Festung Dänemark - Kritischer Artikel in "Die Zeit"

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Ursel
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Beitrag von Ursel »

Hej Charlotte!

Nazi-Vergleiche werden hier stark geahndet, sei also vorsichtig :wink:
Ich hätte gerade in dieser Situation auch so manchen Vergleich als Warnung zitiert, aber .. s.o.

Aber ganz ehrlich mal:
Gehen Dir die Argumente aus, hast Du den Kontakt zu DK vielleicht in den letzten (Dtld.-)Jahren ein bißchen verloren oder muß es bei Dir nur die rosarote Brille sein???
Bestätigst Du nicht gerade das, was hier viele erfahren (und es wurde immer betont, daß es ja zum Glück nicht die einzigen Erfahrungen sind, die man hier macht!)???

Ein Recht auf eigene Meinung, sogar eigene Erfahrung, hat in DK jeder - oh ja, aber bitte nur die auf die Meinung, die von Dänen politisch korrekt vertreten wird???
Widerspricht das nicht allem, wofür Du Dich als Dänin hier und gerade einzusetzen glaubst??

Und das Argument - sofern es eins ist - daß man ja nicht gefangen in DK sei und durchaus zurück könne, habe ich hier auch schon genau in so einer Diskussion gelesen.
Tja, vielleicht kannst Du in Dtld. sofort Deine Koffer packen, weil Du isoliert und ohne Bindungen dort sitzt: die meisten von uns hier können es nicht.
Die meisten haben Kraft und Zeit invesitiert und sich inzwischen hier ein Leben, oft auch mit Familie, aufgebaut und eingerichtet, und ja, die meisten - ich weise nochmals darauf hin, weil differenziert lesen und verstehen manchen schwerzufallen scheint - finden hier auch einiges so lebenswert, daß sie gern hier leben.

Wer kann denn allen Ernstes seine Koffer packen und mit Kind und Kegel woanders hinziehen??
Und welches Land empfiehlst Du dann den Asylanten, den Mischehen, den Kindern mit zwei Staatsangehörigkeiten?

Solche Argumente sind keine, sondern nur Sprüche!!!
(Oder haben sie einen tieferen Kern: Zeigen sie, daß es eigentlich von Dänen wie Dir gar nicht so erwartet oder gar erwünscht wird, daß Ausländer in DK Wurzeln schlagen?
Glattweg soviele Wurzeln schlagen, daß sie sich auch verantwortlich für das Land fühlen, in dem sie nun leben?
Daß sie sich glattweg das Recht aus diesem Verantwortungsgefühl heraus nehmen, Mißstände zu kritisieren und etwas zu verbessern?
Dürfen Ausländer dies nicht --- warum nicht? --
Sollen sie also gern beziehungslos verbleiben, damit sie bei der geirngsten Kritik die Koffer packen und heimreisen???
und wo ist "heim" nach 10, nach 20 Jahren im Ausland?)

Demokratie ist für alle da - oder doch lieber Einwohner 1. und 2. Klasse - von der 3. mal ganz zu schweigen?

Na, vielleicht überdenkst Du Deinen zornigen Einwurf noch einmal und siehst alles andere als Chance, etwas über Dein Land zu lernen, das vielleicht nicht ganz so positiv ist, wie Du es gerne möchtest, das aber trotzdem dazu gehört, wenn man ein gesundes (!) Selbst-Bewußtsein (auch als Nation) hat.
Du hast schließlich nur als DÄNIN in DK gelebt, ist es so unvorstellbar, daß die Wirklichkeit für einen Ausländer anders als für Dich aussieht?

