Erfahrungen eines Rückkehrers

Fragen und Tipps: Bürokratie, dänisches Recht, usw.
Klaus2
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Erfahrungen eines Rückkehrers

Beitrag von Klaus2 »

Hallo zusammen,

ich habe circa 2 Jahre in Dänemark gelebt und bin nun nach D zurückgekehrt. Es hat mir in DK gut gefallen, aber ich habe ein sehr gutes Jobangebot in D bekommen das mich zu einer Rückkehr bewegt hat.

Mir hat dieses Forum in einigen Fragen sehr geholfen, deswegen möchte ich nun einige meiner Erfahrungen schildern, so dass sich andere, die ebenfalls mit dem Gedanken nach DK zu gehen spielen, sich ein besseres Bild machen können.

Natürlich sind meine Erfahrungen subjektiv, also bitte nicht schreien "stimmt doch nicht" wenn ihr es anders erlebt habt - dies ist halt meine Sicht der Dinge. Außerdem sind einige meiner Aussagen notwendigerweise pauschalisierend (es gibt natürlich nicht "den Dänen" sondern 5.5 Millionen verschiedene Individuen) deswegen gibt es natürlich immer viele Einzelfälle auf die meine Aussagen nicht zutreffen.

Hier mal unsortiert einige Aspekte und Unterschiede (positiv wie negativ) die mir aufgefallen sind:

- In Dänemark Geschäfte zu machen ist sehr angenehm weil alles sehr transparent ist. Man hat nie das Gefühl dass man "übers Ohr" gehauen wird.

- Häuser zu kaufen/verkaufen ist im Vergleich zu D besonders angenehm. Die Makler sind sehr gut organisiert, man kann sich im Web sehr gut ein Bild vom Haus machen, und der ganze Prozess ist sehr standardisiert.

- Es wird nur wenig Müll getrennt, aber die Müllplätze ("genbrugsplads"), zu denen man fast alles hinbringen kann, sind Klasse.

- Dänemark ist irre teuer. Ich habe ausgerechnet, dass ich bei meiner Lebenshaltung ein Nettogehalt benötige, dass ca. 30-40% höher als in D ist, um den gleichen Lebensstandard zu halten. Die Autoproblematik ist den meisten bekannt, aber auch viele alltägliche Dinge wie Lebensmittel sind sehr deutlich teurer.

- Es gibt erstaunliche Unterschiede im Sortiment von Supermärkten. Wir haben viele Dinge vermisst, die in DK nur schwer zu kriegen sind, wie z.B. Grünkohl, Steckrüben, Sauerkraut, vernünftige Bratwürste. Auch die Auswahl an Dingen wie Käse, Joghurt etc. ist meist sehr viel geringer als in einem deutschen Supermarkt.

- Dänische Häuser sind oft sehr schick und elegant eingerichtet, allerdings auch oft auf Kosten der praktischen Aspekte. Zum Beispiel ist Abstellraum oft knapp (Keller gibt es fast nie), und auch Fußböden oder Kücheneinrichtung sind oft nicht sehr alltagstauglich - wir hatten beispielsweise weiß geöltes Parkett und Küchenarbeitsplatten aus Naturholz, die beide ein Alptraum in der Reinigung waren. Auch Aspekte wie Schallisolierung, ausreichend große Öltanks oder Warmwasserspeicher und ähnliche Dinge waren oft nicht so dolle.

- Dänische Häuser sind im Mittel viel kleiner als deutsche Häuser. Häuser über 180 qm sind schon eine Ausnahme. Die qm Angaben sind zudem nicht direkt vergleichbar. Meiner Erfahrung nach entsprechen 100qm Wohnfläche nach dänischer Berechnung vielleicht 85qm nach deutscher Berechnung (ich weiß allerdings die genauen Formeln nicht).

- Dänen sind im Englischen im Mittel viel besser als Deutsche.

