Job und Familie in Dänemark besser vereinbar?

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Tara
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Job und Familie in Dänemark besser vereinbar?

Beitrag von Tara »

Hallo, ich habe gehört, dass es in Dänemark sehr viel leichter ist, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bekommen als bei uns. Könnt Ihr das bestätigen? Und wenn ja, woran liegt das? Gibt es mehr Krippenplätze, sind die Arbeitgeber flexibler oder was ist der Grund? Danke für Eure Erfahrungsberichte.
Hendrik77
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Beitrag von Hendrik77 »

Ich arbeite in der Pflege und das was ich so bei den Kolleginnen mitkriege ist das die Betreuung besser geregelt ist über die Kommunen. Was das finanziell im Einzelfall bedeutet kann ich nicht sagen.
Vieles ist kommunal geregelt und deswegen kann es da schon Unterschiede geben.
Es ist normal das mit dem AG Absprachen getroffen werden können z.B. bezüglich Arbeitszeit.
Wenn beide Elternteile arbeiten sind auch oft die Großeltern mit eingebunden, soweit möglich.
Ob dies für alle Branchen in DK gilt kann ich nicht sagen und ich glaube als Ausländerin muß man sich auch erstmal die Ansprüche erarbeiten,falls man keinen dänischen Partner hat. Finanzielle Leistungen etc sind eben auch an Bedingungen gebunden.

Mvh
Henrik77
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danger
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Beitrag von danger »

Hallo Tara!
Das kann ich bestaetigen!
In unserer Kommune gibt es einen Anspruch auf einen Kinderkrippenplatz ab dem 6.Lebensmonat des Kindes! Das heisst also, dass die Eltern bereits ab da an wieder arbeiten gehen koennen! Gibt es keinen Platz bei der Kommune direkt, so erhaelt man einen Platz bei einer Tagesmutter, welche fuer die Kommune arbeitet. In der Regel sind dort dann 3-5Kinder.

Bei unserem Arbeitsgeber war es kein Problem am Anfang mit den Stunden runter zu gehen um die Anfangszeit in der Kinderkrippe zu meistern. Als alles lief wurden die Stunden eben wieder hochgesetzt!

Unsere Tagesmutter hatte "Oeffnungszeiten" von 6.30-16.30Uhr. War also kein Problem Kind und Arbeit zu kombinieren!

Bis denne!
danger :D
Pumuckel
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Beitrag von Pumuckel »

Hej, das kann ich auch bestætigen. Ich arbeite in der Landwirtschaft, und wenn mir nachmittags mal meine Børnepige nicht konnte, dann hab ich den Kleinen eben einfach mitgenommen. Fuer ihn das Grøsste, mit auf den Traktor, Kælber fuettern helfen etc. Und fuer beide AG garkein Problem, beide haben Kids und da fiel einer mehr auch nicht auf.....
Man vergisst leicht um was es sich gehandelt hat, aber nie wie man behandelt wurde.....
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Tara
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Beitrag von Tara »

Vielen Dank für Eure Beiträge! Da fragt man sich doch, warum das in Deutschland noch immer zu oft so schwierig ist! Manchmal denkt man echt, die wollen nicht wirklich, dass man Kinder bekommt. Oder dass frau arbeitet! :-(
adi
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Beitrag von adi »

Hej Tara,

grundsätzlich kann man Deine Frage mit "ja" beantworten.
Allerdings gibt es immer 2 Seiten der Medaille :!:

ja, wenn frau schwanger ist, schlagen die meisten Arbeitgeber nicht die Hände über dem Kopf zusammen und denken als erstes: die kann doch nie wieder arbeiten - so wie es gern in D gemacht wird. Bzw wird eine Mama, die in ihren Job zurückkeht, nicht mit miesen Methoden aus dem Arbeitsmarkt gemobbt, wie viel geschieht in D.

Und ja, wenn man Kinder hat, ist es kein Problem, rechtzeitig zu gehen, um die Zwerge aus Krippe / KiGa / Schule abzuholen - man wird nicht schief angeguckt oder mit dummen Kommentaren begleitet, a la: "ach, schon Feierabend?"
Es gibt hier idR nicht das klassische Wettsitzen, wer ab 18h als erstes heim geht hat verloren.
Auch die Papas sind meist spätestens zum Abendessen daheim und sehen ihre Kinder wochentags tagsüber (während viele Papas in D ihre Kinder gerade mal am WE zu Gesicht bekommen)
Auch beteiligen sich die Papa's sehr, was abliefern und/oder abholen angeht

