4 Mal so viel als Entwicklungshilfe leisten, das heißt 24,7 Milliarden €, mit den Dänen verglichen. (Die Italiener sollten 17 Mal mehr, die Belgier 4 Mal, die Spanier 9 Mal, die Franzosen 3 Mal und die reichen Schweizer doppel so viel Entwicklungshilfe leisten wie heute, um auf die gleiche Ebene wie die Dänen zu kommen).
Die Dänen brauchen sich also hier nicht zu schämen. Sie spendieren, wie es hervorgeht, zugunsten der Entwicklungsländer weit mehr Geld, als verlangt werden kann (wie es heißt: Hilfe zur Selbsthilfe für die Menschen in verschiedenen Projekten, und Armutsbekämpfung vor Ort). Ein Teil dieses Geldes könnte statt dessen allen dän. Bürgern direkt zugute kommen, u.a. für kürzere Wartezeiten für Patienten, höhere Renten, bessere Altersfürsorge, mehr Seniorenheime, gründlichere Zahnpflege usw.
Deshalb spürt man – meiner Meinung nach – manchmal verschiedenen Ausländern gegenüber eine gewisse unfreundliche/mißtrauische Haltung, Skepsis, Reservation oder Irritation von seiten vieler Dänen.
Grüße – Berndt.

Verfasst: 28.03.2004, 19:19
von sharany
Hallo Berndt,

dein Bericht ist äußerst interessant. Leider ist es mir nicht möglich, deine Zahlen zu vergleichen oder zu bestätigen. Ich unterstelle einfach, daß du ordentlich recherchiert hast und die Zahlen stimmen.

So gesehen, kann man eine (wie du sagst) "irritierten Haltung der Dänen" durchaus nachvollziehen.

Richtig ist ja auch, daß in DK das Gesundheitssystem durchaus verbesserungswürdig ist. Aus welchen Gründen auch immer, ist anscheinend die dänische Regierung der Meinung, daß die Entwicklungshilfe wichtiger ist, als das eigene Land zu fördern.

Wenn wir auf der anderen Seite das Gesundheitssystem in D anschauen und die weitere Entwicklung, so wird es nicht mehr lange dauern, bis wir auch auf den dänischen Stand abgesunken sind. Unsere Regierung arbeitet mit allen Kräften daran ....!!!

Viele Grüße
Sharany

Verfasst: 28.03.2004, 20:23
von iri
Hmm, ich weiss nicht ob man das an solchen Statistiken ausmachen kann. Dann müssten die Dänen Deutsche ja förmlich lieben. Kommen doch so viele Urlauber, die Geld mitbringen.

Ich habe noch eine Frage zu der o.a. Statistik. Wann und über welchen Zeitraum wurde diese denn erstellt und wie sehen die Vergleichszahlen mit z.B. früheren Jahren aus als es Deutschland noch gut ging?

Was ist mit den anderen "Geldtopfen"? Z.B. EU-Subventionen? Sind die Dänen da auch führend? Im Geben meine ich. Nicht im Nehmen ;).

Ich sehe nicht unbedingt einen Zusammenhang damit, meine eher, dass die Dänen gerne unter sich sein möchten und dies die "Ausländer" eben hier und da zu spüren bekommen.

Hier wurde die dänische Bevölkerung angesprochen. Meine feste Überzeugung aber ist, dass dies für jedes Land und in hohem Grade auch für Deutschland gilt.

Verfasst: 29.03.2004, 11:20
von MichaelD
Es ist bekannt, dass Schweden und Dänemark schon seit Jahrzehnten verhältnismässig sehr viel höhere staatliche Entwicklungshilfe zahlen als die meisten anderen westeuropäischen Staaten, geschweige denn die USA. Die Zahlen relativieren sich etwas, wenn man private Entwicklungshilfe und Nothilfe hinzuzählt. Diese spielt keine Rolle von Dänemark aus, ist aber fühlbar von Deutschland aus usw. Trotzdem leistet Dänemark deutlich mehr. Dies hat dem dänischen Image in der Welt ohne Zweifel genützt.

Man sollte allerdings nicht glauben, dass es sich primär um Spenden handelt. Im Gegenteil dient der weitaus grösste Teil der dänischen Entwicklungshilfe der Finanzierung dänischen Personals vor Ort und der eigenen Verwaltung. (OBS: Danida rechnet die Kosten der Ausstationierten zu den Aufwendungen vor Ort.) Dazu kommen Mittel, die an die Beschaffung von Waren aus DK gebunden sind. Das machen andere Länder auch in irgendeinem Umfang so. Ein Vergleich dessen, wieviel die fremden Länder OHNE vergleichbare Gegenleistungen erhalten bekamen, habe ich leider noch nie gesehen.

