Hej Fabula und alle,
da hast du ein sehr interessantes Thema angeschnitten (und zwar gerade, als ich auf dem Weg zu „meiner“ aussterbenden Insel in DK war.) Du hast Langeland ja schon erwähnt, und dazu kann ich, jetzt wo ich wieder hier bin, auch noch ein bisschen beitragen, weil ich dort sehr oft bin.
Es war wohl eher nicht die Kiel-Fähre, die der Insel den Rest gegeben hat. Mit der verschwanden die Butterfahrten, aber von denen hatte Langeland ja nicht soviel Profit (Tagestouristen in Bagenkop) Für Sommergäste aus DE ist der Weg nun zwar anders, aber zeitlich nicht länger. Viel schlimmer war m.E. der Wegfall der Fähre Lohals-Korsør, denn über diesen Weg war Langeland früher viel dichter an Seeland und damit an Kopenhagen angebunden. Als mit der Einweihung der Storbæltbrücke die Fähre eingestellt wurde, haben viele Seeländer/Kopenhagener ihre Sommerhäuser auf Langeland aufgegeben. Freunde aus Lohals haben uns erzählt, daß es früher 40 Geschäfte im Ort gab - heute gibt es 4. Aber alles hat zwei Seiten - mit der Fähre verschwand auch einiger Schwerverkehr aus dem Dorf.
Als wir unser Haus in Lohals vor vier Jahren kauften, sah ich das Dorf so wie du - sterbend. Und ich war mir gar nicht sicher, ob wir das richtige taten. Aber ich kann dich beruhigen: was du siehst ist Veränderung, aber die hört ja nicht dort auf, wo du sie schilderst. Tranekær-Kommune (heute Langelandkommune) hat inzwischen die Wohnpflicht aufgehoben - und etliche der damals verfallenen Häuser sind heute schöne, renovierte Ferienhäuser. Der Schritt war zurecht umstritten, da Tourismus ja nur im Sommer Leben in die Dörfer bringt - aber dort hat man gesagt: besser als nichts.
Gleichzeitig ist nun der Bau der Autobahn Odense-Svendborg im Gang (und fast bis Kværndrup abgeschlossen). Und da lese ich gerade diese Woche in der Inselzeitung: Rudkøbing ist weit im Verzug mit der Ausweisung von Gewerbegrundstücken. Die Nachfrage ist unerwartet hoch, so daß man die noch freien Grundstücke jetzt an die Firmen verkauft, die die meisten Arbeitsplätze auf die Insel bringen.
Und dann hat man die dänischen Rentner für die Insel entdeckt - und das geht so: ehemals wohnpflichtige Häuser werden jetzt als Sommerhäuser renoviert und ausgebaut von Leuten, die als Rentner dann in ihr „Sommerhaus“ ziehen, weil sie der Weg zur Arbeit dann ja nicht mehr interessiert. Ein gutes Pflegeangebot für die Zeit, die danach dann noch kommt, ist natürlich Voraussetzung - das wird also prioritiert.
Eigentlich wollte man auch Familien mit Kindern für Langeland begeistern - tolle Natur, intaktes Dorfleben (@ lillebæk: ich sehe weitaus mehr Vereine und Aktivitäten in dänischen Dörfern als in deutschen, zumindest als in dem deutschen Dorf, in dem ich aufwuchs. Ich habe sogar den Eindruck, man muß in irgendeinem Verein formand sein, um überhaupt zum Dorf zu gehören

). Mit der Kommunalreform ist jetzt auf Langeland leider eine Diskussion darüber entbrannt, wie viele der 8 Schulen der Insel geschlossen werden - aktueller Stand: mindestens drei in 2008, wahrscheinlich fünf bis 2010. Ursel hat ja schon auf die Bedeutung der Schulen für das Dorfleben hingewiesen: da hängt i.d.R. der Kindergarten dran, SFO, Räume für Vereine, in Lohals auch noch die Bibliothek. Wenn das alles weggespart wird (werden muss?), bleiben auf den Inseln und in den kleinen Dörfern nur Rentner und Touristen. Aber auch die Dänen stellen inzwischen öffentlich in Frage, ob der allgemeine Wohlstand des Landes jetzt nicht auch der Geographie Rechnung tragen kann.
Fazit: die Veränderungen die du, Fabula, siehst, sehe ich auch - aber ich sehe auch, daß damit nichts zu Ende ist. Die Dinge entwickeln sich weiter - und je teurer die Lebenshaltungskosten in den Ballungsgebieten, desto interessanter werden wieder die Dörfer und Inseln. Je teurer die Gewerbegrundstücke in zentraler Lage, desto eher rechnet es sich für Firmen, weiter raus zu gehen. Das ist alles im Fluss und zumindest für Langeland kann ich sagen, daß ich vor vier Jahren doch das richtige getan habe - denn dort geht es, unterm Strich, stetig aufwärts.
Liebe Grüße
Nullermand