Sprachfehler: Die Komödie ”Der eingebildet Kranke”

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Berndt

Sprachfehler: Die Komödie ”Der eingebildet Kranke”

Beitrag von Berndt »

Das Stück ”Der eingebildet Kranke” von Molière.

Ich habe mehrmals festgestellt, daß nicht mal die Deutschen den Titel richtig schreiben können :( - Ich bitte deshalb zwecks Aufklärung um eure Hilfe. Deutsch ist ja nicht meine Muttersprache, aber nach meinem Sprachgefühl muß die Komödie doch ”Der eingebildet Kranke heißen. –”Eingebildet” ist ja hier kein Adjektiv, sondern tritt in diesem Zusammenhang adverbial auf, da es an das Adjektiv "krank" angeknüpft ist.

Nichtsdestoweniger sieht man sehr oft Sätze wie diese:
Der eingebildete Kranke… :( (korrekt ist doch: "Der eingebildet Kranke").
Und: Die Untersuchung des eingebildeten Kranken… :(
(Es sollte doch heißen: Die Untersuchung des eingebildet Kranken!).
Wie oben beschrieben: ”eingebildet” ist in diesem Fall kein Adjektiv, sondern wird hier als ein Adverb verwendet.
Hoffentlich habe ich es richtig verstanden - Auf dänisch ist es nämlich so. Es heißt: ”Den indbildt Syge” Und: Undersøgelsen af den indbildt syge. - Und nicht: ”Den indbildte Syge. Und: Undersøgelsen af den indbildte syge.
Die Person ist ja nicht eingebildet - sondern eingebildet krank :!: :wink:
MiFa
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Beitrag von MiFa »

Hallo Berndt! :D

Ich müsste ich schon sehr irren, wenn der Titel nicht "Der eingebildete Kranke" heißt. "Der Kranke" ist ein Substantiv und entsprechend ist "eingebildet" hier ein Adjektiv, das dann selbstverständlich gebeugt werden muss; also heißt es "Der eingebildete Kranke".
Anders wäre es aber, wenn folgendes zu lesen wäre:
"Der eingebildet kranke Mann".
Hier ist "Der Mann" das Substantiv und "eingebildet kranke" ist das Adjektiv.
Als Adverb würde "eingebildet" z.B. so verwendet: "Er ist eingebildet krank."

Inhaltlich ist die Aussage "Der eingebildete Kranke" natürlich auch etwas missverständlich, denn man könnte meinen es handelt sich um eine Person, die eingebildete ist. Gemeint ist aber, dass die Person sich einbildet krank zu sein.
Das Problem hier denke ich, dass es daran liegt, dass aus dem Adjektiv "krank" ein Substantiv (Der Kranke) geworden ist (siehe Schreibweise). Es müsste klein geschrieben werden, wäre es ein Adjektiv.

So habe ich es zumindest in der Schule gelernt.
Aber vielleicht hat ja jemand mehr Ahnung, und ich lerne noch etwas dazu.

Michaela :D
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Marion1

Beitrag von Marion1 »

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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

Deutsch ist ja nun auch nicht meine Muttersprache, trotzdem glaube ich, daß Bernd recht hat.

Ich kann Eure Logik auch nicht ganz folgen. "Krank" ist (und bleibt) ein Adjektiv. Baum, Pute und Haus sind dagegen substantive. Diese Beispiele beweisen daher gar nichts.

Ich bezweifle, daß Adjektive und Adverbien auf Deutsch in der gleiche Art und Weise gebeugt werden. Ich denke aber, daß Ursel dies aufgreifen wird :wink:

Ich habe aber ein wenig bei Google gestöbert. D.h. ich habe nach "Der eingebildet Kranke" und "Der eingebildete Kranke" gesucht, jeweils mit Anführungszeichen. Die drei ersten Treffer ohne E sind:

www.theaterkritiken.com
www.theaterimhausderkunst.de
www.bayerischesstaatsschauspiel.de

und es geht weiter mit Universität Salzburg, Theater Regensburg etc. etc. Alle diese Seiten (Autoritäten) bevorziehen also die Schreibweise ohne E.

Bei der Suche mit E kommt als erste der Artikel bei Wikipedia, und die fängt mit folgender Satz an: "Der eingebildete Kranke (richtig übersetzt würde es allerdings Der eingebildet bzw. vermeintlich Kranke lauten)".
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Ursel
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Beitrag von Ursel »

Hej allesammen!

Es stimmt zwar, daß "krank" ein Adjektiv ist ist.
In dem vorliegenden Fall aber ist es "substantiviert", d.h. es ist -wie das auch mit Verben geschehen kann! - zu einem selbst. Substantiv geworden.
Daher werden ihm zugeordnete Bezeichnungen, Attribute - also Adjektive - ganz normal dekliniert.

"Die Schöne und das Biest" ist auch so eine gängige Substanivierung von "schön".
Es könnte also durchaus und richtig :!: heißen: "Die schmachtende Schöne und das grausame Biest".
Die Adjektive richten sich nach den Substantiven, zu denen sie gehören.

Bei Verben nur mal als Beispiel: "Sein mutiges Handeln nötigte allen Respekt ab."