- Dänemark ist viel homogener als Deutschland - in allen Belangen des Lebens: Einkommen, Gesundheitsversorgung, Kinderbetreuung&Erziehung, Arbeitszeiten, Religion und so weiter - es gibt den "dänischen" Weg diese Dinge zu regeln und handzuhaben und daneben eigentlich nichts.

- Der Strand an Dänemarks Ostküste (habe in Aarhus gelebt) ist toll - diesen werde ich am meisten vermissen.

- Datenschutz ist in Dänemark ein Fremdwort. Beispielsweise waren die Gehälter meiner Kollegen offen zugänglich. Auf der anderen Seite machen zentrale Datenbanken wie "Nemkonto" (zentrales Konto jedes Einwohners) oder e-box und netid viele Verwaltungsvorgänge einfach und effizient.

- Es ist mir in zwei Jahren nicht gelungen, am dänischen Strand auch nur eine einzige Meerforelle zu fangen (dies lag aber sicher nur an meinen nichtvorhandenen Talenten und nicht an Dänemark :) )

- Dänen tragen Konflikte nicht gerne offen aus. Es wird eher hinter deinem Rücken geredet.

- Die Verwaltung und der öffentliche Dienst in Dänemark sind effizienter und besser organisiert als in D.

- Im Gegensatz zu vielen Fehlinformationen in diesem Forum gibt es sehr wohl legale Wege, in DK zu wohnen und günstig Auto zu fahren, z.B. mit deutschen Kennzeichen. Bei Interesse kann ich das gerne ausführen (vielleicht in einem separaten Thread).

- In der Politik ist der Kollektivismus in Dänemark noch ausgeprägter als in Deutschland: Es gibt wenig Hemmungen, individuelle Freiheiten dem "Allgemeinwohl" und der "Egalität" unterzuordnen.

- Dänen sind im Umgang meistens sehr freundlich, aber es ist nicht einfach, Freundschaften aufzubauen.

Alles in allem habe ich mich während meiner Zeit in Dänemark sehr wohl gefühlt, aber auch vieles typisch "Deutsches" erst aus der Ferne so richtig schätzen gelernt. Ich bereue in keiner Weise, den Schritt nach Dänemark gemacht zu haben, aber bin nun auch froh, wieder zurück zu sein.
g_abriele
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Beitrag von g_abriele »

In den meisten Punkten kann ich dir 100 % zustimmen ...

und das meiste finde ich auch sehr gut.

zurueck will ich noch nicht ...

die Ostkueste ist auch hier auf Fyn toll

und das mit dem Fischen hab ich bisher auch noch nicht versucht.

Das mit dem Auto lass ich mal - da wirste jetzt sicher eh mit PNs ueberschwemmt werden 8) :D

Alles Gute in der alten Heimat.

Gabi
Wenn jemand (Auswanderer-Fragen) oder Fragen zu Fyn beantwortet haben will, versuch ich das gerne per PN (wenn ich kann !)
Joerg
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Beitrag von Joerg »

Dänische Häuser sind im Mittel viel kleiner als deutsche Häuser. Häuser über 180 qm sind schon eine Ausnahme. Die qm Angaben sind zudem nicht direkt vergleichbar. Meiner Erfahrung nach entsprechen 100qm Wohnfläche nach dänischer Berechnung vielleicht 85qm nach deutscher Berechnung (ich weiß allerdings die genauen Formeln nicht).
Ganz einfach: Ist Dein Haus 10x20 Aussenmass, hast Du 200m². In Deutschland werden bei der Wohnflächenberechnung die Wände und ggf. Schrägen abgezogen.
Beispielsweise waren die Gehälter meiner Kollegen offen zugänglich.
Ist ja auch kein Geheimnis, weil alles tariflich geregelt ist. Selbst die Gehälter von Politikern und Managern kann man im Internet nachlesen (wenn es jemanden interessiert).

Aber ich kann Dir im grossen und ganzen Recht geben, mit Deinen Erfahrungen.

