Heute gefunden, vieles wiedererkannt

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Hilsen Andi

Quelle: WESER KURIERonlineAuf der Suche nach dem Dosenöffner
Ferienhaus-Urlaub in Dänemark / Eine ganz persönliche Liebeserklärung an die liebenswerten Nachbarn im kleinen Königreich
Von unserem Mitarbeiter
Bernd Schiller
Südesse? Nein, Dänemark. Und zwar dort, wo Nordsee und Ostsee aufeinander treffen - bei Skagen im Nordosten Jütlands. Foto: Hansen
zum Thema
Hausmiete: Diverse Anbieter bieten Urlaubsunterskünfte an. Kataloge in Reisebüros. Vor- und Nachsaison-Preise deutlich billiger als in den großen Ferien, die Ostseeküste ist generell günstiger als die Nordsee-Seite.
Reiseführer: Familien-Reiseführer Dänemark, Companions-Verlag.
Auskunft: Visit Denmark, Glockengiesserwall 2 in 20017 Hamburg, Telefon 01805 / 32 64 63, Interent: www.visitdenmark.com
SKAGEN. Kurs Norden, Kurs Ferienhaus. An Flensburg vorbei, Richtung Küste. Im Autoradio hören wir, was sich in den Charterhallen der Flughäfen so abspielt und auf den südlichen Autobahnen, so kurz vor der großen Reisewelle.Wir fahren entspannt durch Hans Christian Andersens Sommerland: Fachwerkstädtchen, grellgelber Raps, Hügel, ein paar Seen, etwas Wald - und mittendrin, gut getarnt und mit dem nötigen Abstand, Hunderte, ach was: Tausende bunter Holzhäuser.Eben haben wir nachgerechnet. Zum 28. Mal sind wir in ein dänisches Ferienhaus gezogen. Zuerst waren es, vor Jahren, einfache Hütten, weit im Norden, zwischen zwei Dünen versteckt.
Später, vier, fünf fröhliche Sommer lang, haben wir unser Stammquartier etwas weiter südlich gefunden: ein gemütliches Holzhaus mit hellen Möbeln und zwei Terrassen, eine fürs Frühstück, eine für frokost, so heißt das Mittagessen bei den Dänen.Zweimal haben wir uns danach, einmal an Ostern und einmal im späten Oktober, sogar ein Haus mit Swimmingpool, Sauna und Superküche gegönnt, so groß und so cool, dass sich darin sogar eine kleine Computerfirma zum Nachdenken hätte zurückziehen und mit dieser location angeben können. Aber bei uns waren nur Hans-Peter und Gisa dabei, unsere besten Freunde, und natürlich Pele, ihr Dackel mit dem struppigen Fell.Alle zusammen haben wir uns am Strand stundenlang gegen den Wind gestemmt. Wir haben uns Kosten und Räume des großen Hauses geteilt.
Pele hatte seinen Platz vor dem Bullerofen. Und die Kinder haben es sich in den Doppeldecker-Betten kuschelig gemacht. Es gab frischen Fisch vom Kutter, rote Würstchen (auch für Pele), buntbelegte Brote und jeden Morgen Wienerbröd vom königlich-dänischen Bäcker. Dorthin und zum Kutter und zum Köbmand sind wir natürlich mit dem Fahrrad gefahren.Und am ersten Abend, auch das war ein Ritual, suchten wir den Dosenöffner, oder genauer: einen Dosenöffner, mit dem man Dosen öffnen konnte.
Das ist nicht selbstverständlich. Erfahrene Ferienhaus-Urlauber wissen: Nicht nur Bratpfannen muss man mitnehmen, weil es im Ferienhaus nie dir richtigen gibt. Auch Korkenzieher (für alle Fälle).Ja, und eben Dosenöffner, die man kennt und bedienen kann. Es gibt nämlich in nahezu jedem Sommerhaus ein anderes System. Unglaublich, was sich da alles in die Schubladen verirrt. Irgendwann haben wir dann den alten Öffner, den einer von uns mit in die Ehe gebracht hat, nach Dänemark exportiert - und am Schluss dort vergessen. Ich glaube, es war in der Jammerbucht. Dort liegt er vermutlich heute noch.Womit wir beim Vorurteil Nummer eins wären: Ferienhaus-Urlaub, so sagen die, die es nie ausprobiert haben, ist die Fortsetzung des Alltags mit anderen Mitteln. Okay: Die Betten müssen gemacht werden, es muss geputzt werden und, meistens jedenfalls, gekocht und abgespült.
