Schulnoten in Dänemark

[katti]

Hej allesammen!
Ab wann bekommen dänische Schüler Zensuren. Welche Skala gibt es dann und wie sieht das Karakterbog aus, bevor es Noten gibt, die es wohl erst ab höheren Klassen geben soll? So hab ich das mal andeutungsweise gelesen.
Hilsen katti

[Vilmy]

Hej Katti,
ich teile die Antwort in zwei Teilfragen, sonst wird es zu kompliziert.

Das Notensystem ist gerade im Umbruch; in diesem Schuljahr erwartet das Kultusminsterium von Gymnasiallehrern, dass sie am gleichen Tag nach zwei verschiedenen Systemen prüfen (ohne dabei den Überblick zu verlieren).
Das alte System heisst "13 skalaen" und hat folgende Noten: 13, 11, 10, 9, 8, 7, 6, 5, 03, 00. 00 ist die schlechteste Note, 6 ist bestanden, 11 ist die zweitbeste Note, und 13 ist die beste Note, von der das Kultusminsterium aber nicht will, dass wir sie benutzen (kein Joke).

Da wir 13 nicht benutzen sollen, halten sich viele Lehrer daran (13 steht für die wunderbare Ausnahmeleistung), und wenn dann die dänischen Abiturienten ins Ausland wollen, können sie kein A (UK; USA) oder keine 1 anerkannt bekommen, obwohl sie die höchste akzeptierte Note 11 haben.

Das hat das dänische Kultusminsterium nun auch erkannt, da Dänen so gut wie nie in Eliteunversitäten kommen, die eine A Durchschnitt verlangen.

Ab den nächsten Prüfungen (Sommer 2007) gibt es daher die "7 trins skalaen" mit 12 als höchster Note (deckt 13 und 11) ([url]http://www.uvm.dk/nyskala/index.htm?menuid=15[/url]), 02 als bestanden und -03 als schlechteste Note : [url]http://www.uvm.dk/nyheder/7b.htm?menuid=6410[/url]

Mit Zeugnissen in der folkeskole kenne ich mich nicht aus, aber da gibt es sicher kompetente Kommentatoren (Ursel?). In der Schulform, in der ich arbeite, gibt es nur Abschlussprüfungen.

Zum zweiten Teil deiner Frage gibt es massenweise Literatur auf der Seite des Kultusminsteriums: [url]http://eng.uvm.dk//publications/engonline.htm[/url]

Gruss vilmy

[Lars J. Helbo]

Danke für die Erklärung. Ich habe nie verstanden, was mit der 13-Skala problematisch sein sollte; aber jetzt verstehe ich, daß es auch hier darum geht, daß unsere Regierung vor den Ami's rumkriechen mögte - igit!

Das mit der Note 13 ist doch ganz einfach. Wenn ein Schüler das gesamte gelehrte Pensum beherscht, und so mit all das kann, was von einem Schüler auf diesem Niveau erwartet werden kann, dann gibt es die Note 11.

Aber, es kann doch auch Schüler geben, die deutlich mehr können. Unsere Kinder haben z.B. auch Deutsch als Muttersprache. Wenn sie nun in der 7. Klasse mit Deutsch-Unterricht anfangen, dann ist doch klar, daß sie weit mehr können, als jede andere Schüler in der Klasse (vielleicht sogar mehr als der Lehrer). Dafür ist die Note 13 gedacht. Also für Schüler die deutlich mehr können, als das was in der Schule gelehrt worden ist.

[Vilmy]

Hej Lars,
ich bin schlicht weg einer Meinung mit dir, aber in der Schule werden wir Lehrer (mehr oder weniger dezent) schief angeguckt, wenn wir die 13 vergeben.

Ich hatte selbst letztes Jahr eine Klasse mit 10 Schülern, von denen 5 eine 13 bekommen haben. Beliebt ist das nicht bei Berthel Haarder und seinen Freunden...

Ich habe es auch schon erlebt, dass ein "censor" zugibt, dass der Schüler wesentlich mehr kann als er selbst (nach 5 Jahren Studium auf der Uni in einer Fremdsprache), aber eine 13 wollte er nicht geben...ich habe ihn dann aber mit genau diesem Argument dazu bekommen, doch der 13 zuzustimmen.

Dass wir zwei verschiedene System an einem Prüfungstag anwenden sollen, ist einfach nur lächerlich, aber deine Kinder sind glücklicherweise zu jung, um das mitzuerleben. Bin gespannt, welches System wir haben, wnen mein Kindergartenkind einmal in der Schule ist. Klassenarbeiten? Noten in allen Altersstufen? Testterror?

Gruss, vilmy

PS: Tippfehler korrigiert.

