
Nachdem ein nicht von mir verlinkter Pressebeitrag über hohe Kokainkonzentrationen im Abwasser von Kopenhagen mitsamt den darauf folgenden Antworten wegen OT im Zigarettenthread gelöscht wurde greife ich das Thema an hoffentlich richtiger Stelle nochmals auf. Hier der zunächst verlinkte und dann gelöschte Link:
https://www.tv2lorry.dk/artikel/spildev ... e-kokainby
Und hier eine auszugsweise Google-Übersetzung:
“Laut Angaben der EU-Drogenbehörde, die am Dienstag ihren Jahresbericht veröffentlicht hat, sind Proben von über 50 Abwässern europäischer Städte zu finden.
Im Abwasser von Kopenhagen wurden pro Tag 337 Milligramm Kokain pro 1000 Einwohner gemessen.
Es ist mehr als doppelt so viel wie in Oslo, wo 151 Milligramm gemessen wurden, während in Helsinki nur zehn Milligramm gemessen wurden. (…) London führt die Kokainmessung an. 909 Milligramm pro 1000 Einwohner pro Tag wurden gefunden, während in Amsterdam, der Nummer zwei der Liste, 642 Milligramm gefunden wurden. (…) Von über 50 europäischen Städten belegt Kopenhagen nach London, Amsterdam, Zürich, Brüssel, Antwerpen, Barcelona, Genf und St. Gallen immerhin den neunten Platz in diesem Vergleich."
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Anfangs hatte ich nicht richtig gelesen und ging von hohen Kokainkonzentrationen im Trinkwasser aus. Aber es geht tatsächlich um das Abwasser. Das bedeutet aber lange nicht Entwarnung. Letztlich deuten die in Kopenhagen gemessenen Werte auf einen recht hohen Kokainkonsum in der Stadt hin. Aber warum ist das so? Wie kann es sein, dass einer der beliebtesten Hauptstädte Europas, wo alles Fahrrad fährt und die Welt noch für Touristen wie eine heile Märchenwelt vorkommt, ein anscheinend heftiges Drogenproblem hat?
Dass London und Amsterdam die Drogenhochburgen in Europa sind dürfte allgemein bekannt sein. Aber Kopenhagen? Ok, Platz 9 auf der Koks-Rangliste von 50 europäischen Städten ist nicht die Spitze, stimmt aber dennoch nachdenklich. Wie kann das sein?
Wer dann aber ein wenig nachdenkt kommt drauf. Die Stadtväter von Kopenhagen gönnen sich nämlich etwas ganz besonderes: Ein selbst verwaltetes Stadtviertel mit dem schönen Namen „Freistadt Christiania“, in der zwar eigene Strukturen herrschen aber letztlich nichts anderes als ein Ort behördlich geduldeter Anarchie ist. Die Häuser rings um die Pusher Street mit Cannabispflanzen auf den Fensterbänken und herumlungernden Gestalten denen nicht nur das Gras aus der Tasche wächst prägen das Bild.
Offiziell ist der Handel und Konsum von Cannabisprodukten in Dänemark verboten. Dennoch wird der jährliche Umsatz von Cannabis rings um die Pusherstreet auf 70 – 130 Mill. Euro geschätzt. Seitdem die Hells Angels und andere Verbrecherbanden zunehmend Einfluss auf Christiania und deren Bewohner ausüben ist der Drogenhandel dort ziemlich unüberschaubar geworden. Heute gilt Christiania als erste Adresse für harte Drogen in Dänemark. Und die Hells Angels und andere Gangs geben sich nicht mit Cannabis ab. Da ist eher Kokain und Heroin gefragt. Die Einnahmen von Cannabis füllt da nur die Portokasse.
