Soziale Absicherung in DK bei Berufsunfähigkeit

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Sydstien
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Soziale Absicherung in DK bei Berufsunfähigkeit

Beitrag von Sydstien »

Hej,

ich habe da einmal eine Frage: Welche staatlichen Leistungen können Dänen in Anspruch nehmen, die aus gesundheitlichen Gründen ihren Beruf nicht mehr ausüben können? Gestern erfuhr ich von einer dänischen Bekannten, dass sie im letzten Sommer einen schweren Bandscheibenvorfall erlitt, danach ihre Arbeit verlor und jetzt - nach einer Operation - auf absehbare Zeit - nicht mehr arbeiten kann. Sie ist Mitte 40 und hat als gut qualifizierte Angestellte gearbeitet. Mehr weiß ich allerdings nicht über sie; es geht mir auch weniger um den Einzelfall als mehr um das allgemeine Problem der sozialen Absicherung bei Berufsunfähigkeit. Hat man dann in DK einen Rentenanspruch wg. Berufsunfähigkeit oder Erwerbsminderung? Damit meine ich nicht Ansprüche aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung. Wir haben hier im Forum oft die unterschiedlichen Formen der sozialen Sicherung in D und DK besprochen, aber zu diesem Thema habe ich auch in der Suche nichts gefunden. Ich danke jetzt schon allen für ihre Antworten.

Schöne Grüße von
Heinz-Dieter
MichaelD
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Beitrag von MichaelD »

Das würde mich allerdings auch mal interessieren. Seit zehn Jahren wohne ich nun in DK, aber von einer Sicherung gegen Berufsunfähigkeit habe ich noch nie gehört.

Was es gibt, sind Erwerbsunfähigkeitsrenten (Invalidenrenten) und Frühverrentung (aus gesundheitlichen Gründen). Das sind Themen für sich.

Es gibt verschiedene Ordnungen, wonach der Staat bei Beschäftigung von Behinderten und vermindert Erwerbsfähigen zuzahlt (an die Unternehmen).

Man muss auch verstehen, das Dänemarks aktive Arbeitsmarktpolitik sinnvolle Umschulungen unterstützt, ja von den Betroffenen erwartet. Ein Bäcker mit Mehlstauballergie wird sich dann vielleicht für eine Umschulung zum Koch entscheiden. Er erhält auch unter der Umschulung Arbeitslosengeld.

Von anderen Formen von Bezahlung direkt an von Berufsunfähigkeit Betroffene habe ich noch nie gehört.

Gruss Michael
Rørviger

Beitrag von Rørviger »

Mein Beispiel:

Ich wurde 1996 schwer krank.

War dann erstmal 4 Monate im Krankenhaus/zuhause.

Dann ging ich wieder arbeiten, bis 1999.

Dadurch, dass sich meine Krankheit verschlimmerte, wurde ich letztendlich auf "Fleksjob" eingestellt, welches in Praxis bedeutete, dass ich zu 50% "invalid" erklært wurde, und danach nur noch halbzeit arbeiten musste bis zu meiner Pensionierung 2004.

Das geht normalerweise so vonstatten, dass man natürlich demtentsprechend untersucht und anerkant wird, dann bezahlt der Arbeitgeber den halben des vorherigen Lohnes und die Kommune zahlt die Hälfte des Durchschnittslohnes innerhalb der jeweiligen Berufsgruppe obendrauf, so, dass man (fast) denselben Lohn weitererhält.

Bei meinem Arbeitgeber war es dann noch so, dass er den so niedrigeren Lohn wieder zum VOLLEN Lohn aufstockte, also noch oben drauf zahlte.

Ich war dann in der überglücklichen Situation, als langjähriger Mitarbeiter dieser Firma, halsbtags arbeiten zu können und dabei vollen ganztägen Lohn zu beziehen.

"Fleksjob" ist ein guter Weg und sozial sehr veträglich für alle Parter.

Mehr über Fleksjob und andere Möglichkeiten für durch Krankheit behinderte Menschen kann man immer hier finden:

http://borger.dk/forside/om-borgerdk
MichaelD
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Beitrag von MichaelD »

Um bei meinem Beispiel, dem Bäcker zu bleiben: Gibt es Bedarf für eine längerdauernden Umschulung, kann der Bäcker "revalidering" beantragen. Wird dem stattgegeben, erhält er während der Ausbildung einen höheren Lohnersatz als Arbeitslosengeld, nämlich z.Z. 14.000 kr. pr. Monat vor Steuern.