Ich im umgekehrten Fall muß nicht erst die Hetztiraden gegen Ausländer hier lesen, um zu wissen, daß auch Dtld. für Menschen anderer Rasse und Hautfarbe kein Paradies ist!
Und ich schäme mich dafür oder bin traurig darüber, statt die Menschen, deren Würde mißachtet wird (wie auch immer) "nach Hause zu schicken".
(Zugegeben, einer homogenen Gesellschaft wie DK es gerne ist, würde das natürlich dienen - die vielen Ausländergruppen bringen eben Polarisierung ins gesellschaftliche Bild!)

Für bessere Zustände müßten wir uns auf beiden Seiten einsetzen - was erfordert, daß wir die Dinge erst einmal beim Namen nennen (oder wie war das mit der rosaroten Brille?)!

Mir ist sowohl an Dtld. als auch an DK gelegen, deshalb mache ich nicht die Augen zu.

Einen schönen Tag noch - Ursel, DK
aand
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Beitrag von aand »

@ Steff: Ich bin froh, dass ich ganz unten doch noch jemanden finde, der "Die Zeit" nicht als "Schmierenblatt" empfindet!
Leider finden sich hier doch einige rechte Tendenzen, die sicher nicht im dänischen Sinne sind! Oder gelten Bürgerkriegsflüchtlinge in Dänemark auch als "Schmarotzer"?
Ich habe übrigens neben meiner Borkum- und Hamburgflagge auch eine dänische auf dem Balkon :-)
"Dänen lügen nicht"
dk-süchtel

Beitrag von dk-süchtel »

hi,

@Tomi,

vielen Dank für die Beurteilung meines Niveaus und der latenten Aggressionen in mir, die leicht zu wecken sind.
Wenn ich solche hirnlosen plakativen Einschätzungen lese, werden aus meinen latenten ganz leicht offenkundige Aggressionen.
Deine Aussage beweisen die Vermutung, dass es auf der ganzen Welt Mangelerscheinungen gibt und diese nicht immer etwas mit Hunger zu tun haben müssen.

multikulturelle Grüsse

Tom
Martin Hofer

Beitrag von Martin Hofer »

:roll: Hätte ich bloss nicht gerade in diesen Thread geschaut. Eigentlich habe ich im Moment zu viel anderes um die Ohren ...

Also.


@lottedk:

Bitte nicht gleich die Nazi-Keule zücken. Wir Deutsche sind in diesen Dingen gerade deshalb so (über?)vorsichtig, weil wir diese schlechten Erfahrungen gemacht haben. Wir sind uns (mehrheitlich) auch bewusst, dass wir mit dieser Vergangenheit nicht als Lehrmeister für andere Länder auftreten können. Aber eine deutsche Zeitung richtet sich in erster Linie an deutsche Leser, die auch über Dänemark informiert werden wollen. Das hat nichts mit einer Darstellung Dänemarks als drittes oder sonstnochein Reich zu tun.

Eine ähnliche Kritik wie die der "Zeit" bekam Dänemark übrigens erst vor ein paar Wochen in der einflussreichen US-amerikanischen Sendung "60 Minutes" zu hören, ich finde nur gerade den Link nicht mehr. [edit jetzt hab ich ihn: "[url=http://politiken.dk/VisArtikel.sasp?PageID=439411]Danskerne udstillet som selvglade på amerikansk tv[/url]"]


@dk-süchtel: Du wandest haarscharf an der Grenze zur Beleidigung. Bitte Schluss damit.


-- Martin
sv

Beitrag von sv »

Naja, während die "Zeit" noch ein durchaus nachvollziehbares Bild von DK zeichnet, geht "60 Minutes" doch eher recht plakativ vor, oder ?

Ich kann zwar bestätigen, daß der Blick über den Rand des eigenen Suppentellers sehr vielen Dänen schwer fällt (auch wenn man im Mutterkonzern eines weltweit tätigen Unternehmens arbeitet), aber das gleiche gilt für viele deutsche und andere nationale Suppenteller. Es ist eben schwer die Welt mit anderen Augen zu sehen, wenn man noch nicht mal weiß, wie die anderen Augen aussehen. Meiner Erfahrung nach machen viele lieber die eigenen Augen zu, wenn es darum geht, etwas Neuem zu begegnen.

