Lebenseinstellung der Dänen ?

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Tyskdan
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Lebenseinstellung der Dänen ?

Beitrag von Tyskdan »

Hallo.

Bein Sammeln von Informationen übers Auswandern ins Skandinavische stieß ich u.a. auf Informationen bezüglich der Unterschiede, welche Prioritäten von grundauf in der Lebenseinstellung der Menschen eines Landes bestehen.

Man ließ mich aus verschiedenen Quellen wissen, daß z.B. in Norwegen das Familiäre im Vordergrund stehe und nicht - wie in Deutschland - vor allem sich über Arbeit und Karriere identifizieren (was man ja hier in Deutschland auch leider viel in der Resignation der Arbeitssuchenden wiederfindet).

Wie ist das in Dänemark? Wo setzt man dort typischerweise Prioritäten in der Lebensart?

Gruß Tyskdan
Zuletzt geändert von Tyskdan am 27.09.2006, 21:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

Gute Frage :D Hier mein Versuch:

Für "den Dänen" ist es wichtig "Erfolgreich" zu sein. Dazu gehört Karriere, Kinder, Haus und einiges mehr. Es gehört dazu, daß man in alle diesen Bereichen erfolgreich ist, daß man alles unter einer Hut bringt, daß man mit sein Leben zufrieden ist und nicht unter Streß leidet. Man muß alles ganz lässig meistern. Man kann zwar sagen, daß man "keine Zeit hat". Das gilt im allgemein als positiv, weil es auf ein "erfülltes Leben" deutet. Der Zeitmangel darf aber nicht zu Streß führen.

Das ist natürlich unmöglich.

Daher hat DK einer der höchsten Scheidungsraten. Der Selbstmordrate ist extrem hoch. Die Kinder werden von Anfang an in Institutionen abgeschoben. Es gibt viele Streßbedingte Alkoholprobleme. Jeden tag werden 7 Kinder aus dem Elternhaus entfernt und bei Pflegefamilien oder im Heim untergebracht.

Wer Probleme hat (wer hat das nicht?) wird aber davon nicht reden, weil dies ja ein Zeichen von nicht erfolgreich sein und damit des Versagens. Stattdessen wird fleißig verschleiert und jeder behauptet zufrieden und glücklich zu sein. Daher sind die Dänen ja auch in jeder Untersuchung das glücklichste Volk der Welt.
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Sandra
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Beitrag von Sandra »

Hej Lars,

ein sehr interessanter Beitrag, den du da geschrieben hast.....diese Statistik (Scheidungsrate ff) ist mir komplett neu.

Es ist halt doch nicht alles Gold was glänzt.

Sandra
Ursel
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Beitrag von Ursel »

HejSandra!
Lies mal ein bißchen im Forum - wird öfter erwähnt!
Merke: Urlaub und Alltag ind auch in DK zweierlei Dinge!

Gruß Ursel, DK
Jutta Hoffmann
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Beitrag von Jutta Hoffmann »

Ursel hat geschrieben: ...

Merke: Urlaub und Alltag ind auch in DK zweierlei Dinge!

Gruß Ursel, DK
Eine weise Bemerkung. Daher bin ich für meinen Teil vorsichtig in meinen Äußerungen übers Auswandern. Mir hats während meiner drei Aufenthalte in Dänemark auch wunderbar gefallen, aber im Urlaub ist man entspannter und kriegt vom sozialen Umfeld etc. kaum etwas mit. Wenn man dort lebt, sieht man alles nachher mit anderen Augen.
Gruß Jutta (Jolande)

Der nächste DK-Urlaub kommt bestimmt...
Tyskdan
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Beitrag von Tyskdan »

Vielen Dank schon einmal für Eure Antworten. Das sind Antworten, die ich schon in ähnlicher Weise vermutete - obwohl ich bisher über DK keine intensiveren Informationen (gesucht) hatte.