Gelobt sei die Groß- und Kleinschreibung (die ich selber zwar auch gern als erstes vor jeder anderen RSR geändert haben wollte = abgeschaffT), denn hier ist eindeutig klar, was eben Substantiv ist (auch wenn man es nicht immer sehen und anfassen kann !)

So gesehen kann man die Bezeichnung hier wirklich doppeldeutig auffassen, aber es stimmt doch: Der "Kranke" ist eben eingebildet.
In welcher Form diese Einbildung besteht, wird im Stück dann ja deutlich.

Interessante Frage, Berndt - aber das kennen wir ja von Dir! :wink:
Schön, Dich mal wieder zu lesen!

Gruß aus dem diesigen DK (wird es etwa Herbst?) - Ursel
annikade
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Beitrag von annikade »

Lars J. Helbo hat geschrieben:"Krank" ist (und bleibt) ein Adjektiv. Baum, Pute und Haus sind dagegen substantive. Diese Beispiele beweisen daher gar nichts.
Guten Morgen!

Nur ein kleiner Zwischenruf: "der Kranke" ist hier selbstverständlich als Substantiv, als Hauptwort zu betrachten.
Es heißt es ja auch z. B. "Krankenhaus". Das ist ein Haus für Kranke (aber: kranke Menschen) - und kein krankes Haus.

Zu dem eingebildeten oder eingebildet Kranken ist m. E. eine "Beweisführung" müßig. Korrekt wäre er warscheinlich nur ein "eingebildet Kranker" ohne "-er" ("Le Malade imaginaire"). Wer weiß, aus welcher Zeit die erste deutsche Übersetzung stammt. Damals war sie sprachlich womöglich sogar richtig! ;-)
Für mich läuft sowas praktischerweise unter der Rubrik "Dichterische Freiheit" und muss deshalb nicht weiter aufgedröselt werden. ;-)

/annikade
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

Normalerweise würde ich mich ja die versammelten Muttersprachler beugen. In diesem fall bin ich aber immer noch nicht überzeugt. Die Frage ist doch immer noch, worauf sich das Wort eingebildet bezieht? Bezieht sich das auf 1. die Person (d.h. ist er eingebildet und krank) oder bezieht sich das auf 2. der Art und Weise in dem er krank ist (d.h. er ist eben nicht richtig krank, sondern er bildet sich nur ein krank zu sein)? Ich denke 2.

In dem Fall verstehe ich aber immer noch nicht, woher das E kommen soll? Bzw. heißt es dann auch:

Der vermeintliche Kranke
Der schwere Kranke
Der tote Kranke
Der leichte Kranke
Der plötzliche Kranke

Oder anders gesagt. Es gibt doch ein Unterschied zwischen: Der sterbende Kranke und der sterbend Kranke, oder? Der letzte könnte sich doch mit etwas Glück wieder erholen, während das E sein Schicksal besiegelt.

Wie Bernd bitte ich um Aufklärung.
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Danebod

Beitrag von Danebod »

Die Aufklärung ist ganz einfach, Sprache ist nicht immer logisch...

Wenn der Kranke nicht wirklich krank ist, sondern sich seine Krankheit nur einbildet, muss es eigentlich "der eingebildet Kranke" heißen.

Wenn er wirklich krank und gleichzeitig eingebildet ist, heißt es "der eingebildete Kranke".

Nur dass man in der lebenden Alltagssprache nicht so pingelig ist und die Dinge schon mal durcheinander wirft, wenn aus dem Zusammenhang klar hervogeht, was wirklich gemeint ist.

Im Deutschen macht man das z.B. auch mit "dasselbe" und "das Gleiche".

Und Dänen sind auch nicht immer so pingelig, wo es z.B. um die Possessivpronomen geht, reflexiv oder nicht, "sin, sit, sine" oder "hans, hendes, deres"...
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

Danebod hat geschrieben: Wenn der Kranke nicht wirklich krank ist, sondern sich seine Krankheit nur einbildet, muss es eigentlich "der eingebildet Kranke" heißen.
Das ist genau der Punkt, so sehe ich das auch.
Danebod hat geschrieben:Und Dänen sind auch nicht immer so pingelig, wo es z.B. um die Possessivpronomen geht, reflexiv oder nicht, "sin, sit, sine" oder "hans, hendes, deres"...
Wiso? Der Unterschied ist doch nun wirklich einfach, logisch und systematisch :wink: - es heißt "sin, sit, sine", wenn das Wort auf den Satzgegenstand des Satzes verweist. In alle anderen Fällen heißt es "hans, hendes, dens, dets, deres". Wo soll dort ein Problem sein?

"Manden tog sin hat og gik" Manden ist Satzgegenstand, sin bezieht sich auf Manden, d.h. er nimmt sein eigener Hut. "Manden tog hans hat og gik" In diesem Fall hat er den Hut von jemand anderem geklaut.
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Danebod

Beitrag von Danebod »

Jo, genau so logisch wie "eingebildeter Kranker" und "eingebildet krank"...

