Färöische Literatur/Literatur über die Färöer auf Deutsch

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Arnstein
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Färöische Literatur/Literatur über die Färöer auf Deutsch

Beitrag von Arnstein »

In letzter Zeit sind einige interessante Titel erschienen, die auch Dänemarkfreunde interessieren könnten. Ich stelle sie mal chronologisch vor:

1. Färöisch Wort für Wort

Dieser Sprachführer von Richard Kölbl aus dem Reise Know-How Verlag erschien bereits 2004 und ist das erste und einzige Buch seiner Art. Es ist recht preiswert und hat einen enormen Nutzen. Gerade wenn man sich mit skandinavischen Sprachen befasst, ist das natürlich die ideale Ergänzung um einen schnellen Überblick zu bekommen. Aussprache und Grammatik werden auf komprimierte und unkomplizierte Art erklärt. Ich arbeite mit dem Buch schon anderthalb Jahre, und irgendwelche wesentlichen Fehler sind mir darin nicht aufgefallen. Es ist also ausgereift. Dazu gibt es eine CD.

2. Natürliche und Politische Historie der Inseln Färöe

Das ist nicht weniger als ein Reprint eines Buches, dass der dänische Pfarrer und Propst auf den Färöern Lucas Debes 1673 schrieb:

http://de.wikipedia.org/wiki/Lucas_Jacobson_Debes

Die deutsche Übersetzung erschien 1757 und wurde zum Standardwerk bis ins 19. Jahrhundert hinein. Leider wurde es nie wieder aufgelegt und ist nur in sehr wenigen Bibliotheken zu finden und im Antiquariat eine absolute Rarität und entsprechend unerschwinglich.

Der Deutsch-Färöische Freundeskreis hat es 2005 erneut herausgegeben, und nicht etwa nur als bloßen Faksimile-Nachdruck, sondern als Neuausgabe mit ausführlichen Fußnoten, einem Kapitel, dass nur in der dänischen Originalausgabe zu finden war (natürlich jetzt auf Deutsch), einem praktischen Index und einem ausführlichen Anhang mit biographischen und historischen Angaben.

Es ist auch ein Stück dänischer Geschichte, die in die Zeit der Einührung des Absolutismus und des Leidens der Färöer unter dem holsteinischen Kaufmann Christoffer Gabel berichtet, einem engen Mitverschwörer von Frederik III.

20 € sind wahrlich ein Schnäppchen für so einen Wälzer mit all seinen wisssentschaftlichen Bemerkungen. Bestellinfos hier:

http://forum.faroe-islands.de/phpBB2/viewtopic.php?t=307

3. Endstation Färöer

Dieser Krimi von Jógvan Isaksen, einem Dozenten für Färöisch an der Universität Kopenhagen, war der erste färöische Krimi überhaupt und erschien 1990 unter dem Titel "Blið er summarnátt í Føroyalandi":

http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=J%C3%B3gvan_Isaksen

Die deutsche Ausgabe ist eine Übersetzung aus dem Dänischen und stößt auf ein geteiltes Echo. Ich gebe zu, ich habe es bisher nicht gelesen, aber eine Diskussion mit weiteren Links findet sich hier:

http://forum.faroe-islands.de/phpBB2/viewtopic.php?t=171

Isaksen wird auf den Färöern jedenfalls gerne gelesen.

4. Stjørnuakrar - Sternenfelder

Dieser Gedichtband von Guðrið Helmsdal erschien vor Kurzem und ist was ganz Besonderes. Links steht der färöische Text, rechts die deutsche Übersetzung. Daher ist es schon mal Pflichtlektüre für jeden, der sich mit der Sprache beschäftigt.

http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Gu%C3%B0ri%C3%B0_Helmsdal

Vorgestern kam eine Rezension im färöischen Radio, die ich mal auf Deutsch übersetzt habe:

http://forum.faroe-islands.de/phpBB2/viewtopic.php?t=173 (dort auf Seite 2)

5. Briefmarken erzählen die Geschichte der Färöer

Dieses Buch wird jedes Philatelistenherz höher schlagen lassen, auch und gerade, wenn man Dänemark sammelt. Das Buch erscheint zum 30. Jahrestag der Färöischen Post (Postverk Føroya). Der Autor Don Brandt ist Amerikaner, der auf Island lebt und das Buch ist eine stark erweiterte Neuausgabe des gleichen Titels von 1996. Es müsste jetzt bald erscheinen (in den nächsten Wochen) und dann über www.stamps.fo bestellbar sein.

Inhaltlich ist es nicht nur ein buch über Briefmarken der Färöer, sondern eben auch über die Geschichte, und die Geschichten, die auf den Briefmarken erzählt werden. Da gibt es zum Beispiel ein ganzes Kapitel über Vögel, Schmetterlinge und Zikaden. Ein anderes Kapitel beschäftigt sich mit der Grönlandfahrt in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, die Nordische Mythologie wird ebenso gestreift, wie der färöische Kettentanz und die Kirchengeschichte.