Ich las halt u.a. bei Wikipedia, dass Dänemark bilateral mit Deutschland am engsten verknüpft ist - und das ließ mich Ähnliches vermuten, was auch in Deutschland Gang und Gäbe ist (deshalb auch meine Frage oben).

Gruß Tyskdan
ingo_1963
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Beitrag von ingo_1963 »

Hallo Lars

das was du hier schreibst wird sicherlich die Wahrheit wiederspiegeln. Aber dann ist es doch eigentlich wie Deutschland :)

Ich denke das die Scheidungs und Selbstmordrate ähnlich sind. UNd auch das mit den Kinder verwahrlosen lassen und ins Heim abschieben ist doch in DE an der Tagesordnung.

Gruß Ingo
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

Tjaa, ein Unterschied gibt es allerdings. Hier wird nicht gejammert, weil das dem gewünschten Bild wiedersprechen würde.
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zeagal
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Die Italiner des Nordens

Beitrag von zeagal »

Hejsan,

also ich finde es läuft hier in Dänemark ganz anders als in Deutschland. Mit Anfang zwanzig fangen schon sehr viele Dänen an sich mit ihren derzeitigen Lebenspartnerin ein Haus zu kaufen. Der Wunsch nach Familie ist hier sehr viel früher vorhanden als in Deutschland und auch die Männer sind williger sich sehr früh zu binden. Der große Nachteil ist, daß sobald die ersten Kinder da sind, sich irgendwas verändert (als Schuld wird oft zu wenig Sex angegeben) und die Ehepartner sich trennen.

Sehr populär ist dann eine zweite Ehe um eine neue Familie zu gründen. Seit spätestens den 70er Jahren kann man dieses Familienmodell zurückverfolgen und alle meine dänischen Freunde haben geschiedene Eltern und Halbgeschwister.

Dieses Modell mit dem hierzulande sehr viele Aufwachsen bringt auch viele Depressionen seitens der Kinder mit sich. Ich kenne mehrere die ihr Leben lang Antidepressiva schlucken müssen, weil sie die Scheidung der Eltern nicht verkraften konnten.

Die Dänen haben immer noch sehr viel von der Hippie-Ära und Streben nach Selbstverwirklichung. Sehr viele sind immer noch stolz darauf eine "schlechte Hausfrau" zu sein, da es gleichzeitig bedeutet, daß sie viel arbeiten und damit einhergehend eine Karriere haben.

Um aber auch was Gutes zu sagen. Die Dänen sind ein sehr gemütliches Völkchen. Sie lieben Zusammenkünfte (Essen sollte dabei immer vorhanden sein), sind sehr gesellig, offen und hilfsbereit. Man gehört schnell zur Familie und fühlt sich wohl, da sie sich nicht verstellen. Gibt es Probleme, dann gibt es Probleme, egal ob ein Gast da ist. Besonders die dänischen Frauen besitzen das Temperament von Italienerinnen und können ind die Luft gehen.

mh Solveigh
ingo_1963
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Beitrag von ingo_1963 »

Aber mal ehrlich wenn ich das hier alles in allem so höre, stellt sich mir die Frage ob Dänemark wirklich das richtige LAnd ist?? Dann vielleicht doch lieber Schweden???
zeagal
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Beitrag von zeagal »

Hej Ingo,

es hängt davon ab was du dir wünschst. In Dänemark bist du schneller integriert als in Schweden. Schweden sind etwas zugeknöpfter und vorsichtiger. Ihr Privatleben ist ihr Privatleben und geht erstmal niemandem etwas an. Ich kenne weder die Statisitk zum Selbstmord oder zur Scheidungsrate. Allerdings kenne ich in meinem Freundeskreis da auch so gut wie keine Scheidungen oder Depressionsfälle. Die fangen aber auch viel später mit der Familiengründung an und Halbgeschwister sind mir auch noch unbekannt.