Neben der Fleksjobordnung, die mein Vorschreiber nennt, gibt es auch noch andere Ordnungen, die darauf beruhen, Leuten die Würde der Erwerbstätigkeit gegen Zahlungen an den Arbeitsgeber zu erhalten.
Urmel

Beitrag von Urmel »

Hej,

Dann stellt sich mir gleich die nächste Frage. Ich (Ute ) habe einen deutschen Versorgungsausgleich von 80% ! Wird der in Dänemark wohl genauso anerkannt, oder muß ich dort erst einen neuen Antrag stellen, um den Grad der Behinderung festzustellen ? Und wie sieht es mit dem Kündigungsschutz aus ? Hier kann mich der Arbeitgeber nur mit Zustimmung des Sozialgerichtes kündigen, ebso steht mir pro Jahr eine Woche Sonderurlaub zu und eine steuerliche Vergünstigung. Gibt es das alles eigentlich auch in DK ? *grübel*

Hilsen
Ute
Tina W.
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Beitrag von Tina W. »

Hallo, Ute!

Also, ganz sicher kann ich dir sagen, dass der deutsche Schwerbehindertenausweis in DK nicht anerkannt wird. Sprich, hier gibt es so etwas nicht.

Ob es steuerliche Vergünstigungen gibt, kann ich dir nicht sagen Ich selber bin seid mehr als 3 Monaten auf der Warteliste für eine Untersuchung bei einem Spezialisten.

Das Einzige, was ich kenne, ist die Möglichkeit eines Fleksjobs, aber dass wurde hier schon beschrieben.

Mein deutscher Schwerbehindertenausweis wird gerade, zwecks Verlängerung geprüft. Das hierfür zuständige Amt ist, bei Schwerbehinderten, die in DK leben, das Auslandsversorgungsamt in Schleswig.

Es grüsst,
Tina
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

So viel ich weis gibt es für Behinderte keine steuerliche Vergünstigungen - genau so wenig wie für Rentner oder Sozialhilfeempfänger. Grundlegend ist man eben der Meinung, daß es nicht Aufgabe des Finanzamtes sein kann Sozialpolitik zu führen. Wenn die Leistungen entsprechend höher sind, ist das natürlich auch kein Problem, ob die das immer sind, weis ich nicht.

Zu Kündigungsschutz gibt es hier etwas:

http://www.dbio.dk/neobuilder.2006111611584223500031666.html

ist aber ein wenig in der Schwebe, weil: Ein Arbeitgeber darf niemanden kündigen wegen einer Behinderung. In dem fall soll der Arbeitgeber stattdessen versuchen den Arbeitsplatz anzupassen, damit der Arbeitnehmer weiterhin seine Tätigkeit ausüben kann. Allerdings nur, wenn die Maßnahmen angemessen sind.

Eine Kündigung kann aber trotzdem statfinden, wenn es dafür andere Gründe gibt. Dazu kommt, daß längerwarende Krankheit in vielen Fällen als Kündigungsgrund gilt und es noch keine Urteil dazu gibt, was Behinderung und was längerwarende Krankheit ist.

Außerdem kann man vielleicht grundlegend sagen, daß es in DK sehr schwer ist eine Behindertenrente zu bekommen. Es gibt dagegen jede Menge Hilfen für Umschulung, Flexjobs etc. Dahinter steckt der Gedanke, daß man niemanden "aufgeben" darf. Das ist natürlich auf eine Art ein guter Gedanke. Wir wissen aber auch, daß es für Untersuchungen bei Spezialärtzte oder -Kliniken oft Wartezeiten von etliche Monate gibt. Dann gibt es Probearbeiten, Austesten und Umschulung. Vielleicht stellt sich heraus, daß der erste vorgeschlagene Beruf dann doch nicht funktioniert. Dann gibt es eine neue Umschulung.

Unter Umständen kann damit vom erste Anzeichen der Behinderung bis zur endgültigen Anfang des neuen Flexjobs gut 8 bis 10 Jahren vergeben. Man hört regelmäßig von Behinderte, die dies als sehr großer Belastung empfindet, weil es ja auch mit sehr viel Unsicherheit verbunden ist.
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