Hej,
auch wenn es viele selbst gar nicht glauben wollen, sprachliche Unterschiede gibt es sogar schon in der unmittelbarsten Nachbarschaft.
So wurde ich zum Beispiel in der Umgebung von Hannover geboren.
Dort wird angeblich das reinste Hochdeutsch der Republik gesprochen.
Und da es mich ja erst nach meiner "Sprechlernphase" ins Sauerland verschlagen hat, war ich bisher immer der Ansicht akzentfreies Hochdeutsch zu sprechen.
Denkste ! Seit ich in Schwerte arbeite, gerade einmal 15 km entfernt, aber schon zum Raum Dortmund gehörend, muss ich mir immer wieder sagen lassen das sowohl meine Wortwahl als auch meine Aussprache "typisch sauerländisch" sind.
(Eine schreckliche Vorstellung das ich genauso anhören soll wie der "Ex-Sozie" aus Arnsberg.

)
Wenn es also schon auf solch eng begrenztem Raum schon spürbare Unterschiede gibt, dann ist es ja nur normal das zwischen weiter entfernten Gebieten noch deutlichere Unterschiede gibt, besonders wenn diese dann auch noch jahrzehntelang durch zwei grundverschiedene Systeme gewaltsam getrennt waren.
Das Eigenartige daran ist das sich in der DDR die in den westlichen Staaten allgemein übernommenen Amerikanismen nicht etablieren konnten, obwohl anderseits Modenamen wie Mandy oder Kathleen ziemlich eindeutig die Herkunft und ungefähres Alter ihrer Trägerinnen dokumentieren.
Aber ich denke mal das in spätestens 10 Jahren solch typisch ostdeutsche Worte wie Broiler, Plaste und Datsche aus dem Wortschatz der Jüngeren endgültig verschwunden sein werden.
Dafür sorgen schon die allgegenwärtige Dauerberieselung der Werbung , die Hirnwäsche durch die als Musiksender getarnten Klingeltonvermarkter und die gesamtdeutsche Verblödung einer ganzen Generation durch die aggressive Werbung der Alkoholindustrie.
(Motto: Nur wer sich regelmässig ins Koma säuft ist "HIPP")
Auch die Dialekte werden nach und nach verschwinden.
Ich denke da beispielsweise an den berühmten "Kohlenpott-Slang".
Der wird heute schon regelrecht zelebriert und in den Medien gewaltig überzeichnet.
Die Menschen im Pütt haben im restlichen Deutschland nun einmal den Ruf alle wie Jürgen von Manger zu reden, ein bisschen "proll" aber dafür ehrlich, direkt, hilfsbereit und sympathisch zu sein.
Letzteres stimmt, aber "hömma" , "tuuste mal das " oder "weissewas" sind dort auch nicht mehr oft zu hören.
In Köln, München, Frankfurt oder anderswo wird es ähnlich sein.
Die Jungen werden ihren einheimischen Dialekt auch noch weiterhin verstehen können, aber sie werden ihn bald nicht selbst anwenden.
Dazu kommt noch eine zunehmende Durchmischung der Bevölkerung durch die zunehmende Mobilität auf dem Arbeitsmarkt.
Wer heute in großen Firmen Karriere machen möchte, von dem wird zwingend erwartet das er seine heimische Umgebung verlässt.
So musste ein Bekannter der bei einer großen deutschen Kaufhauskette arbeitet, zwingend nach München gehen um dort eine höhere Position bekleiden zu dürfen als daheim.
Große Banken halten das ähnlich.
Da müssen sich künftige Manager auch erst auf dem platten Land ihre Sporen verdienen.
Und Dialekte (mal abgesehen vom schwäbischen oder bayrischen) sind in den Aufsichtetagen ohnehin völlig verpönt.
In einigen Gebieten im Osten wird diese Entwicklung wahrscheinlich noch etwas länger auf sich warten lassen, weil , man höre und staune, dort der Fachkräftemangel die Ansiedlung vieler Firmen verhindert.
Man sollte es kaum glauben, aber es sind schon etliche Firmen im Osten gescheitert (bzw. haben sich dort erst gar nicht angesiedelt) weil dort schlicht ein Fachkräftemangel herrscht.
Was nützt dem Unternehmer das günstigste Bauland, die niedrigsten Steuern und die höchsten Subventionen, wenn er trotz 25 Prozent Arbeitslosenquote keine hochqualifizierte Spezialisten findet.
Kein Wunder das es in traditionellen Industrieregionen wie in Sachsen schneller voran geht als in MeckPomm.
Wobei es für die Menschen dort wohl auch nur ein schwacher Trost ist, dass es auch der Westen es nie geschafft hat alle seine alten Regionen gleichermassen wirtschaftlich zu fördern.
So haben Ostfriesland, Eifel, Rhön, bayrischer Wald etc. ähnliche strukturelle Probleme wie MeckPomm, Sachsen-Anhalt oder das Vogtland.
Interessanterweise sind dies auch heute noch teilweise regelrechte Enklaven in denen die heimatliche Mundart und traditionelle Bräuche relativ intensiv gepflegt werden.
Ich denke mal es wird nochmals 10 bis 15 Jahre dauern bis die sprachlichen und mentalen Mauern in den deutschen Köpfen endgültig verschwunden sein werden.
(Wobei ich manchmal den Eindruck habe das die Mauer in einigen ostdeutschen Köpfen von ihren "Besitzern" regelmässig "instandgesetzt" wird, sobald mal ein Stück davon abgebröckelt ist)
Gruß
Reimund