Versehen ist das Ganze mit vielen Abbildungen, auch ganzseitige Abbildungen von historischen Postkarten und philatelistischen Raritäten (z.B. der erste Brief mit einer dänischen Briefmarke, der durchs Ausland gelaufen ist, nämlich von den Färöern über Schottland, England, Hamburg, Kopenhagen nach Ærø!):

Leseprobe:
Christian Pløyens Nachfolger als Amtmaður war nie beliebt. Carl Emil Dahlerup (1813-90) kam aus Dänemark und amtierte von 1849 bis 1861 mit seinem Schwerpunkt in der Landwirtschaft. Er schrieb am 5. Januar 1852 einen Brief an seinen jüngeren Bruder, einen Pfarrer in Ærøskøbing auf der kleinen Insel Ærø nördlich der Kieler Bucht, die bis 1864 zum Herzogtum Schleswig gehörte. Auf der Auktion im September 2003 wurde diese Sendung (Abbildung auf der nächsten Seite) als Teil von Per Erik Knudsens Sammlung mit dem höchsten Anfangsgebot von 25.000 Euro aufgerufen (und ging für 27.000 Euro weg!). Sie gilt sowohl als die erste bekannte Sendung von den Färöern mit einer dänischen Briefmarke, als auch als die erste bekannte Sendung mit einer dänischen Briefmarke, die fremde Postgebiete passierte. Jedenfalls ist es unwahrscheinlich, dass die 4-Schilling-Marke (fire rigsbank skilling) bereits auf dem Brief war, als er seine verschlungene Reise antrat, weil es auf den Färöern 1852 weder ein Postamt noch Briefmarken im Verkauf gab. Also wer hat die Sendung frankiert, gab ihr eine Federkreuzentwertung, und warum?

Die Einzigartigkeit dieser Sendung ist unbestritten. Wie Sie auf der Abbildung sehen können, ist es ein gefaltetes Briefpapier mit Tintenschrift, die auf der Vorderseite durchschimmert. Der Brief trägt auf beiden Seiten verschiedene Kennzeichnungen, die seine Seereise dokumentieren. Natürlich wäre der direkte Weg nach Kopenhagen sowohl schneller als auch kürzer gewesen, und tatsächlich liefen Briefe von Tórshavn nach Kopenhagen bis 1870 unfrankiert. Stattdessen ging dieser Brief erst nach Shetland, wo er in Lerwick einen rechteckigen Transitstempel vom 7. (oder 27.) Januar 1852 bekam, und zusätzlich einen merkwürdig geformten Schiffsstempel, der in keinem Spezialkatalog aufgeführt ist. Zwei weitere Transitstempel erscheinen auf der Rückseite: Ein Kreisstempel London vom 9. Februar 1852 und ein Zweikreisstempel Hamburg K.D.O.P.A. vom 13. Februar. Die Sendung hat weder Transit- noch Eingangsstempel von Dänemark.

Die dänische Briefmarke hätte dem Porto für einen Brief bis 15 Gramm von Kopenhagen nach Ærøskøbing entsprochen, wenn er diesen Weg genommen hätte. Das handschriftliche 23? RBS auf der Vorderseite wurde in Lerwick vermerkt, um den Tarif nach Kopenhagen anzugeben, wenn der Brief jenen Weg gegangen wäre. Ein Experte meint, dass die No. 7 links von der Briefmarke in Kopenhagen hinzu gefügt wurde und eine Art Registernummer ist. Falls das stimmt, muss die Briefmarke dort aufgeklebt worden sein. Letztlich wurde das gesamte Porto – wenn es überhaupt jemand korrekt ausgerechnet hatte – beim Empfänger einkassiert.
Da ist also für jeden was dabei:

1. Sprachfreunde werden großen Nutzen aus dem Sprachführer ziehen
2. Geschichtsfreunde werden bei Debes in eine bis dahin völlig unbekannte Welt geführt
3. Krimifreunde werden die erste derartige Handlung auf den Färöern
erleben.
4. Freunde der Lyrik werden die erste weibliche Dichterin ihrer Sprache kennen lernen
5. Und Briefmarkensammler bekommen ein wirklich unterhaltsames und originelles Buch an die Hand
Arnstein
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Beitrag von Arnstein »

Achja, die Fußballfreunde wurden vergessen :D

Also im Buch "Fußballwunder" von "11 Freunde" werden die 25 legendärsten Spiele erzählt. Darunter selbstverständlich das 1:0 der Färöer gegen Österreich 1990 in Landskrona bei der EM-Qualifikation (wir erinnern uns, später wurde Dänemark Europameister mit Helden wie Schmeichel und Henrik Larsen. Letzterer wurde später Nationaltrainer der Färöer).

http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3203856034/028-8213243-8478121

Von "11 Freunde" gab es vor einigen Jahren mal einen Artikel über das Spiel, wo der Torwart Jens Martin Knudsen erzählt

http://www.11freunde.de/img/pdf/heft10/Titelthema10.pdf?PHPSESSID=fb46e1abac0490713371defc5cc70e9b (PDF-Download, 7 Doppelseiten, der Artikel ist auf Doppelseite 6)