So, und jetzt muß ich zum Flieger nach Österreich. Etwas Neues sehen und verstehen lernen ... ich freu mich drauf :P

Hilsner
Stefan
Martin Hofer

Beitrag von Martin Hofer »

Hej Stefan,

ich sage nicht, dass diese Kritik unbedingt richtig ist (dazu kenne ich Dänemark ohnehin zu wenig von innen). Ich wollte nur anmerken, dass die "Zeit" und die Deutschen damit nicht alleine stehen -- und dass zumindest Politiken davor nicht die Augen verschließt, denn diese Zeitung hat sowohl über den "60 Minutes" Beitrag als auch über den Artikel in der "Zeit" berichtet.

-- Martin
lottedk
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Beitrag von lottedk »

Hej Ursel!
Ich steige aus diesem Diskussions-Runde aus, es wird mir doch zu persönlich und beleidigend, das wollte ich nicht! :oops:
Wir sind doch alle Ausländer irgendwo auf diesem Planeten, du in DK und ich in D, wenn wir uns als Menschen benehmen muss es doch funktionieren, oder? Lieber miteinander als gegend einander.....

Martin.
Ich habe es verstanden, SORRY!!! :(

Fredelige hilsner fra
Charlotte
Ursel
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Beitrag von Ursel »

Hej Charlotte! (Finde ich übrigens viiel schöner als Lotte :D )

Schade - denn ich denke, bislang sind wir 2 doch gerade noch an persönlichen Beleidigungen vorbeigekommen.
Kritik am eigenen Land zu üben ist doch nichts, was man persönlich nehmen muß - das kann mir höchstens die Augen öffnen uns mich auffordern, etwas zu verbessern, was nicht in Ordnung ist.
Oder ich kann den Versuch machen, sachlich zu erklären, wieso etwas richtig ist, wie es ist.
SO sehe ich alle Diskussionen hier, ich lerne doch auch noch dazu, und gern!
Allerdings vermisse ich eben bei dem "Dann geht doch zurück!" doch die Sachlichkeit :? und werde dann evtl. auch persönlich mit der Gegenfrage: Könntest Du das?

Im übrigen sind wir beide uns doch wirklich einig, daß wir überall Ausländer sind, ich wäre es vermutlich dem Gefühl nach sogar in Dtld. nach all meinen DK-Jahren.
Und als Ausländer sind wir eben Menschen, die ein Recht auf ordentliche Behandlung haben. Das habe ich ja versucht, MKP zu erklären.

Übrigens: Meine Tochter war damals genauso sauer wie über die Hitler-Nachrufe, als sie zu hören bekam: "Du bist so gut im Sport, weil du Deutsche bist". Mal abgesehen von der Unlogik :? wollte sie eben gut sein (gemocht werden), ()und war es letztendlich ja auch!), weil sie SIE war und nicht weil sie Deutsche, Dänin, Ausländerin, Inländerin oder sonst was war!
Und wenn ich mir ihre Gefühle in Bezug auf ihre 2 Nationalitäten so anschaue und auf ihr Menschsein (eben auch das mit ganz-ganz statt halb-halb), dann ist mir da doch ein Stück Erziehung geglückt, das ich hier bei einigen vermisse.
Aber Diskussionen wie diese (und Artikel wie der Zeit-Artikel) tragen ja auch dazu bei, hinter die Kulissen zu schauen und zu erfahren, wie andere etwas erleben, das für uns sich in einem anderen Licht zeigte - bisher.

Ich wünsche allen einen guten Abend - Ursel, DK
LeneB
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Beitrag von LeneB »

Hallo Zusammen,
Es gibt ein paar Sachen die mich sehr traurig machen wenn ich diesen Thread (aber auch generel) hier lese. Besonders die viele Vorurteile, die hier ständig durch einzelerlebnisse verstärkt werden.