Hilsen

Jørg

P.S. Für mich kann kein deutsches Jobangebot so reizvoll sein, dass ich wieder zurück nach Deutschland gehe!
Klaus2
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Beitrag von Klaus2 »

g_abriele hat geschrieben: Das mit dem Auto lass ich mal - da wirste jetzt sicher eh mit PNs ueberschwemmt werden 8) :D
Stimmt - ich habe tatsächlich schon einige bekommen :) .

Dann will ich mal dazu sagen, was meine Erfahrungen sind.

Zunächst mal ist es meiner Erfahrung nach so, dass der größte Teil der Ausländer einfach illegal in DK weiter ihr Auto fahren. In meiner näheren Arbeitsumgebung gab es sicher 10 Leute, die das so gemacht hatten und anscheinend nie Probleme damit hatten - selbst bei Unfällen, Diebstahl o.ä. Die angeblichen drakonischen Strafen scheinen auch wohl so nicht zu stimmen. Aber das ist nicht, was ich gemacht habe und ich möchte es natürlich auch nicht empfehlen.

Was man legal machen kann, ist, sein Auto als [url=http://www.pendlerinfo.org/wm206620]ausländisches Firmenfahrzeug[/url] anzumelden. Diesen Weg habe ich gewählt, da ich nebenberuflich noch in D tätig war bzw. bin. Bedingung ist, dass man mehr als 50% der Fahrten beruflich außerhalb DK zurücklegt (ist allerdings bei mir nie kontrolliert worden). Man bekommt dann so ein Schreiben ausgestellt, auf dem draufsteht, dass man in DK mit diesem Fahrzeug mit deutschen Kennzeichen fahren darf (auch privat). Weitere Kosten oder Steuern fallen nicht an. Für dieses Schreiben muss man den Fahrzeugbrief und ein Schreiben der Firma für die man arbeitet vorlegen. Man kann auch als Selbstständiger diesen Weg gehen. Es spricht auch rechtlich nichts dagegen, allein zum Sparen der Steuern sich selbstständig zu machen, solange man halt die Bedingungen erfüllt. In meinem Umfeld haben sich eine ganze Reihe von Personen (übrigens auch Dänen) dieser Möglichkeit bedient.
Fuglesang
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Beitrag von Fuglesang »

Hallo Klaus,

..... bis auf dein von dir selbst in Klammern gesetztes ´auch privat´ kann man in gewissen Fällen auf diese Möglichkeit zurückgreifen. Das Privatfahren ist aber eindeutig nicht erlaubt.

Dass weder du noch deine Bekannten erwischt wurden ist reine Glücksache und absolut nicht zur Nachahmung empfohlen, wenn man nicht über ein dickes Finanzpolster verfügt.
Klaus2
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Beitrag von Klaus2 »

Es tut mir leid, Fuglesang, aber da bist du falsch informiert.

Es ist explizit erlaubt, den PKW auch privat zu nutzen. Auch Angehörige wie Frau/Mann oder Kinder dürfen den PKW privat benutzen. Das steht auf dem Zettel, der einem das Führen dieses Fahrzeugs erlaubt, explizit drauf. Ich hab im Moment keinen Scanner o.ä., aber ggf. kann ich dir das Schreiben auch zeigen.

Dies ist genau die Art von falschen Informationen bzgl. Autos die ich bereits in meinem ersten Posting angeführt habe. Was soll das? Offensichtlich kennst du diese Regelung nicht genau. Wieso also behauptest du sowas, wenn du es nicht genau weisst?

Die private Nutzung von Firmenwagen war sogar einer der Hauptpunkte im vorangegangenen EU Gerichtsverfahren, welches das entsprechende dänische Gesetz erzwungen hat.
micha_i_danmark
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Beitrag von micha_i_danmark »

Klaus hat recht. Es gibt diese Regelung fuer auslændische Firmenwagen, wenn diese nachweislich ueberwiegend ausserhalb von Dænemark genutzt werden (Antag an Skat)
@ Klaus - mich wuerde mal interessieren ob SKAT fuer den Nachweis der im Ausland vs. Dænenemark gefahrenen Tage / Kilometer das Fuehren eines Fahrtenbuchs verlangt. Da Du vermutlich in DK lohnsteuerpflichtig warst: Hast Du den entsprechenden Geldwerten Vorteil in DK versteuern muessen? Das ist ja nach dieser Regelung eigentlich so vorgesehen (und das sind in DK mehr als die deutschen 1%)