Natürlich muss auch „normal“ Geld verdient werden. Irgendwie muss das Lotterleben der dort hausenden Alt- und Möchtegernhippies ja finanziert werden. Und so scheinbetätigen sich einige dieser schrägen Paradiesvögel dann als Modeschmuckdesigner, Verkäufer von (selbst genähten) Klamotten, die es in den 1970er Jahren bereits auf den Hippiemärkten von Ibiza gab oder gar als Töpfer.
Den gut gelaunten Touris, die auf Leihfahrrädern ihrem Fahrradguide durch diese skurrile Welt folgen fallen die in den Ecken liegenden Kartons mit der Aufschrift Made in China nicht auf.
Hin und wieder macht das Untervolk auch wegen einer Schießerei von sich reden. Ein Polizeibeamter wurde auch schon mal lebensgefährlich angeschossen. Nach solchen Vorkommnissen gibt es dann immer heiße Debatten. Die einen wollen den „Schandfleck“ Kopenhagens lieber heute als morgen auf der Stadtkarte ausradieren, die anderen schätzen Christiania als etwas erhaltenswertes, wofür und wen auch immer. Selbst die Polizei ist da hin- und hergerissen. Einerseits bereitet der das Stadtviertel Arbeit und Ärger mit teils gefährlichen Einsätzen andererseits hat sie da die Drogenszene gut im Blick. Bei Auflösung der Gemeinschaft würde sich diese in die Wohnviertel der ganzen Stadt verteilen. Für die Ermittlungsarbeit der Polizei wäre das gar nicht gut. Hmm…
Werden hin und wieder mal Stimmen laut was den Fortbestand Christianias betrifft wird deren Selbstverwaltung demonstrativ tätig. Öffentlichkeitswirksam werden Drogendealer aus der Gemeinschaft rausgeworfen. Unterm Strich ist das aber nur Show und es ändert sich nichts. Ganz im Gegenteil, Christiania zieht Drogentouristen aus ganz Europa an und einige bleiben gleich da, wenn nicht in Christiania selbst (wegen Raummangel) dann irgendwo im Umfeld. Und, ja ist klar, die rauchen nur Bio-Zigaretten mit Tabak aus kontrolliert biologischem Anbau und Fair-Trade Siegel, das Cannabis auf der Fensterbank ist in Wirklichkeit Spinat und evtl. erwirtschaftetes Geld wird der Drogenhilfe gespendet.
Um nun auf die hohe Kokainkonzentration in den Abwässern von Kopenhagen zurück zu kommen: Ich denke, die Ursache ist klar. Von nichts kommt nichts, von viel kommt viel. Und Kopenhagen hat nun Dank der Großzügigkeit und Freizügigkeit seiner Stadtväter ein weiteres Problem. Kokain im Abwasser ist das Eine. Wenn es dabei bliebe wäre das ja nun nicht weiter schlimm. Nur bleibt das Zeug genau so wenig im Abwasser und in den Flüssen und Meeren wie Plastik. So wurde jetzt auch schon Mikroplastik in unserem Trinkwasser nachgewiesen. Zwar noch in eher homöopathischen Dosen aber immerhin. Noch weiß kein Mensch, wie hoch der Mikroplastikanteil in unseren Lebensmitteln sein darf bzw. welche Dosis da gesundheitlich noch unbedenklich ist.
Bei Kokain weiß man das aber schon. Da bleibt die Frage, wann denn die ersten Babys mit einer Kokainembryopathie geboren werden.
Wie das sein kann? Wer in der Schule im Naturkundeunterricht beim Thema „Kreislauf des Wassers“ gut aufgepasst hat weiß da Bescheid.
Freizügigkeit und wegschauen hat eben ihren Preis. Um diese Erkenntnis kommen die Kopenhagener Stadtväter nicht herum. Es ist eben nicht alles Hygge.
Ich wäre ja für einen warmen Abriss dieses Kopenhagener Verbrecherviertel (natürlich bei vorheriger Evakuierung). Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
http://www.taz.de/!5507690/
http://www.emcdda.europa.eu/system/files/publications/2757/POD_Wastewater%20analysis_DE%202018.pdf