Sicherlich gibt es einiges in Dänemark, was nicht toll ist, und sicherlich wissen wir es auch als Dänen, nur vielleicht wählt man auch mal bewust nicht ständig darauf zu fokusieren und daran zu meckern. Vielleicht?

Vielleicht vergisst man auch ein bisschen, was an dem eigenem Land eigentlich nicht so gut war und warum man weggezogen ist, wenn man selbst im Ausland wohnt?
Ich habe einige Jahre in Deutschland gewohnt und es gemerk wie viel ich DK auf einmal vermisst habe. Deutschland hat wie DK gute und schlechte Seiten, aber ich habe z.B. nicht den Bedarf gehabt mich ewig über D. zu beklagen. Sollte man nicht versuchen sich da einzuleben wo man hinzieht? Das habe ich zumindest versuch nachzuleben.

Ich finde es schade, wenn Leute, die in Dänemark wohnen, ständig mitreden müssen sobald es hier im Forum was zu meckern gibt, statt auch mal das positive zu erwähnen.
Ich finde natürlich nicht, das man wegziehen muss, weil einem nicht alles gefält!!! Aber man soll auch nicht als ausrede bringen, dass es nicht geht, natürlich geht es wenn man es will!

Wenn man sich integrieren möchte, ist es echt nicht schlecht mit einer Positive Stimmung anzukommen, statt immer auf das negative zu fokusieren (war auch meine Erfahrung in Deutschland).
Wer hat Lust sich mit jemanden zu unterhalten, der sich ständig beklagt über etwas, was man selbst eigentlich ok findet ??? Und soll nicht jeder respektieren, das nicht jeder gleich ist und das auch mal ein Nachbar eine andere Meinung darüber hat, was als erste priorität verändert werden sollte in der Gemeinde, Schule usw.

Und dass alles hat nichts damit zu tun, das ich nicht einsehen will, dass es an Dänemark auch schlechtes gibt. Ich schäme mich aber auch nicht zu sagen, dass ich insgesamt Dänemark sehr schön finde - obwohl ich gerade im Moment nicht Stolz auf unsere fehlende verantwortlichkeit von der Presse bin. Oder auf unsere Fremdenpolitik.

Naja, Jetzt werden einige sicherlich sagen: was habe ich gesagt, die Dänen können es nicht haben, wenn alle nicht ihrer Meinung sind. Aber wer soll dann was dazu sagen - es sind ja sicherlich meist Dänen, die traurig werden, wenn sie hier mitlesen!
Mit freundlichen Grüsse von Møn,
Lene
Ursel
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Beitrag von Ursel »

Ach Lene, ich fürchte, da hast Du etwas mißverstanden.
Und wenn ich jetzt mißverstehe, daß u.a. und bes. mich meinst, dann korrigier mich halt.
Aber es stimmt ja, ich schreibe des öfteren, daß mir die dänische Ausländerpolitik nicht gefällt, daß ich die Integration (was immer das ist, haben wir ja anderswo versucht zu klären) schwierig (gelinde gesagt) finde und daß es auch anderes gibt, was auch Dänen noch besser machen könnten.
Allerdings schreibe ich auch, wie Deutsche sich hier niederlassen können (sofern ich es weiß), wo sie Hilfe für Probleme finden können, ja, (täte ich wohl nicht, wenn ich sie abschrecken wollte) und wenn Du nachliest, auch was mir hier gefällt - oder in Dtld. nicht.

Und die Tatsache, daß ich noch hier lebe, mag dem, der ein bißchen nachdenkt, ebenso wie meine diesbezüglichen Bekundungen auch zeigen, daß es hier eben durchaus Gründe gibt zu bleiben und auch gern zu leben.

"Dann geht doch heim!" ist ja nur die eine Variante - die andere ist eben: es geht, wenn man will.

