Wahlen in SH

Sonstiges. Dänemarkbezogene Themen, die in keine andere Kategorie passen.
MichaelD
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Beitrag von MichaelD »

Der Focus erwähnt nicht, ob die Probeabstimmung auch geheim war. Wenn nicht, ist das Ergebnis nicht überraschend und der Abweichler nicht zu kritisieren.

Ich halte die Abqualifizierungen des Abweichlers als "Verräter" (Taz und Focus) für nicht angebracht. So kann ein erhitzter Politiker kurz nach der Abstimmung rausplatzen, aber wenn Journalisten solche Worte wählen, so haben sie keinen professionellen Abstand zum Berichteten. Deutschland hat sich für das freie Mandat entschieden, und das bedeutet, dass der Parteihäuptling seine Kritiker nicht einfach aus der Partei ekeln kann, sondern mit seiner Person und seinen Inhalten überzeugen muss. In anderen Ländern hat man Vorwahlen bzw. Urwahlen - das wäre eine demokratische Alternative.
Grüsse
Michael
Ralf

Beitrag von Ralf »

Weiter oben habe ich bereits geschrieben, daß einer, der anderer Meinung ist die Gegenseite versuchen sollte auf seine Seite zu bringen - dies gilt sowohl für einen Abweichler als auch für alle anderen.

Sich aber so zu verhalten, daß man bei einer Probeabstimmung voll der gleichen Meinung ist und bei einer "richtigen" Abstimmung dagegen zu halten finde ich nicht korrekt.

Aber das ist nun mal meine persönlich Meinung.

Was ich übrigens aufgrund des geheimen Wahlsystems auch sehr schlecht finde:
Jetzt wird nur noch darüber berichtet wer der "Verräter" sein könnte.
Die Parteien werden sich auch nur noch mit diesem Thema beschäftigen - und der Leidtragende ist das Land.

Wir haben hier in Schleswig Holstein sicherlich nicht die Zeit sich mit solchem Kindergartenkram rum zu ärgern.

Hier gibt es genügend andere Probleme die angegangen werden müßen.
Stattdessen wird mal wieder ein neuer Kriegsschauplatz eröffnet.

Dieser Abweichler hat deshalb meines Erachtens auch nicht das Wohl des Landes im Kopf.
Wenn ihm/ihr etwas nicht gepaßt hat, dann hätte man das im Vorfelde klären müßen.

Doch jeztz kommt es sicherlich zu einem Stillstand, der Focus liegt nicht mhr bei den wirklich wichtigen Dingen.

Gruß
Ralf
Ralf

Beitrag von Ralf »

Vielleicht noch ein weiterer Gedanke, der in der heutigen Zeit (Fußball-Wett-Skandal, etc.) gar nicht so abwegig ist: BESTECHLIGKEIT!

In meinem Kollegenkreis ist die gestrige ABstimmung heute natürlich ein großes Thema, und jeder hat so seine Ansichten.

Ich möchte hier einmal eine Ansicht eines Kollegen publizieren, die vielleicht etwas weit hergeholt ist - aber je länger man darüber nachdenkt in der heutigen Zeit durchaus möglich ist.

Er vertritt die Meinug, daß die Abstimmung erkauft ist.
Weshalb war sich die CDU im Vorwege so sicher, weshalb diese teilweise überheblichen Reaktionen nach den jeweiligen Abstimmungsrunden.

Alles begann mit großer Stimmungsmache gegen den SSW - diese Rechnung ging jedoch nicht auf.
Deshalb nun der Versuch einen Politiker der Gegenseite zu kaufen - jeder hat irgendwo seinen Preis.

Wie gesagt, ist nicht meine Meinung - aber wer weiß...


Ralf
Ursel
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Beitrag von Ursel »

Hej Ralf!
ich stimme Dir zu: Vor lauter Suche nach dem Schudligen, Suche nach einem neuen Kandidaten, Suche ... wird man die wirklichen Probleme des Landes ebenso vergessen wie bei der angeleierten Diskussion über die Daseinsberechtigung des SSW (und wenn ja, in welcher Form etc.).