Die Duschen, wie überhaupt die Badezimmer, sind meistens eng, die Schränke überall schmal, die Kinder-Schlafzimmer klein - und niemand räumt sie auf, genau wie zu Hause.Auf der Habenseite, viel dicker anzusetzen als die paar Handgriffe, steht die große Freiheit: Frühstück gegen elf oder wann auch immer, gern im Pyjama, Spaß ohne Stress, ohne feste Essenzeiten, ohne Kleiderordnung. Wenn der kleine Bruder weint oder kleckert, gucken weder Kellner noch die Leute vom Nachbartisch genervt, allenfalls die große Schwester.Unser System, beispielsweise, läuft auf eine keineswegs penibel festgelegte Arbeitsteilung hinaus: Wer nicht gerade dringend Seesterne trocknen oder in der Kuschelecke die letzten Seiten vom Krimi lesen muss, nimmt einen Besen in die Hand und fegt mal eben den Sand zur Tür hinaus, präpariert schon mal das Gemüse für den Abend oder studiert die Bedienungsanleitung für den Fernseher.
Die Probleme mit der Satellitenschüssel haben längst die mit dem Dosenöffner abgelöst. Sogar das Knobeln um den Abwasch hat sich weitgehend erledigt: Es gibt heute selbst in den meisten Standardhäuschen eine Spülmaschine. Daran jedenfalls sollte nicht gespart werden.Und warum immer wieder Dänemark ? Weil dort die Briefkasten so altmodisch aussehen wie die Uniformjacken der Postboten, beide sind so schön knallrot wie die Pölser. Weil die Brezel-Schilder an den Bäckereien ein Krönchen tragen und auch die Schilder an der königlichen Post. Weil über allen Vorgärten schmale Fahnen im Seewind wehen, rot-weiß, der Danebrog. Und weil in diesen nicht immer so ordentlichen Vorgärten Malven blühen und andere Bauernblumen. Und weil es so wenig Verbotsschilder gibt und gar keine Kurtaxe und ganz wenig Zäune.
Es ist der dänische Hang zur Gelassenheit, den wir, wie hunderttausend andere Norddeutsche, so mögen. Hyggelig sagen sie jenseits der Grenze, und das meint mehr als nur gemütlich; es ist eine Haltung, eine Lebensphilosophie, die sich auch in den Nippesfiguren hinter den niedrigen Fenstern ausdrückt: Schau-Fenster in eine Welt jenseits der Aufgeregtheit.Ein Volk, das Spatzen auf seine Geldscheine druckt, kann eigentlich nur nett sein, ideale Gastgeber für große und besonders für kleine Urlauber (auch wenn dieses nette Volk noch immer den Euro ablehnt und stur an seinen lustigen Kronenscheinen und den löchrigen Öre-Münzen festhält.Es gibt viele Gründe, die für Dänemark sprechen, so viele wie Sandkörner an den Küsten unseres Nachbarlandes im Norden: der Ausflug zum nächsten Kinderparadies, das immer Sommerland heißt und nie auch nur annähernd so viel Technik bietet wie die riesigen Erlebnisanlagen hier zu Lande.
Oder die Radtour zum Lieblingskeramiker, wo die Kinder staunen, was der Pottemager auf seiner Scheibe zaubert. Sie schauen solange zu, bis ihnen einfällt, dass sie ja noch gar nicht die Katze auf dem Kopfsteinpflasterhof gestreichelt haben. Nichts ist so erholsam und so schlicht-schön wie das Vertraute.Die Hafenfeste gehören dazu, die immer lustig und liebenswert und nie spektakulär sind, mit heißen Pfannkuchen und Marmelade, Hot Dogs und Softeis, mit Dosenwerfen und Limo-Disko für die Zehnjährigen. Auch die Restaurants, wo Kinder schon vor dreißig Jahren ganz selbstverständlich mit Malutensilien und Lego-Steinen ausgerüstet wurden, Lokale, wo der Koch nicht selten aussieht wie der aus der Muppet Show, und wo der Kellner ganze kleine Gäste gern mal fragt: "Und was wünssen Sie ssu sspeisen, meine Dame, mein Herr . . .?"