Wird ein auslændischer Firmenwagen ueberwiegend in DK genutzt, ist uebrigens eine anteilige registreringsafgift fuer den Nutzungszeitraum zu zahlen.
Klaus2
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Beitrag von Klaus2 »

Soweit ich weiß, hätte Skat theoretisch das Recht, eine Art Fahrtenbuch zu verlangen, in dem die geschäftlichen Fahrten (aber nicht die privaten Fahrten) aufgeführt sein müssen. Das habe ich auch gemacht, aber tatsächlich hat das niemanden interessiert.

Bzgl. geldwerter Vorteil: Wir haben zusammen mit einem Steuerberater eine Möglichkeit gefunden, bei der der geldwerte Vorteil nicht zu versteuern ist, insofern trat das Problem nicht auf. Frag mich jetzt nicht nach den Details, so genau kenne ich mich da nicht aus.
Jan_K
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Beitrag von Jan_K »

heisst das also rein praktisch, wenn ich mich in deutschland selbstständig mache und auf mein deutsches unternehmen einen firmenwagen anmelde, den ich für geschäftliche fahrten nach deutschland nutze, dann darf der auf deutschen platten fahren, unabhängig davon, wieviel ich ihn privat nutze?
Klaus2
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Beitrag von Klaus2 »

Nein, mindestens 50% der Fahrten müssen beruflich im Ausland gefahren werden. Auch Fahrten zum Büro/Arbeitsplatz zählen als berufliche Nutzung.
Jan_K
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Beitrag von Jan_K »

ok, naja das ließe sich ja alles einrichten, zumal man das fahrtenbuch ja theoretisch ohne ende manipulieren könnte, wenn eh nur berufliche, aber keine privaten fahrten dokumentiert werden müssen...nicht dass ich solche manipulationen vorhätte, das wär schliesslich urkundenfälschung :mrgreen:

PS zählt eine fahrt ins ausland dann eigentlich voll als fahrt im ausland oder zählt der weg bis zur grenze, der ja nur mit dem ziel sich irgendwo in deutschland zu bewegen gefahren wird mit in die rubrik dienstliche fahrten in DK?
FLKO2007

Beitrag von FLKO2007 »

Klaus2 hat geschrieben:Bzgl. geldwerter Vorteil: Wir haben zusammen mit einem Steuerberater eine Möglichkeit gefunden, bei der der geldwerte Vorteil nicht zu versteuern ist, insofern trat das Problem nicht auf. Frag mich jetzt nicht nach den Details, so genau kenne ich mich da nicht aus.
Aber genau das ist ja der Haken an der Sache, wie muss man den geldwerten Vorteil nicht versteuern? Was bringt ein reg.-afgift freies Auto, wenn man den geldwerten Vorteil versteuern muss - der ja nach dänischen Autopreisen, d. h. inkl. reg-afgift festgelegt wird?

Gruß

Florian
MoldGold
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Beitrag von MoldGold »

Ein toller Bericht Klaus2!

Viele Grüße
Inga
Klaus2
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Beitrag von Klaus2 »

Es gab halt keinen geldwerten Vorteil. Es lief irgendwie so, dass ich die Kosten für das Firmenauto von vornherein aus der eigenen Tasche bezahlte. Wie gesagt, ich weiss nicht wie es juristisch funktioniert, ich weiss nur dass es funktioniert und legal ist.
cimberia
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Beitrag von cimberia »

Es kann ja jeder sehen, wie er es will, aber ich halte es moralisch für Unanständig. Hunderttausende Dänen müssen blechen, aber eine Handvoll Leute nicht.
Hoffentlich liest hier der eine oder andere Skat Mensch mit.

vh Frank
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