Das Aber krankt fdaran momentan (?) nicht die ganze deutsche Politik?
Da wird Politik um der Politik willen gemacht, allenfalls noch um den persönlichen Machtstatus zu halten oder zu verbessern, aber nicht mehr um dem Land zu dienen. Irgendwie hat sicher der ganze Politikapparat verselbständigt und scheint keinen Bezug zu Land und leben mehr zu haben.
Nachdenken in der Politik ist schön, aber ab und zu muß auch gehandelt werden.
Das ist eben in DK anders, wo ich mir zwar manchmal wünschen würde, daß die Gesetze nicht so rasant schnell aufgrund von Einzelfällen geändert werden, wo aber der Bürger doch merkt, daß etwas geschieht, was mit ihm und seinem Land/Leben zu tun hat.

Tja, schon Heine bekam manchmal das Grausen: "Denk ich an Deutschland in der Nacht ..."

Gespannte Grüße auf den Ausgang der Sache - Ursel, DK
""Den virkelige opdagelsesrejse går ikke ud på at finde nye lande,
men at se med nye øjne."

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...
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

MichaelD schrieb:
>Es gilt in D allgemein als guten politischen Stil, Sachabstimmung offen
>und Personenwahlen geheim abzuhalten. Der Sinn ist zu verhindern, dass
>Parteispitzen mit dem Fussvolk machen können, was sie wollen. Denn die
>Parteispitze ist in vielen Dingen am längeren Hebel, zum Beispiel bei
>jedweder Aufstellung von Kandidaten, Mittelzuteilung usw. Wenn man
>keinen sowjetischen Volkskongress will, muss man geheime Wahlen haben.

... und daraus können wir schließen, daß das dänische Parlament mit dem sowjetischen Volkskongress vergleichbar ist?

Nach meiner Meinung ist eine genaue Unterscheidung zwischen Sachabstimmung und Personenwahlen gar nicht möglich. In diesem Fall ging es zwar auch um die Wahl der Ministerpräsidentin. Es geht doch aber vor allem um die Absegnung der Koalitionsvereinbarung und der darin enthaltene Politik. Es steckt also mindestens genau so viel Sachfragen darin.

Dazu kommt, daß moderne Politik weitgehend eine Personenfrage ist. Für den meisten Wählern sind die Sachfragen viel zu komplex und undurchschaubar. Deshalb wählt man einen Politiker, den man vertraut. Genau hier ist das Problem. Wenn ich nicht weis, wie die Politiker in eine so wichtige Frage abstimmen, wie kann ich dann wissen, wem ich vertrauen soll?

... und beachte: Dies gilt in beide Richtungen. Es gibt vermutlich auch SPD-Wähler, die diese Koalition nicht wollen oder die eine andere Ministerpräsidenten wollen. Für denen wäre es doch wichtig zu wissen, daß es auch innerhalb der Partei eine Alternative gibt.

Das Problemm mit der Geheime Abstimmung ist doch, daß die Wähler jetzt nicht wissen, welche Kandidat für welche Politik steht. Schlimmer noch: Wir wissen nicht mal _warum_ der "Abweichler" anders gestimmt hat. Wollte er/sie eine große Koalition? War die Koalitionsvereinbarung nicht links genug? Hat er/sie persönliche Probleme mit Simonis ODER wurde er/sie von der Opposition einfach bestochen?

>Übrigens wählen die Bürger in Deutschland auch nicht einen
>Ministerpräsidenten, sondern Kandidaten fürs Parlament. Man kann
>daher nicht sagen, dass die Wähler hintergangen werden.

Teoretisch vielleicht. Mit der Wirklichkeit der Wahlen (gerade in) in SH hat diese Theorie aber nicht viel zu tun.
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Liv uden Bevægelse kan være godt nok for gulerødder og kålhoveder, som ikke er bedre vant. - N.F.S.Grundtvig
Martin Hofer

Beitrag von Martin Hofer »

Hej Michael!

<BLOCKQUOTE id=quote><font size=1 face="Verdana, Helvetica, arial" id=quote>quote:<hr height=1 noshade id=quote>Der Focus erwähnt nicht, ob die Probeabstimmung auch geheim war.<hr height=1 noshade id=quote></BLOCKQUOTE id=quote></font id=quote><font face="Verdana, Helvetica, arial" size=2 id=quote>

Welchen Sinn hätte denn eine nicht-geheime Probeabstimmung?

-- Martin
Ralf

Beitrag von Ralf »

So, Simonis gibt nun offiziell auf.