Aber wer sagt Dir eigentlich, daß ich will?

Hat man nicht das Recht, dort zu bleiben, wo es einem gefällt, wo es aber durchaus noch Dinge gibt, die man verbessern könnte?
Hat man nicht das Recht, einiges gut und anderes nicht so gut zu finden?
Darf man das nicht sagen (als Ausländer - hier im Forum?)
Und wer sagt Dir, daß ich nicht auch sehe, daß in Dtld. vieles im Argen liegt? Sollte ich da lieber die deutsche Flagge hissen und alles toll finden, weil ich Deutsche bin?

Du schreibst ja selber - und darin sind wir ja einig, daß es in jedem Land gute und nicht so gute Sachen gibt.

Diesen Thread hier habe ich nicht eröffnet.
Sollten wir, die wir finden, die ZEIT (und eben nicht die BILD-Zeitung) hat gut zusammengefaßt, was hier in den letzten Jahren, oft unbemerkt im Ausland, in Sachen Ausländerpolitik abläuft, alles unter den Tisch kehren oder leugnen und stattdessen über Sonne, Meer und Strand schreiben ?

Und ist es nicht eher bedenklich, aus welchem Lager sich die Verteidiger DKs rekrutieren und in welcher Sprache sie allein die Betroffenen sowie die Berichterstatter verunglimpfen?
Hat DK das verdient?

Eröffne einen Thread über die schönen Dinge hier, Du wirst viele von uns "Meckerern" auch dort finden.
Alle, die sich hier geäußert haben, habe ich auch schon positiv über DK gelesen.
Wer sagt Dir überhaupt, daß wir im täglichen Leben nicht positiv eingestellt sind?
Wer sagt Dir, daß wir im Gespräch mit anderen Dänen nicht ganz normal auch über die schönen Dinge reden (eigentlich rede ich weniger über DK mit meinen dänischen Freunden und Bekannten hier, DIE kennen es doch ebenso wie ich, was sollen wir uns da erzählen??? :? Wir reden über so banale Dinge wie Kinder, Urlaub, Arbeit, Schule, Einkauf, TV, Mode, ... wie Menschen in aller Welt mit ihren Freunden und Bekannten.)
Wer sagt Dir eigentlich, daß wir nur meckern?
So weit ich weiß, haben wir beide uns jedenfalls noch nicht getroffen.

Kommt die Rede aber auf die Behandlung der Ausländer (so wie hier), werde ich bestimmt nicht den Mund halten oder über das Wetter reden.

Ich verstehe, daß es Dich traurig macht, unsere Texte zu lesen - auch das ist sicher Liebe und Sorge um DK.
Ein Land lieben oder auch nur mögen heißt eben, beide Seiten zu kennen und zu sehen.
Es heißt auch, Verantwortung in diesem Land zu übernehmen - für mich ist das auch Integration, mehr als sich assimilieren und alles, was mir und anderen nicht gefällt, im stillen Kämmerlein zu begraben.

Wer Kritik mit solchen leeren Sprüchen abwehrt "geht doch heim" oder sie sogar als Ausrede abqualifiziert, hat den Fakten anscheinend keine sachlichen Argumente entgegenzusetzen.


Noch ein Zitat von Dir zum Schluß:
"Und soll nicht jeder respektieren, das nicht jeder gleich ist und das auch mal ein Nachbar eine andere Meinung darüber hat, was als erste priorität verändert werden sollte in der Gemeinde, Schule usw. "

Es ist sehr schön, wenn "die Dänen" einsähen, daß eben nicht alle gleich sind, auch nicht gleich sein wollen oder können --- und wie ich bereits oben schrieb: daß andere Nationen, andere Menschen eine Sache zwar nicht genauso wie sie, die Dänen, machen, aber genauso gut.
Das Individualismis-Prinzip (nicht zu verwechseln, wie oft geschieht, mit Egoismus) ist erst ein sehr zartes, aber wohltuend freundliches Pflänzchen
in diesem Land gegenüber dem alten knorrigen Baum Jantelov, unter dem alle gleich sein sollen und sich bücken sollen, egal wie einzigartig jeder Mensch doch eigentlich ist.

