Ausstellung Besatzungszeit / Udstillingen 'Spærretid'

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Martin Hofer

Ausstellung Besatzungszeit / Udstillingen 'Spærretid'

Beitrag von Martin Hofer »

Hej!

Das [url=http://www.natmus.dk/sw4509.asp]Nationalmuseum[/url] in Kopenhagen ist ja ohnehin einen -- ausgiebigen! -- Besuch wert. Neben der Ausstellung über die Geschichte und Vorgeschichte Dänemarks gibt es im völkerkundlichen Teil einen hochinteressante Bereich über die Inuit Grönlands (das ja technisch gesehen auch zu Dänemark gehört).

Derzeit läuft dort aber auch eine sehr interessante [url=http://spaerretid.natmus.dk/]Sonderausstellung[/url] über die Zeit der deutschen Besetzung Dänemarks 1940-45. Sie zeigt die Geschichte ab der von Kriegsangst geprägten Zeit vor dem Einmarsch, die ersten Jahre unter deutschem "Schutz" (so wurde es seitens der Besatzer offiziell bezeichnet) mit noch recht weit erhaltener dänischer Souveränität, die Eskalation zwischen dem wachsenden dänischen Widerstand und den zunehmend ungeschminkt als Besatzer und Unterdrücker auftretenden deutschen "Beschützern" und schließlich den Zusammenbruch und die erste Zeit nach der Befreiung.

Man bekommt ein wenig ein Gefühl dafür vermittelt, wie die Stimmung damals gewesen sein muss. Wie die deutschen Repressalien erst nach und nach angezogen wurden und man immer gehofft haben muss, dass dies nun die letzte Verschärfung war -- bis man nichts mehr dagegen unternehmen konnte. Wie von den Besatzern ein ums andere Mal etwas versprochen wurde, das dann nicht gehalten wurde. Wie die dänische Seite sich immer wieder, im Interesse ihrer Bürger, zähneknirschend zu weiteren Zugeständnissen gezwungen gesehen haben muss (beispielsweise zur Errichtung des Lagers Frøslev, um die Deportation von Landsleuten in deutsche Lager zu verhindern) und auch diese Zugeständnisse nur ausgenutzt wurden (es wurden trotzdem Dänen aus Frøslev deportiert). Wie man als Däne am Schluss das Gefühl gehabt haben muss, nicht genug getan, sich nicht genug gewehrt zu haben -- ein Gefühl, das auf die Dauer vielleicht schlimmer ist, als ein rein militärisches Kriegsopfer zu sein.

Den überall zu findenden, meist von Widerstands-Veteranen aufgebauten Widerstands-Museen wird oft vorgeworfen, ein einseitiges, wenn nicht gar geschöntes Geschichtsbild zu präsentieren (ich selbst kann dazu nichts sagen, ich war noch in keinem). In dieser "offizielle" Ausstellung werden selbstkritische Themen jedenfalls nicht ausgespart, sondern im Gegenteil sehr offen angesprochen: So die Rolle der dänischen Nazipartei DNSAP, dänische Kollaborateure und Informanten, Kriegsgewinnler beim Bunkerbau, die zweifelhafte Liquidierungspraxis von Kollaborateuren durch die Widerstandsbewegung und auch die Zustände in den Lagern für deutsche Kriegsflüchtlinge.

Ich habe den Eindruck einer sehr "runden" und gut gemachten Ausstellung gewonnen, die sich zwar an die Dänen richtet, aber auch für Deutsche sehr interessant zu besuchen ist. Wie alle anderen Ausstellungen des Nationalmuseums ist auch diese durchgehend dänisch und englisch beschriftet.

Der Eintritt ist übrigens für Inhaber einer Kopenhagen-Card kostenlos.

-- Martin
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