Ja, man hat Platzgarantie - die Zwerge werden betreut!
Garantiete Betreuung garantiert aber noch lange nicht, dass sie auch gut ist. Man bekommt nicht immer Platz in seiner Wunschinstitution - und muss ihn meist annehmen, weil man zurück in den Job MUSS, und es sich nicht leisten kann, die 3 monatige Sperre, die man bekommt, wenn man den Platz ablehnt, daheim bleibt,
Gerade in Kopenhagen trifft es einige Familien, dass sie keinen Platz in der Nähe bekommen, sondern erst mal ans andere Ende der Stadt pendeln müssen, um ihre Zwerge abzuliefern.
Dann gewöhnt man seinen Schatz erst in eine Institution ein, und wenn man Glück hat, wird nach 6 Monaten ein Platz in der Wunschinstitution frei (sofern man auf der Warteliste stehen bleiben darf), und die Eingewöhnung geht von vorne los. Und weil dann nicht mehr viel Zeit ist, sind es diese HauRuckEingewöhnungen, wo die Kleinen beim Abliefern erst mal ein Heulkonzert hinlegen. :(
Immerhin gibts für die Geschwister meist eine Platzgarantie in der gleichen Institution - auch da gibt es aber Ausnahmen und es gibt Familien, die 2 Kinder an 2 verschiedenen Stadtenden abzuliefern und abzuholen haben - was meist eine logistische Herausforderung darstellt, vor allem wenn man die Öffnungszeiten der Institution einhalten muss, gewisse Fahrtzeiten hat und dazu noch 8 Stunden arbeiten muss.

Viele Arbeitgeber bieten an, dass man von daheim arbeiten kann - sofern es der Job erlaubt. Und viele Eltern arbeiten dann abends, wenn die Zwerge schlafen.

Und ja, Mama geht wieder arbeiten, kann auch ihre Arbeitszeit reduzieren, um Familie & Arbeit unter einen Hut zu bekommen!

So schön, so gut.

und die andere Seite?
Den meisten Familien ist es unmöglich, zu wählen, dass Mama/Papa daheim bleibt, da es finanziell einfach nicht machbar ist - auch können nicht alle Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit reduzieren. Gesellschaftlich ist die "Hausfrau" auch nicht im hohen Kurs, würde ich mal behaupten.

Und mit Vollzeitjob dreht sich das Hamsterrad!
Die Kinder sieht man dann auch nur in Verbindung mit dem hektischen Morgen: schnell anziehen, frühstücken, abliefern - die Eltern gehen zur Arbeit. Sein Pensum schaffen, rechtzeitig los kommen, die Zwerge holen, nach Hause, essen machen, bettfertig machen, gute Nacht.
Wo da nun wirklich Qualitätszeit bleibt, hab ich zB noch nicht herausgefunden.
Arbeitszeitreduzierungen resultieren meist in weniger Geld, bei gleichbleibenden Aufgaben ...

Ich rätsele aber immer noch: wie machen die meisten dänischen Familien das :?: :
Morgens um 8 ist meine Kleine die 1. in der Krippe, und nachmittags um 4 sind meine Zwerge eher mit die letzten. Wie machen das die anderen Familien?
Viele Mamis sind dann doch auf 30 Stunden, viele arbeiten wirklich sehr viel am Abend, wenn die Zwerge im Bett sind, und auch am Wochenende auch vor allem die selbstständigen ...
Problematisch an der ganzen Sache ist: es ist meist die Mutter, die ihre Arbeitszeit reduziert - damit aber auch ihre Altersabsicherung verringert (viele Arbeitgeber haben eine private Pensionsversicherung, wo bei reduziertem Gehalt auch reduzierte Einzahlungen erfolgen) - auch bei der Elternzeit geht v.a. der Frau die Altersvorsorge verloren.

Gut, alles meiner Meinung dennoch viel besser gelöst als in Deutschland.
Und hier stellt sich die irre Diskussion der harten Muttifronten erst gar nicht: arbeitende Mamafront gegen Hausfrauenfront, von wegen, wie kann man sein Kind in die Krippe / in den KiGa geben, es gehört doch an den Rockzipfel und so weiter...

Was mir in beiden Ländern fehlt: die Wahl!
Die Wahl mit gutem Gewissen arbeiten zu gehen, trotz Kindern
Die Wahl mit gutem Gewissen zu Hause zu bleiben, mit den Kindern
oder eine Lösung dazwischen.
Je nachdem, womit sich eine Familie individuell am besten fühlt.
Und eine Sicherung zu haben, dass je nachdem was man wählt, nicht der finanzielle Ruin droht.
Und vor allem die gesellschaftliche Akzeptanz, dass man seine Wahl getroffen hat und es so ok ist.
Tara
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Registriert: 10.09.2012, 18:10

Beitrag von Tara »

Hallo Adi,

also da muss ich dir voll und ganz zustimmen: Was mich auch immer am meisten aufregt ist diese Polarisierung. Es gibt diejenigen, die immer noch von "Rabenmüttern" sprechen, wenn Frauen ihre Kinder in die Krippe geben. Und es gibt diejenigen, die Frauen, die gern zu Hause bleiben als "Hausmuttchen" bezeichnen.
Ich finde auch, dass es jeder Familie frei stehen sollte, die Lösung zu finden, die am Besten passt! Ohne blöde Kommentare, ohne Steine im Weg, ohne finanzielle Sorgen. Da bin ich absolut deiner Meinung! Das bedeutet für mich auch wahre Emanzipation: Die freie Wahl!