Ein weiteres Fußballbuch pünktlich zur WM ist der Bildband "365 Fußballtage" des japanischen Sportfotografen Kai Sawabe. Es ist wie ein Kalender aufgebaut, und für jeden Tag gibt es ein Foto. Der 11. September zeigt dieses hier:

http://www.spiegel.de/img/0,1020,617802,00.jpg

Mehr bei Spiegel-Online: http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,413053,00.html


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Arnstein
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Beitrag von Arnstein »

Einen echten Hammer bietet der Unionsverlag in Zürich.

http://www.unionsverlag.com/cover/big/3293003664.jpg [buchcover]

http://www.unionsverlag.com/info/title.asp?title_id=2375

Freundlicherweise hat mir der Verlag schon mal das Inhaltsverzeichnis geschickt. Das Buch kommt am 18. September in den Handel und ist die erste Anthologie dieser Art auf Deutsch. Dort wird das Who Is Who der färöischen Literatur des 20. Jh. vorgestellt, und färöische Literaturwissenschaftler waren als Ratgeber an der Herausgabe mit beteiligt.
»Von Inseln weiß ich...«
Geschichten von den Färöern
Herausgegeben von Verena Stössinger und Anna Katharina Dömling
ca. 352 S., geb., ca. EUR [D] 22.90, ISBN 3-293-00366-4
Unionsverlag

- Inhalt

Jakob Jakobsen Die Sage von Beinta und Peder Arrheboe (Sagnet om Beinta og Peder Arrheboe)
Regin í Líð Eyðun (Eyðun)
Andrea Reinert Der Traum (Dreymurin)
Sverre Patursson Abal (Abal)
Petra Djurhuus Bekka (Bekka)
Martin Joensen Ein Mann kommt nach Hause (Maður kemur aftur at húsum)
Jørgen-Frantz Jacobsen Die Witwe auf der Pfarre (aus dem Roman »Barbara«)
William Heinesen Don Juan vom Tranhaus (Don Juan fra Tranhuset)
William Heinesen Nasse Heimat (Vad hjemstavn)
Kristian Osvald Viderø Das erste Mal fort von zu Hause (Frá landi á fyrsta sinni)
Eilif Mortansson Der fliegende Glöckner (Den flyvende klokker)
Heðin Brú Purkhús (Purkhús)
Heðin Brú Allein auf Lítla Dímun (Einsamallur í Lítlu Dímun)
Jens Pauli Heinesen Gestur (Gestur)
Steinbjørn B. Jacobsen Das Kind (Barnið)
Karsten Hoydal Der Wachmann (Vaktarmaðurin)
Gunnar Hoydal Liebeskummer (Hjartasorg)
Gunnar Hoydal Weit weg und blass (Fjarur og følin)
Oddvør Johansen Es ist gut, stark zu sein, Maria! (Gott er at vera sterkur, Maria!)
Hanus Kamban Unter Deiner Flügel Schutz (Undir tínum veingjabreidi)
Ebba Hentze Juli (Juli)
Lydia Didriksen Eisblume (Frostrósan)
Jóanes Nielsen Der Proviantmeister (Hovmeistarin)
Carl Jóhan Jensen Lob der Torheit (Moriæ Encomium)
Tóroddur Poulsen Regelwerk (Reglur)
Rakel Helmsdal Der Schmetterlingsverkäufer (Firvaldaseljarin)
Elias Askham Placebo (Placebo)
Marjun Kjelnæs Die Kette (Leinkjan)

- Nachwort der Herausgeberinnen
- Autorenbiografien
- Herausgeberinnen und Übersetzer
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Christian
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Beitrag von Christian »

Hallo Arnstein,

in diese Gruppe passt auch ein Buch, das ich gerade gelesen habe, es ist allerdings auf dänisch geschrieben, obwohl der Verfasser, William Heinesen, Färinger ist. "De fortabte spillemænd" ist, obwohl im Kern stark sozialkritisch, sehr humorvoll geschrieben und schildert das Leben einer kleinen Randgruppe in Thorshavn (gehört damit in die skandinavische Kategorie "Kollektivroman".
In DK sehr beliebt ist auch "Barbara" von Jørgen-Franz Jacobsen. Die Verfilmung von Nils Malmros kam in Deutschland nicht besonders an. Das Thema interessierte hier niemanden.

christian
Arnstein
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Beitrag von Arnstein »

Moin Christian,

Ja, ich weiß, dass William Heinesen und Jørgen-Frantz Jacobsen in Dänemark recht bekannt und beliebt sind. Beide schrieben ja Dänisch. Beide sind 1900 geboren und beide natürlich Freunde.

[img]http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/97/William_Heinesen_og_Jørgen-Frantz_Jacobsen.jpg[/img]

Heinesen und Jacobsen im Alter von 18.

Der Roman "Barbara" soll in den 50er Jahren in Deutschland übrigens auch ein Erfolg gewesen sein. Ich glaube, die Verfilmung existiert noch nicht einmal mit deutscher Synchronisation. Das ist extrem schade, weil es eine der besten dänischen Produktionen sein soll.

Es gab auf den Färöern übrigens eine Briefmarkenserie zum Film:

[img]http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/11/Faroe_stamp_317_film_barbara_4.jpg[/img]
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