Aber all das führt eigentlich schon wieder viel zu weit von dem Artikel in der ZEIT weg, der ja eigentlich diesem Thread seinen Namen gibt.

Gruß Ursel, DK
MichaelD
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Beitrag von MichaelD »

Hallo Lene
Danke für deinen balancierten und wohlformulierten Beitrag. Inhaltsmässig gebe ich trotzdem eher Ursel recht. Für mich ist die hier diskutierte Seite Dänemarks genau das, was mir an diesem Land am allermeisten missfällt. Deshalb schlage ich in diese Kerbe, wenn sich die Gelegenheit bietet. Und das obwohl ich den Gedanken einer entschiedenen Einwanderungsbeschränkung Unqualifizierter und von klaren Anforderungen an die Eingewanderten prinzipiell voll zustimme!

Das was mich abstösst ist das Mindset, die Haltung des Wir gegen Die, diese kollektiven Vorurteile, ewigen Verallgemeinerungen, dieses gegenseitige Nachplappern von Vorurteilen im öffentlichen Raum - und dass all dies Grundlage der staatlichen Politik wie des individuellen Verhaltens bildet. Zugleich streift niemanden der Gedanke, ob es vielleicht Dinge gibt, die viele Einwanderer besser machen als Dänen, oder ob man vielleicht mit einem Stadt-Land-Gegensatz oder Ausbildungsniveaus viel mehr erklären kann.

Zu anderen Themen äussere ich mich anders, empfehle auch zuweilen dänische Lösungen. So muss es sein!

Gruss Michael
Ursel
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Beitrag von Ursel »

Hej Michael!
Danke :wink:

Dieser Satz läßt mich nochmal hochhorchen:
" Zugleich streift niemanden der Gedanke, ob es vielleicht Dinge gibt, die viele Einwanderer besser machen als Dänen, oder ob man vielleicht mit einem Stadt-Land-Gegensatz oder Ausbildungsniveaus viel mehr erklären kann. "

Sehr richtig.
Mich hat es unglaublich genervt (zugegeben, nahm ich vielleicht zu persönlich, zumal unsere Schule gar nicht betroffen war), wenn in TV-Nachrichten davon die Rede ist (war), wie die "tosprogede" das Niveau in den Klasenzimmern drücken, zur Kriminaltität beitragen etc.
Am liebsten wäre ich manchmal auch wie eine Bekannte mit dem Zeugnis meiner wirklich zweisprachigen Kinder dorthin gerannt und hätte gesagt: Bitte, DAS kann es nicht sein, für die ist das Niveau noch zu niedrig!

Aber auch dänische Kinder können nicht so leicht zu Intelligenzbestien werden, wenn sie zu fünft in einer Küche ihre Hausarbeiten machen müssen, der Hund die Mathearbeit frißt und der kleine Bruder sein Butterbrot auf dem Englischaufsatz macht. (Zugegeben, ich übertreibe, aber der Gedanke wird dadurch hoffentlich klar.)
Bei dänischen Kindern heißt es "sociale arv", ansonsten sind es "de tosprogede". Man meint aber Einwanderer, deren Bedingungen ja gerade durch die noch unter dem Sozialhilfesatz liegenden Einkommen so unsozial werden - mit Mehrsprachigkeit und der alleinigen Tatsache, daß man Ausländer ist, hat das Klassenniveau also eigentlich wenig zu tun.

Da der normale Däne (wie der normale Deutsche :wink: ) natürlich nicht dahinterschaut und drüber nachdenkt, läßt sich so sehr leicht eine negative Stimmung gegen eine ganze bevölkerungsgruppe aufbauen.
Wundert es dann wirklich, wenn die sich auch in unseren Reaktionen niederschlägt?

