Hallo alle zusammen!
Ich habe diese von Susanne eröffnete Diskussion mit großem Interesse gelesen, und habe mir dabei ein paar Gedanken gemacht.
Es gibt viele Gründe, auszuwandern und sein Glück anderswo zu suchen. Migrationshistoriker, zB. solche, die sich mit der Einwanderungsgeschichte der USA beschäftigen, schreiben die Motivation vieler Migranten sogenannten "push"- und "pull"-Faktoren zu. Push-Faktoren sind Bedingungen im Heimatland, die einen wegtreiben, Pull-Faktoren dagegen sind Bedingungen im Ausland, die einen dort anziehen.
Was sind nun die Push-Faktoren, die einen aus Deutschland wegtreiben könnten? Auf Anhieb fallen mir folgende ein: Die hohe Arbeitslosigkeit, die Jahre der wirtschaftlichen Stagnation (ob der jetzige Aufschwung dauerhaft und nachhaltig ist, bleibt abzuwarten), und vor allem unsere inkompetenten Politiker jeglicher Couleur, die es nicht zuwege bringen, endlich einmal die Rahmenbedingungen für stabiles Wirtschaftswachstum und damit mehr Jobs und mehr Steuereinnahmen zu schaffen.
Pull-Faktoren in Dänemark wären in erster Linie die seit Jahren florierende Wirtschaft und die niedrige Arbeitslosenquote.
Vergleichenwir doch mal die Situation unmittelbar nördlich und südlich der deutsch-dänischen Grenze. In der Region, die das historische Herzogtum Schleswig umfasst, ist es doch offensichtlich, dass nördlich der Grenze bessere Bedingungen herrschen. Im deutschen Südschleswig fallen das strukturschwache Nordfriesland und Flensburg mit einer Arbeitslosenquote von fast 20 Prozent negativ ins Gewicht. Nur ein paar Kilometer weiter nördlich, im dänischen Nordschleswig, haben selbst wirtschaftliche Schlusslichter wie die Gemeinden Tønder und Tinglev nur je 5 Prozent Arbeitslosigkeit. Ansonsten liegt die Arbeitslosigkeit in Nordschleswig sogar unter dem ohnehin niedrigen Durchschnitt des gesamten Dänemarks. Ich glaube, wenn ich Flensburger wäre, würde ich meine Vorfahren verfluchen, die damals bei der Volksabstimmung von 1920 für den Verbleib Südschleswigs bei Deutschland gestimmt haben.
Reimund hat in seinem Beitrag von "Loosern" gesprochen. Seit Monaten lese ich jedoch in den Medien immer wieder Berichte über gerade hochqualifizierte junge Deutsche, die ihr Glück im Ausland suchen. Man geht eben dorthin, wo es die besten Rahmenbedingungen gibt. Ist etwa Arnold Schwarzenegger ein Loser, weil er 1969 Österreich in Richtung USA verlassen hat? In Österreich hätte er nie das erreicht, was er in USA geschafft hat.
Übrigens, dass Deutschland nicht nur schlecht ist, das ist mir auch klar. Ich habe 15 Jahre im Ausland gelebt (1982 für ein Jahr in Kanada, und in den USA von 1985 bis 1987, und dann nochmal von 1989 bis 2001). Mittlerweile ziehe ich das Leben in Deutschland dem in USA vor, und dafür gibt es mehr Gründe als nur George W. Bush.
Bin ich nun ein Loser, weil ich auch den Gedanken hege, es mal in DK zu versuchen? Ich habe in USA Amerikanistik studiert (mit M.A.-Abschluss), spreche fließend Englisch und daneben noch passabel Spanisch und Französisch. In Deutschland bin ich nun seit fünf Jahren Taxifahrer. Unter wirtschaftlich günstigeren Rahmenbedingungen hätte ich womöglich irgendwo als Quereinsteiger in der Wirtschaft einen Job gefunden, z.B. in der Presseabteilung eines Unternehmens. Sämtliche Bewerbungen, die ich nach meiner Rückkehr aus USA verschickte, blieben jedoch ohne Erfolg; manchmal musste ich mir anhören, ich sei "überqualifiziert".
Zurzeit spiele ich mit dem Gedanken, mich in DK bei Tourismusämtern zu bewerben. Ich habe bereits im Internet diesbezügliche Stellenanzeigen gesehen, in denen u.a. die einwandfreie Beherrschung von Englisch und Deutsch in Wort und Schrift verlangt wird. Diese Qualifikation habe ich, also werde ich es mal probieren. Mein Dänisch wird dank regelmäßigem Hören von dänischem Internetradio immer besser, und in etwa einem Jahr müsste ich sprachlich für einen Umzug nach DK fit sein.
Men det kunne godt være, at jeg er en taber, og så må jeg blive taxachauffør i Tyskland.
Ich denke mal, dass jeder seine persönlichen Gründe hat, warum er Deutschland den Rücken kehren will. Bei mir spielt ganz einfach auch der Wunsch mit, ein neues Land kennen zu lernen. Das ist immer ein Stück zusätzliche Lebenserfahrung.
Also, nicht jeder, der nach DK will, ist ein negativer Miesepeter oder ein "Looser".
Venlig hilsen,
Peter