[muldvarp]

Klasse vilmy! Vielen Dank für Deine Mühe. So versteh ich das schon etwas besser.
[img]http://tjekmig.dk/smileys/10/54.gif[/img] Die armen Gymnasiasten und Gymnasiallehrer. Euch kann man ja nur bedauern. Lass uns mal hoffen, dass es dann nächstes Jahr nicht so belastend werden wird.

Obwohl wir diese Woche gerade auf dem Elternabend für die 9. Klasse waren und über die Reform informiert wurden, mir fehlt a) das Verständnis und Hintergrundwissen und b) die Worte.

Was ist denn jetzt mit den "eksamensskræk"-behafteten Schülern???
Har man bare lidt af det, så er man da tabt på bunden - allerede fra starten af.

Ser frem til et indlæg fra Ursel
muldvarp

[henningnielsen]

Hej alle,

ja jeg har kun én kommentar: hvor er det dog rart at Haarder og hans slæng ikke gør sig til smagsdommere over for brugen af høje karaktere. (ironi sluk)

[Lars J. Helbo]

Gut, auf eine Art finde ich es schon in Ordnung, wenn es bei einer Häufung von 13'er einen gewissen Mißtrauen gibt. Die 13 soll eben das ganz außergewöhnliches sein. Dann sieht es natürlich merkwürdig aus, wenn die Hälfte der Schüler einer Klasse 13 bekommen, oder wenn ein Schüler 13 in 5 oder 6 Fächer bekommt. Ich denke, dann ist es in Ordnung nachzufragen, ob das nun stimmen kann, oder ob es ein Zeichen von Inflation ist.

Aber wenn die 13 begründet ist, muß sie natürlich auch vergeben werden.

Dort wo ich wirklich ein Problem sehe, ist z.B. in die Klasse unsere Tochter. Sie hat jetzt mit Deutsch in der 7. Klasse angefangen . In drei Jahren gibt es dann bestimmt welche in der Klasse, die in den drei Jahren sehr gut gelernt haben und eigentlich eine Bestnote verdient hätten. Trotzdem wird es ein abgrundtiefer Unterschied zwischen diese (im normalen rahmen) sehr gute Schüler und unsere Tochter als Muttersprachler geben. Mit der 13 kann man diese Unterschied zum Ausdruck bringen. In Zukunft werden sie die gleiche Note bekommen - oder unsere Tochter wird dann die anderen eigentlich sehr gute Schüler von ihre verdiente Bestnote "wegdrücken".

[Vilmy]

Hej,
genau das ist aber ein Problem, Lars. Den so wie die Noten momentan gehandhabt werden, dürfen nach dänischer Tradition auch 4 brillante Muttersprachler und eine ebenso herausragende Fremdspachlerin eben eigentlich keine 13 erhalten (die Klasse war Deutsch B hf; und die Hälfte der Schüler kamen aus Flensburg). Und das ist verkehrt.

Natürlich kann ich auch dein Problem sehen; oder genauer gesagt das Problem der Mitschüler deiner Tochter. Ist nicht leicht, da mitzuhalten. Ging mir genauso, als ich in DK Deutsch studierte: war für mich natürlich lächerlich, 13 zu bekommen, aber meine Kommilitonen waren ab und zu depri, weil sie versuchten, sich mit mir zu vergleichen. Und eben das kann man nicht und sollte man auch nicht. Deshalb ist es ja so bizarr, wenn die politische Grundhaltung die Noten bestimmt und nicht die Leistung.

Ach ja, und damit will nicht gesagt sein, dass man nur Muttersprachler zu sein braucht, um eine 13 zu erhalten. Ich habe auch schon Muttersprachler durchfallen lassen. Aber darüber will ich lieber nichts schreiben.

Gruss, vilmy

[muldvarp]

...und wenn dann die dänischen Abiturienten ins Ausland wollen, können sie kein A (UK; USA) oder keine 1 anerkannt bekommen, obwohl sie die höchste akzeptierte Note 11 haben.
...
Ab den nächsten Prüfungen (Sommer 2007) gibt es daher die "7 trins skalaen" mit 12 als höchster Note (deckt 13 und 11)

Das habe ich soweit verstanden. Grund zur Reform. Es gibt ja auch dän. Studenten an verschiedenen Universitäten ausserhalb Dänemarks; das beschränkt sich ja nicht auf die UK/USA.

In Zukunft werden sie die gleiche Note bekommen - oder unsere Tochter wird dann die anderen eigentlich sehr gute Schüler von ihre verdiente Bestnote "wegdrücken".

Der Einfluss auf das Klassenniveau sobald Zweisprachler dazukommen ist ja bekannt. Erklär mir bitte mehr präzis was du meinst. Was ändert die Notensystemreform am Sachverhalt?