Bemerkenswert finde ich folgendes Statement:
<i>Gegen offene Messer zu kämpfen ist nicht leicht, aber in der Politik manchmal notwendig. Gegen einen hinterhältigen Dolchstoß jedoch gibt es keine Abwehrmöglichkeiten.</i>

Hilsen
Ralf
MichaelD
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Beitrag von MichaelD »

@ljhelbo

Wenn man sich anschaut, wie Anders Fogh und Komplizen die Folketingskandidatur von Jens Rohde durchgesetzt haben, kann man allerdings sowjetische Feelings entwickeln.

Was die politischen Inhalte angeht, über die man als Wähler nun im Zweifel sein könnte: Einige SPD-Leute haben ihren Unmut über die Regierungsverienbarung ja kundgetan. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Abweichler aus ihrem Kreis ist.

Was die innerparteiliche Alternative angeht: So lange eine Ministerpräsidentin fest im Sattel sitzt, kann sich eine kritische Alternative eben genau nicht bilden. Einzelne Abweichler würden so an den Rand geträngt, mit Schmutz beworfen, verleumndet und desinformiert, dass sie keine Chance hätten, überzeugend aufzutreten und für ihre Haltungen zu werben. Nur in einer Leere können sich Flügel etablieren, nur breite Flügel können überleben. Sorry, aber so ist die Realität.

@Martin Hofer:
Eine nicht-geheime Abstimmung unter Ausschluss der Öffentlichkeit könnte ein Outen des Abweichlers mit sich bringen, wenn er an einem internen Dialog interessiert ist. Aber ob dies gelingt, hängt davon ab, ob Simonis sich dialogbereit gibt. Wenn nicht, ist der Anreiz, ihr eins reinzuwürgen, nur noch grösser.

Aber das ist Spekulation. Nur: Umgekehrt kann ich keinen Sinn darin sehen, die Probeabstimmung gut, die echte aber schief gehen zu lassen.

An die Korruptionshypothese glaube ich nicht, solange es keine konkreteren Indizien gibt. Warum sollte der Betreffende nicht gleich für Carstensen stimmen?


Aus meiner Sicht könnte der Abweichler durchaus auch ein standfester Demokrat sein, der herausfinden will, ob die neuartige Politik für SH, wie sie sich im Bündnis mit dem SSW abzeichnet, von der Bevölkerung gewünscht wird. Der also Neuwahlen will.

Und wenn hier einer von Kindergarten redet: Eben weil Wahlen für Politiker kein Kindergartenkram sind, beschützen sie sich, z.B. in dem sie sich sehr genau überlegen, wann und wie sie gegen Häuptlinge handeln. Nur Kindergartenkinder machen sich da etwas vor.
Grüsse
Michael
Ralf

Beitrag von Ralf »

Hi Michael,
Dein Einwand

<i>Aus meiner Sicht könnte der Abweichler durchaus auch ein standfester Demokrat sein, der herausfinden will, ob die neuartige Politik für SH, wie sie sich im Bündnis mit dem SSW abzeichnet, von der Bevölkerung gewünscht wird. Der also Neuwahlen will</i>

in allen Ehren.
Wenn der Abweichler wirklich darauf hinaus will ist es im Prinzip sogar keine schlechte Taktik - ABER:

Wenn dem so ist, geht er davon aus, daß bei Neuwahlen ein eindeutiges Ergebnis zustande kommt.

Ich bin jedoch der Meinung, daß bei Neuwahlen noch weniger Menschen zu Wahl gehen als zur ersten - und das waren eh schon ziemlich wenig.
Dadurch wird der wahre Wille der Bürger eigentlich nicht erreicht.

Leider sind die Menschen so, schimpfen wo es nur geht, aber bei der einzigen Möglichkeit sich aktiv zu beteiligen streichen sie die Segel und gehen nicht wählen.

Wie gesagt, ich bin eigentlich ebenfalls für Neuwahlen, werde selbstverständlich hingehen, habe aber eben auch die Befürchtung daß dann Dinge bei der Wahl passieren die dann überhaupt nicht gewollt waren.

Ist natürlich alles nur Spekulation.

Gruß
Ralf
Martin Hofer

Beitrag von Martin Hofer »

Hej Ralf!