Und gerade in der letzten Zeit werden ja zum Glück endlich die Rufe lauter, die fordern, differenzierter zu berichten und endlich mal auch die positiven Beispiele zu nennen.

Damit es eben auch unter den Ausländern das harmonisch ausgewogene Bild gibt, das hier von uns als Reaktion verlangt wird.
Mich streift da ein bißchen auch der Gedanke: Wie man in den Wald reinruft ...

Und Lene, es tut uns bestimmt selber am meisten leid, wenn wir die Erfahrungen machen, von denen wir hier als - zugegeben Einzelfälle, aber eben doch in allen Landesteilen immer wieder auftretenden Phänomenen - berichten. Viele Erfahrungen tun nämlich weh.

So, ich muß eilen, um die diversen Kinder (nicht nur eigene :D ) in die heimatliche Hütte zu holen, also erstmal viele Grüße an Euch alle - Ursel, DK
muldvarp
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Beitrag von muldvarp »

Ups, der Satz ist mir auch aufgestossen.
Jemand macht sich Gedanken: z. B. http://www.vifin.dk/210_igangvaerende.htm

Freundliche Grüsse
Andrea
Tinko

Beitrag von Tinko »

dk-süchtel hat geschrieben:Hi,

eine vor kurzem gelesene Statistik besagt, dass die Dänen die glücklichsten Menschen der Welt sind!
Das wird seine Gründe haben. Hier gibt es halt weniger Grund sich aufzuregen.
Ich denke mal, dass die meisten Forumler hier als Touristen freundlich aufgenommen wurden und es auch künftig werden.
Ein Schmierenblatt aus Deutschland muss das natürlich anders sehen.
Die sind ja auch Deutschland und politisch korrekt.
Eine Abstimmung, wessen Ausländerpolitik die bessere ist, würde mich doch sehr interessieren.
Postet doch mal eure Meinung.

Hilsen

Tom
Im Grunde genommen dreht sich auch in Deutschland das Blatt.
Die Multi-Kulti-Politik der rot-grünen Schröder-Regierung mit ihrer extremen Ausrichtung auf Pro-Ausländer weicht allmählich einer nüchterneren Betrachtung.
Auch in manchen Stadtteilen unserer Großstädte (z.B. Duisburg-Marksloh, Berlin, Frankfurt) sind Zustände eingetreten, die man nur noch als Parallelgesellschaften bezeichnen kann.
Ich sehe keinen Grund, sich über die Dänen und ihre Regierung aufzuregen oder diese zu kritisieren. Die Probleme mit den "Menschen aus den warmen Ländern" sind natürlich in einem kleinen Volk, wie den Dänen mit ihrem kleinen Staatsgebiet, hautnäher zu spüren als bei uns in D.
Außerdem hat ein kleines Volk natürlich mehr Angst vor Überfremdung als ein großes.
Tinko

Beitrag von Tinko »

ljhelbo hat geschrieben:
dk-süchtel hat geschrieben:
In Verbindung mit Einwanderer ist diese Einstellung aber natürlich etwas problematisch. Die Einwanderer müssen sich nämlich am besten sofort assimilieren und vollständig auf unsere, bessere Lebensart umstellen. Wenn sie das nicht wollen und auf ihre eigene minderwertige Lebensweise beharren, wird das natürlich ungern gesehen, nicht wahr? :D
Tja, WO auf der Welt wird das schon "gern gesehen"?

Wenn jemand auf seiner Eigenart besteht, nun gut, aber er kann mit dieser Einstellung nicht erwarten, begeisterte Zustimmung zu ernten. Das ist nun mal so und rührt vermutlich aus den archaischen Zeiten des Homo "sapiens" her, als er seine Horde und deren Territorium gegen andere Horden verteidigen mußte.
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