Relationen zwischen dem dänischen Noten/Schulsystem in globalem Zusammenhang sind wirklich ein interessantes Thema, wenn man Kinder hat.
muldvarp

[Vilmy]

Hej muldvarp,
eigentlich soll das neue Notensystem die Notengebung gerechter machen, indem benotet wird, inwieweit der Schüler die norm erfüllt. Und die Norm soll jeweils vorher definiert werden.

De facto ist es ein Problem, dass die Gaußsche Normalverteilung imme rnoch in den Köpfen vieler Prüfer steckt; im Sinne von: "Na, nun können wir aber nicht diese Note ganz auslassen...".

Gruss, vilmy

[Lars J. Helbo]

Der Einfluss auf das Klassenniveau sobald Zweisprachler dazukommen ist ja bekannt. Erklär mir bitte mehr präzis was du meinst. Was ändert die Notensystemreform am Sachverhalt?

Ich fürchte Du verwechselst hier zwei Sachen.

Was in der öffentlichkeit bekannt geglaubt wird, ist ja, daß sogenannte "tosprogede" Kinder das Niveau der Klasse absinken läßt. Nur leider geht es dabei überhaupt nicht um tosprogede sondern um fremdsprachige Kinder. Das hat also mit der Sache nichts zu tun.

Mir geht es um etwas ganz anderes. Louise hat jetzt in der 7. Klasse mit Deutsch (als Fremdsprache) angefangen. Das ist an sich unsinnig, weil sie eben (richtig) zweisprachig ist und somit Deutsch als Muttersprache hat. Sie muß aber an der Unterricht teilnehmen um nachher ins Gymnasium zu kommen, und in dem Alter mögte man auch keine Sonderregelungen haben.

Sie kann aber schon viel besser deutsch als ihre Mitschüler in den kommenden drei Jahren irgendwie wird lernen können. Selbst die beste in der Klasse werden in der Zeit nicht annähernd ihr Niveau erreichen. Das ist ja auch nicht schlimm, aber was wird dann mit den Noten nach der 9. Klasse. Entweder bekommt sie und die beste ihre Mitschüler die gleiche Note, obwohl die Leistung in keiner weise vergleichbar ist - oder ihre Mitschüler müssen sich mit einen schlechteren Note begnügen, obwohl sie eigentlich alle Erwartungen erfüllt haben.

Ich halte beide Lösungen für schleckt und fände es daher besser unsere jetzige 13-Note zu erhalten - weil man damit eine Leistung, außerhalb jeder Rahmen gereckt werden kann.

[katti]

Hej Vilmy, da hab ich ja wieder eine Menge zum durchackern (ich meine deine Links).
Liest sich alles sehr interessant, was ihr schreibt. Danke!
Hier bei uns wird oft die Diskussion geführt, ob die nicht vorhandenen Noten (an der Schule meines Sohnes) nicht dazu führen, dass sich die Kinder weniger anstrengen und die Umstellung von Nichtbenotung zur Benotung zu krass ist. Welche Erfahrung habt ihr da gemacht?
Wie genau soll das funktionieren mit den zwei Prüfungssystemen an einem Tag? Das verstehe ich nicht so richtig. Wozu soll das überhaupt gut sein?
katti

[Lars J. Helbo]

Ab den nächsten Prüfungen (Sommer 2007) gibt es daher die "7 trins skalaen" mit 12 als höchster Note (deckt 13 und 11)

Nach meiner Meinung ist das kein Grund, daß dänische Notensystem zu ändern. Stattdessen sollte sich unsere Unterrichtsminister seinen Hinter erheben und den Amis erklären, was unsere Noten bedeuten.

[katti]

Ach ja, was mir noch einfällt. Wenn ich das so lese, scheint es völlig egal zu sein, ob es eine Skala von 1-6 oder 00-13 oder sonst wie gibt.
Großer Quark ist die Benotung so oder so. Oder was meint ihr?
Hilsen katti

[Lars J. Helbo]

Hier bei uns wird oft die Diskussion geführt, ob die nicht vorhandenen Noten (an der Schule meines Sohnes) nicht dazu führen, dass sich die Kinder weniger anstrengen und die Umstellung von Nichtbenotung zur Benotung zu krass ist. Welche Erfahrung habt ihr da gemacht?

Gib mal Deinen Sohn eine Liste mit den Namen der Klasse und frag ihm dann, wer gut ist, wer weniger gut und wer schleckt ist. Ich wette er kann Dir ganz genau auflisten, wie die Reihenfolge innerhalb der Klasse in jedem fach aussieht.

Kinder brauchen dazu keine Noten.

Noten sind aber gut für Eltern, die nicht Zeit oder Lust haben sich ernsthaft mit der Schule ihre Kinder zu befassen. Die können damit schnell zum Ergebnis kommen: "Gute Noten - mein Kind is klug, schlechte Noten - der Lehrer ist blöd".