In der Umgangssprache und manchmal auch geschrieben kann man bei muttersprachlichen Dänen finden, dass sie reflexives und nicht reflexives Pronomen im jeweils verkehrten Zusammenhang gebrauchen.

Wie die Deutschen es manchmal mit Adverbien und Adjektiven machen, sie behandeln sie, als wären sie dasselbe - oder das Gleiche? 8)
annikade
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Beitrag von annikade »

Lars J. Helbo hat geschrieben:Es gibt doch ein Unterschied zwischen: Der sterbende Kranke und der sterbend Kranke, oder? Der letzte könnte sich doch mit etwas Glück wieder erholen, während das E sein Schicksal besiegelt.
Man verwendet anstatt "sterbend Kranker" den Begriff "Sterbenskranker" oder "Totkranker".
Oder man sagt, "er ist sterbenskrank/totkrank". Berichtigt mich bitte, wenn ich falsch liege!
Die Redewendung "sterbend Kranker" ist mir gar nicht geläufig.
Aber ihnen allen geht es sehr sehr schlecht..... :wink: 8)

/annikade
MichaelD
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Beitrag von MichaelD »

Eine interessante Problemstellung, auch die Erklärungsversuche dazu. Ist mir übrigens auch aufgefallen, als ich das Buch las.

Ich muss Berndt und Lars recht geben, auch wenn ich Deutscher bin. Richtig ist nach meinem Sprachgefühl "der eingebildet Kranke", ganz so wie "der langsam Reisende", "die atemberaubend Schöne" oder "der angestrengt Freundliche". Aus heutiger Sicht erscheint "der eingebildete Kranke" verkehrt - und zwar doppelt verkehrt.

Zum ersten ist ja nicht so, dass Moliere von einer dünkelhaften Person schrieb. Vielmehr bildet der Beschriebene sich ein, krank zu sein.

Nur dann, wenn die Person krank UND eingebildet wäre, wäre die Übersetzung richtig. Etwa wie "die schöne Kluge". Deshalb glaube ich scheint die Endung vielen Deutschen unmittelbar vertraut und richtig.

Der andere Fehler liegt in dem speziellen Problem, das in dem Wort "eingebildet" liegt. Adjektivisch gebraucht, bedeutet es heute wohl immer dünkelhaft, in seiner anderen Bedeutung ist seine Anwendbarkeit gegrenzt. Heute würde man es in einer Wendung wie "das eingebildete Ass" verstehen als ein Ass, das (ausserdem) dünkelhaft ist. Es mag sein, dass man zu Molieres und seines Übersetzers Zeit "eingebildet" freier verwenden konnte als heute.

Zum Thema sin/hans:
Peter møder Jørgen. Jørgen og hans kone har været i teater...
Was ist da logisch?

Gruss Michael
Danebod

Beitrag von Danebod »

Jørgen og hans kone har været i teater...
Was ist da logisch?
Jørgen og konen
bruger måske forkerte refleksivpronomen?
:mrgreen:
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

MichaelD hat geschrieben: Zum Thema sin/hans:
Peter møder Jørgen. Jørgen og hans kone har været i teater...
Was ist da logisch?
Das ist logisch! :wink: Du mußt nur den einen Regel kennen: Es heißt "sin, sit, sine", wenn das Wort auf den Satzgegenstand des Satzes verweist. In alle anderen Fällen heißt es "hans, hendes, dens, dets, deres". Zweitens mußt Du den Satz ordentlich analysieren.

Wir gehen davon aus, daß die Frau mit Jørgen verheiratet ist. In diesem Fall zeigt "hans" zwar auf "Jørgen", aber "Jørgen" ist nicht Satzgegenstand des Satzes. Der Satzgegenstand heißt "Jørgen og hans kone". Das Wort hans ist also Teil des Satzgegenstandes, und somit kann es natürlich nicht auf sich selber zurückverweisen. Deshalb heißt es "hans".

Falls die Frau mit Peter verheiratet ist, zeigt "hans" auf "Peter". Peter ist aber in dem (zweiten) Satz gar nicht erwähnt und kann daher auch nicht Satzgegenstand sein. Auch in diesem Fall kann der Regel nicht erfüllt werden, und es bleibt bei hans.

"Sin" kann es nur heißen, wenn die Frau nicht Teil des Satzgegenstandes ist. Das wäre dann: "Jørgen gik i teateret med sin kone".

Noch besser ist natürlich diesen Satz: "Jeg var engang til et foredrag. Som foredragsholder skulle Vorherre komme. Desværre havde han meldt afbud, og istedet kom Hans Engel." :wink:
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Berndt

Beitrag von Berndt »

@ Michael.
Sin/hans:
Peter møder Jørgen. Jørgen og hans kone har været i teater...
Was ist da logisch?
Eine unerhörte ( :wink: ) clevere Frage - oder besser:
Eine unerhört clevere Frage. Ich bin zu kurz gekommen. Mir fehlt auch die Logik. "...og hans kone" würde mich normalerweise stutzig machen, aber hier muß man es als Däne so ausdrücken. Ich habe irgendwann in einem Thread vergebens versucht, es zu erklären.

Lars hat offensichtlich mehr Glück :)