Allerdings gibt es viele Probleme unter der Oberfläche, die gerne mit Alkohol erstickt werden. Schweden und Alkohol ist in meinen Augen keine richtig gute Kombination. Aber ich bin wenn auch nur in Skåne und möchte nicht generalisieren. Schweden soll billiger zum Leben sein, billigere Zahnärzte haben und keine Erbschaftssteuer mehr haben.

Ich mag beide Kulturen auf ihre Art sehr gerne und bewahre mir dabei meine konservative deutsche ;)

Viel Spaß beim Auswandern

Solveigh
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Lars J. Helbo
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Re: Die Italiner des Nordens

Beitrag von Lars J. Helbo »

zeagal hat geschrieben: also ich finde es läuft hier in Dänemark ganz anders als in Deutschland. Mit Anfang zwanzig fangen schon sehr viele Dänen an sich mit ihren derzeitigen Lebenspartnerin ein Haus zu kaufen. Der Wunsch nach Familie ist hier sehr viel früher vorhanden als in Deutschland und auch die Männer sind williger sich sehr früh zu binden. Der große Nachteil ist, daß sobald die ersten Kinder da sind, sich irgendwas verändert (als Schuld wird oft zu wenig Sex angegeben) und die Ehepartner sich trennen.
Der Wunsch nach Familie kommt aber nach meiner Meinung auch von dem von mir erwähnten Erwartungsdruck. Es ist einfach wichtig im Leben "erfolgreich" zu sein, und dazu gehört auch eine Familie mit mindestens 2 (gerne 3 oder 4) Kinder "zum vorzeigen". Also werden die so schnell wie möglich "angeschaft".

Das mit dem "zu wenig Sex" ist dagegen nur eine dumme Ausrede. In Wahrheit geht es natürlich darum, daß der alltägliche Stress von Karriere, Hausbau, Kinder etc. einfach zu groß wird. Das kann man aber nicht zugeben. Damit würde man nämlich auch zugestehen, daß man nicht "erfolgreich" gewesen ist. Das man nicht mit der erwartete Lässigkeit alles unter einer Hut bringen konnte.
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Beitrag von zeagal »

Hej Lars,

das mit dem Sex kann schon sein. Was ich nur nicht verstehe ist, daß wenn die soviel Lässigkeit an den Tag legen müssen und schon eine Familie gestiftet haben, warum eine neue Familie und sich noch mehr Stress aufhalsen?

mh Solveigh
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

Sonst müßte man doch zugeben, daß man gescheitert ist, daß man eben keine glückliche Familie zustande bringt .... :wink:

Man müßte vielleicht sagen, daß es unter diesen Umständen gar nicht möglich ist. Das die Kinder immer zu kurz kommen, wenn beide Eltern ohne Rücksicht ihre Karrieren nachgehen wollen. Wer das sagt, gibt aber gleichzeitig zu, daß er ein Versager ist - weil "alle andere schaffen das doch".
Zuletzt geändert von Lars J. Helbo am 28.09.2006, 11:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Leo
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Beitrag von Leo »

Lars, ich bin auch von deinem Beitrag beeindrucks. Ich habe bis jetzt DK eher als eine Hygge-Land, als ein Erfolgsdruck-Land (along the lines of USA) vorgestellt. Aber Deine Bemerkung hat etwas in sich: Daenen verstehen sich oft als "beste Schueler der Klasse".
Eine frage: wenn man in Daenemark unter so starkem Erfolgsdruck steht, warum sind Behinderten so gut integriert, und so gut um sie gekuemmert wird? In Erfolgsdruck-Laendern (wie USA, auch Deutschland), bleiben Schwachen (Behinderten, Aeltere, Minderheiten, auch Frauen, usw) oft benachteiligt (indirekt, natuerlich, und nicht im Zusammenhang mit dem grund der Schwaeche, aber trotzdem).
Warum es in DK nicht so ist?

Leo
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