Dazu kommt ein Bewertungsproblem: Der Umstand, dass Dänen eine Schule in Afrika für alles in allem eine Millionen Kronen bauen lassen, die unter rein lokalen Verhältnissen aber nur ein Zehntel gekostet hätte, macht das Geschenk in den Augen der Empfänger ja nicht eine Million wert. Und wenn ein anderes Geberland auf den eigenen Projektleiter vor Ort verzichtet, kommt es mit viel weniger Geld vielleicht weiter.

Was den Vergleich mit den Asylanten und Flüchtlingen angeht: Die dänische Haltung war in den letzten Jahren die, dass man nicht so viele Flüchtlinge retten müsse, weil man ja so viel Entwicklungshilfe leiste. Ich halte das für eine unzulässige Vermischung grundverschiedener Problemstellungen: Es nutzt einem politisch Verfolgten nichts, wenn in seinem Land Hühnerzuchtgenossenschaften errichtet werden.

Natürlich ist es auf die Dauer viel billiger, ohne echte Bindungen ein paar Milliarden in die dritte Welt zu schicken, als Zehntausend afghanische Flüchtlinge aufzunehmen. Aber diese Bauernschläue ist durchschaubar!

Gruss Michael

Bearbeitet von - MichaelD am 29.03.2004 14:11:28

Verfasst: 29.03.2004, 13:30
von iri
Hej Michael,

erstmal möchte ich vorausschicken, dass ich gerne diskutiere weil ich mir auch einen Kopf über Gegenargumente mache und es nicht selten vorkommt, dass mich diese auch überzeugen. Ich also aus einer Diskussion lernen kann und nicht wie besessen meine eigene Meinung durchsetzen möchte.
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Schweden zahlt auch hohe Entwicklungshilfe schriebst Du.

Ich habe in Schweden die SFI-Schule (svenska for invandrare) *und* in Dänemark die entsprechende dänische Sprachschule besucht.

Das Verhalten der Lehrer den Schülern gegenüber ist wie der Unterschied zwischen Tag und Nacht.

Während in Schweden versucht wird in jeder, auch ausserschulischen Angelegenheitn zu helfen blitzen die Schüler hier ab. Der Tonfall der Lehrer zeigt deutlich ihre Abneigung. Ist das nicht auch schon Diskirminierung?

Ich will nicht vom Thema abweichen sondern lediglich zeigen, dass in einem Land wo auch viel Entwicklungshilfe gezahlt wird der Umgang mit Ausländern freundlicher ist. (Ausnahmen gibt's überall).

Und noch eine Bemerkung zu:

"Natürlich ist es auf die Dauer viel billiger, ohne echte Bindungen ein paar Milliarden in die dritte Welt zu schicken, als Zehntausend afghanische Flüchtlinge aufzunehmen. Aber diese Bauernschläue ist durchschaubar!"

Der Mensch ist schon ein eigenartiges Wesen. Ich habe ihn so kennengelernt, dass viele nur das durchschauen, was sie auch durchschauen wollen und in diesem Falle versteckt man sich doch sicher lieber hinter der Grosszügigkeit seines Landes und vergisst das Hinterfragen und Vergleichen (egal in welchem Land).

Diese Statistik erinnert mich an eine Frage, die mal in einem andern Topic gestellt wurde. Wie schaffen es die Dänen im Ausland so hoch angesehen zu sein. Dies könnte doch eine Teilantwort sein?

Verfasst: 30.03.2004, 01:19
von Berndt
Hallo Alle!
Ich habe mit meinem Beitrag und der Statistik nur versucht, zu erklären, warum viele Dänen meinen, daß es vernünftiger wäre, die vielen Millionen u.a. im eigenen Gesundheitssystem zu verwenden. Leider habe ich versehentlich die Summen in € statt US$ angegeben, was aber nicht den großen Unterschied macht.
Ich habe die Zahlen aus dem CIA World Factbook – Economic Aid – Donor, entnommen und gehe selbstverständlich davon aus, daß die Amerikaner bei der Berechnung der Entwicklungshilfe der einzelnen Länder in jedem Fall den gleichen Maßstab verwenden. Ich bin mir aber sicher, daß alle Spenden mit finanziellen Hintergedanken der Regierungen geleistet werden. Da sind alle Spender gleich. Es fehlt also noch die Antwort darauf, warum die gesamten Spenden Deutschlands ”nur” $ 5.6 Mia. statt $ 24.7 Mia. betragen, was den dänischen Spenden entsprechen würde.
Ich habe mit der obigen Information gar nicht an Projekte wie z.B. ”Hühnerzuchtgenossenschaften”, ”Schneepflüge an Nigeria”, Bauernschläue im allgemeinen, oder EU-Subventionen, usw. gedacht, da ich nicht wüßte, wie ich alle Arten von Hilfe vergleichen sollte. Z.B.: Woraus besteht die (niedrigere) deutsche Entwicklungshilfe? Und ist sie ohne Hintergedanken?
Berndt.