Also, wer nicht zur Wahl geht, der hat auch eine Entscheidung getroffen, nämlich die, dass die anderen entscheiden sollen. Insofern sehe ich den "Wählerwillen" auch bei niedriger Beteiligung nicht disktreditiert.

Neuwahlen wird es wohl nicht geben, weil man dazu eine 2/3-Mehrheit des Parlaments benötigt, aber die Hälfte der Parlamentarier dabei eigentlich nur verlieren können: SPD sowieso, Grüne durch die Visa-Affäre auch, und wie sich die ganze Sache auf den SSW auswirken wird, ist unsicher, kann aber auch deutlich abwärts zeigen.

Die SPD wird gar nicht anders können, als eine große Koalition mit zu bilden. Auch aus bundespolitischen Erwägungen heraus: Sonst gerät die vorprogrammierte Pleite bei der Neuwahl in zeitliche Nähe zur NRW-Wahl, was der Union Vorteile dort verschaffen könnte -- und wenn die CDU in NRW gewinnt, hat die Union eine 2/3-Mehrheit im Bundesrat. Das muss so ziemlich der schlimmste Alptraum von Gerhard Schröder sein ...

-- Martin
hanor

Beitrag von hanor »

Hallo Ihjelbo..
das scheint mir doch ein merkwürdiges Demokratieverständnis zu sein. Normal ist eine Wahl demokratischer, wenn sie geheim ist. Ein Abgeordneter ist, wenn er erst eimal gewählt ist, nur noch seinem Gewissen verantwortlich. Und das ist gut so. Wenn er bei offener Wahl anders wählt als seine Partei es gern möchte, ist er wahrscheinlich bei der nächsten Wahl nicht mehr auf der Wahlliste zu finden, weil die Partei ihn nämlich nicht mehr aufstellt. Dann hast Du gar nicht mehr die Möglichkeit, Ihm Deine Stimme zu geben oder zu verweigern. Das geht dann in Richtung Bananenrepublik.
Was sollen die 69 Abgeordneten, wenn nur noch die Stmmen der 4 Parteien gelten sollen?
Lukas

Beitrag von Lukas »

Hej,


der Ausdruck „Dolchstoß“ wirkt auf mich ebenso wie der Begriff „Verräter“ in der Diskussion abstoßend. Wir hatten schon einmal in Deutschland diese Begriffe...., die fatale Folgen hatten.





Lukas


Bearbeitet von - Lukas am 18.03.2005 19:45:28
Ursel
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Beitrag von Ursel »

Och nee, Lukas, bitte jetzt nicht wieder die Leier, daß jeglicher vergleich zu historischen Ereignissen EINER Epoche verboten sind!
Gerade weil sie aussagekräftig sind und deutlich, wofür sie stehen, werden sie doch verwendet.
Auch der Begriff 5. Kolonne, Blitzkrieg oder ähnliches stammt aus solchen Zeiten und wird legitim angewendet, wenn ein Vergleich es zuläßt.
Wieso denn auch nicht?
Das trojanische Pferd, die Trompeten von Jericho oder Hexenverbrennungen sind auch Symbole für bestimmte Dinge, nicht weniger grausam - und ebenso deutlich als Warnungen zu gebrauchen und zu verstehen!
Man muß den tiefen Teller ja nun nicht 2x erfinden, auch nicht in der Sprache oder Geschichte.

Ein schönes Wochenen allen - Ursel, DK
""Den virkelige opdagelsesrejse går ikke ud på at finde nye lande,
men at se med nye øjne."

---------------------------------------------------------Marcel Proust
...
Lukas

Beitrag von Lukas »

Hej Ursel,

aber in diesem Fall ist es ein „umgedrehter“ Vergleich oder aber auch unvergleichbar.


„Nicht schon wieder `Dolchstoß`“,- da stimme ich dir zu.

Ich wünsche mir, dass Journalisten und Politiker deinem Appell folgten.

Viele Grüße


Lukas





Bearbeitet von - Lukas am 19.03.2005 10:30:42
Ursel
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Beitrag von Ursel »

Hihi, ich habe den Verdacht, du hast mich absichtlich mißverstanden, aber Deinem Wunsch kann ich anschließen.
Harmonische Grüße - Ursel, DK

Übrigens wird hier in Dk jetzt auch die Entwicklung in den Abendnachrichten verfolgt, was (natürlich) zwischenzeitlich nicht der Fall war.
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